
Die RST-Sabre-Airbag-Motorrad-Lederjacke ist kaum von herkömmlichen Jacken zu unterscheiden, bietet aber deutlich mehr Schutz.
(Foto: Holger Preiss)
Wie oft haben sich Biker schon einen Airbag gewünscht. So wie beim Auto gibt es ihn nicht, aber verarbeitet in Westen und Jacken ist er bereits seit einigen Jahren käuflich zu erwerben. Dabei unterscheiden sich die Systeme aber ebenso wie die Ideen. Hersteller RST hat eine Jacke auf dem Markt, der man ihren Luftschutz kaum ansieht.
Wenn es etwas gibt, worum Motorradfahrer die Autofahrer beneiden, dann sind es deren Airbags im Fahrzeug, die dafür sorgen, dass es bei einem Crash nicht zum Äußersten kommt. Der Biker hingegen ist dem Moment des Aufschlags in der Regel ohne einen derartigen Luftsack ausgesetzt. Obgleich es seit geraumer Zeit natürlich Airbag-Westen, -Jacken oder -Kombis gibt, die im Ernstfall das Schlimmste verhindern sollen.
Zwei Systeme haben sich hier etabliert: das mechanische Airbag-System, dessen Auslösung durch eine Reißleine erfolgt, die am Motorrad befestigt wird, oder das elektronische Airbag-System, das über GPS und ganz bestimmte Algorithmen gesteuert wird. Für den Autor war das elektronische System das charmantere, weil es ohne Leinengefummel funktioniert, unsichtbar ist und sich ganz einfach auch in jede Form von Motorradjacke integrieren lässt.

Das Sicherheitsniveau der RST-Sabre-Airbag-Motorrad-Lederjacke wird mit dem Level AAA angegeben.
(Foto: Holger Preiss)
Zum Beispiel in die Sabre-Airbag-Motorrad-Lederjacke von RST. Der britische Hersteller von Motorradbekleidung ging 1988 unter dem Namen "Rhino" mit Handschuhen und Lederjacken an den Start. Inzwischen ist RST nach eigenen Angaben in Großbritannien die Motorradbekleidungsmarke Nummer eins und wird auch in Europa und Australien sowie Nord- und Südamerika angeboten. Das aber nur als Information, um das Unternehmen neben Größen wie Alpinestar oder Dainese einordnen zu können.
Alles im Rückenprotektor
Aber warum hat sich ntv.de ausgerechnet für den Test der Sabre-Airbag-Lederjacke entschieden? Ganz einfach: weil sie am besten zum Motorrad des Autors passte. Ja, es gibt die Airbag-Jacken von RST auch für Tourenfahrer oder als sportliche Textiljacke. Das System ist universell einsetzbar und funktioniert immer nach dem gleichen Prinzip: Im serienmäßigen Rückenprotektor mit dem CE Level 1 befindet sich auch die Gaspatrone, die im Ernstfall die Airbags auslöst.

Der Rückenprotektor ist ob der in ihm integrierten Technik etwas größer als bei herkömmlichen Motorradjacken.
(Foto: Holger Preiss)
Der Kenner wird sich jetzt fragen, warum denn hier nur ein Schutz mit Level 1 angeboten wird. Ganz einfach: weil RST davon ausgeht, dass die Airbags, die sich im Falle eines Sturzes öffnen, den deutlich effizienteren Schutz bieten und damit auch die Leistung eines Level-2-Rückenprotektors deutlich übersteigen. Und das ist auch zertifiziert. Mit den weiteren Protektoren an Schulter, Ellbogen und den Airbags, die Nacken, Rippen, Brust und Rücken bei Auslösung schützen, übertrifft die Jacke sogar ihre CE-Sicherheitseinstufung Level AAA.
Mieten oder kaufen
Doch wie werden die Airbags jetzt ausgelöst? Wie oben erwähnt, handelt es sich auch bei RST um ein elektronisches Airbag-System. Um es auszulösen, muss eine sogenannte In&box in den Rückenprotektor integriert werden, was zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist und etwas Fingerfertigkeit und Übung bedarf. Die In&box selbst kommt nicht von RST, sondern muss bei der französischen Firma In&motion unter Angabe der Seriennummer der Jacke bestellt werden. Das hat den Vorteil, dass das System am Ende in jeder RST-Airbag-Jacke eingesetzt werden kann.

Die In&box ist das Herz und das Hirn des Airbagsystems. Seine Bereitschaft und Abwesenheit zeigt sie durch unterschiedliche LED-Farb-Lichter an.
(Foto: Holger Preiss)
Doch zuvor muss man sich als Nutzer bei In&motion registrieren und für eine Art der Bezahlung entscheiden. Da das System GPS-basiert und mit Algorithmen arbeitet, die per Update immer auf dem neuesten Stand gehalten werden, muss man eine Mitgliedschaft wählen. Entweder man zahlt jährlich 120 Euro und mietet auf diesem Weg eine unbegrenzte Garantie, die kontinuierliche Optimierung des Systems, die mobile App, den Kundendienst im Falle eines Problems und nach drei Jahren bekommt man eine neue Box oder kauft die alte für 99 Euro. Oder man zahlt einmalig 399 Euro, hat zwei Jahre Garantie, erhält die Optimierungen des Systems und die mobile App.
Für Straße und Rennstrecke
Was hier wirklich besser ist, muss jeder selbst entscheiden. Einmal durchgerechnet kommt man aber schnell darauf, dass die Miete der bessere Weg ist. Doch wie dem auch sei, wie trägt und fährt sich jetzt so eine Airbag-Jacke? Nun, sie ist eine typische Sportfahrer-Jacke, deren Schnitt den Piloten schon in die entsprechende Position auf dem Motorrad zwingt. Der Vorteil: Dank der vierfach verwebten Stretch-Einsätze, an den Armen, der hinteren Schulter und den Seiten bleibt man in der Jacke wirklich beweglich. Wer es also kann und braucht, der ist mit dem Teil auch Hanging-off-fähig. Apropos Rennstrecke: Über die App kann die In&box auch darüber informiert werden, dass der Jackenträger jetzt auf den Track geht. Dementsprechend wird die Sensibilität und das GPS zum Auslösen der Airbags darauf eingestellt.
Zur besseren Belüftung wurden Teile des Rindsleders an der Brust und den Oberarmen perforiert, was zu einer angenehmen Belüftung führt. Sollte es mal zu kalt werden, kann ein Thermo-Innenfutter in Westen-Form in die Jacke geknüpft werden. Das macht das Ganze natürlich noch etwas enger um Bauch und Brust, was nur der Hinweis darauf ist, dass die RST-Sabre-Airbag-Lederjacke doch schon sehr figurbetont geschnitten ist.
Klar kann man über die Bundeinsteller noch etwas nachgeben, aber wirklich pfundig sollte man für die Jacke nicht sein, denn dann könnte es eng werden. Eng wird es auch bei gefüllten Taschen. Drei gibt es an der Zahl, zwei außen, eine innen. Letztgenannte möge man nur mit dem Fahrzeugschein füllen, alles andere trägt unangenehm auf. Optisch muss man sich für einen Moment auch daran gewöhnen, dass der Rückenprotektor wegen der in&box und der Gaskartusche schon deutlich mächtiger wirkt als bei herkömmlichen Motorradjacken.
Figurbetont und etwas schwerer

Das Blaue sind die Airbags in der RST-Jacke, die vor allem die empfindlichen Stellen des Motorradfahrers schützen sollen.
(Foto: Holger Preiss)
Auch beim Gewicht der Jacke muss man angesichts der Technik im Vergleich zu anderen Jacken ohne Airbag-System schon noch ein paar Gramm draufrechnen. Anders gesagt, die RST-Sabre-Airbag-Motorrad-Lederjacke ist schon spürbar schwerer. Das macht sich aber nur während des An- und Ausziehens bemerkbar, während der Fahrt fällt das überhaupt nicht ins Gewicht. Hier schmiegt sich die Jacke wie schon gesagt eng an und gibt dem Fahrer tatsächlich ein besseres Sicherheitsgefühl. Dass das so ist, weiß auch RST und bittet die Käufer deshalb, nicht leichtsinnig zu werden, nur weil man glaubt, dass man jetzt unverwundbar sei.
So ist es natürlich nicht. Ja, der Schutz durch die Airbag-Jacke ist größer als mit einer herkömmlichen Motorradjacke, aber auch dieser Schutz hat in Folge physikalischer Gesetze seine Grenzen. Sollte es aber dennoch mal zu einem Sturz kommen und die Airbags auslösen, dann kann mit einem Wechsel der Gaskartusche und einem erneuten Freischalten der in&box durch in&motion das System wieder scharfgeschaltet werden.
Das heißt also, man muss kein zweites Mal 550 Euro ausgeben, um sich eine neue Jacke zu kaufen. Denn das ist der Preis, den RST für das gute Stück verklangt. Das scheint viel Geld. Vergleicht man das aber mit Motorradjacken gleicher Verarbeitungs- und Materialqualität, wird man hier ohne Airbag-System auf denselben Preis kommen.
Quelle: ntv.de