Keiner für alle Subaru Levorg boxt sich durch
24.09.2015, 12:53 Uhr
Das Markenzeichen des Levorg ist wie beim Vorgänger Legacy die große Hutze auf der Motorhaube.
(Foto: Holger Preiss)
Autos von Subaru waren noch nie etwas für jedermann. Und auch die Wachablösung des Legacy, der Levorg, ist nichts für den gemeinen Massengeschmack. Obwohl der japanische Box-Star einiges hat, was Individualisten begeistern dürfte.
"Sie werden von mir niemals hören, dass der Subaru Levorg das beste Auto der Welt ist. Auch nicht, dass er besser ist als andere. Die Fakten werden Sie überzeugen." So übergab der Subaru-Marketingchef für Europa David Dello Stritto den Schlüssel des neuen Levorg. Der löst nämlich den Legacy nach fünf Generationen ab. Für einen Kombi war der in Nordamerika, China und natürlich Japan über die Maßen erfolgreich. In Europa hingegen kam der eigenwillige Asiate mit Allrad und Boxermotor nicht so richtig in die Gänge.
Umso erstaunlicher ist, dass man sich mit dem Levorg mehr als zuvor auf den europäischen Markt kapriziert. Denn absatztechnisch sind sich die Verantwortlichen von Subaru durchaus bewusst, dass auch der Levorg in Europa keine Heerscharen in die Schauräume locken wird. Allerdings muss der erste visuelle Eindruck bei 550 Fans so eingeschlagen haben, dass die bereits vor dem Marktstart am 26. September ihren Subaru Levorg bestellt haben. Für Deutschlandchef Volker Dannath ist das ein Erfolg. Hat er doch bereits jetzt 25 Prozent seines Solls für dieses Jahr erfüllt.
Ein Auto für Individualisten
Wenn Dannath die Käufer des Levorg beschreibt, dann spricht er von Indiviualisten. Menschen, die ein Understatement wollen. Die sich gern in eine Nische zurückzuziehen und die ihren Subaru ausschließlich privat nutzen. Flottenkunden hat man für den auf Sport getrimmten Legacy-Nachfolger nicht im Blick. Zu unangepasst ist der Auftritt. Bereits in der Serienausstattung zieht ein Frontspoiler den mit breiter Chromspange gerahmten Kühlergrill optisch Richtung Asphalt. Die Scheinwerfer mit LED-Licht sind geschärft. Aber das Wichtigste ist, dass auf der Motorhaube die riesige Hutze thront, die den Levorg im Straßenverkehr zu einem echten Hingucker macht. Bei kaum einem anderen Auto drehten sich bei einer Testfahrt so viele Leute um.
Auch in der Seitenlinie galt es den Designern Sportlichkeit auszudrücken. Das Dach fällt sacht ab, bekommt aber mit Hilfe des Dachspoilers einen ordentlichen Zug in Richtung Heck. Dorthin, wo unter der ebenfalls sehr dynamischen Heckschürze zwei fette, mit Chrom verblendete Endrohre ruhen. Wem das optisch noch nicht reicht, der kann zusätzlich das STI-Kit für 1807 Euro wählen, das von der Rennsportabteilung Subaru Tecnica International entwickelt wurde. Hier gibt es eine zusätzliche Spoilerlippe an der Front, Einfassungen am Heck und schwarz lackierte 18 Zöller, die wirklich scharf aussehen, sowie verbreiterte Schweller. Wie man sich auch um den Levorg dreht, er hat eine Ausstrahlung, wie man sie von Subaru sonst nicht kennt. Mit Blick auf den Legacy sagt Stritto dann auch: "Wir haben gelernt: Der Levorg soll alles besser machen!"
Hintenraus fehlt etwas Schubkraft
Und so haben die Japaner auch den Antrieb überarbeitet. Statt des alten 2.0-Liter-Boxer-Motors wurde jetzt einer mit 1,6 Liter Hubraum in den Ring geschickt. Der leistet 170 PS und bekräftigt den Willen zum flotten Vortrieb mit 250 Newtonmeter Drehmoment, die, wie bei Subaru üblich, permanent an alle vier Räder verteilt werden. Die Kraftverteilung übernimmt ein CVT-Getriebe, das seine Arbeit automatisch und über sechs Schaltstufen ausgesprochen souverän und ohne spürbare Kraftverluste erledigt. Da ist kein langes Gummiband gespannt, das den Vortrieb verzögert und elende Kunstpausen erzeugt. Wie die Mechanik die Gänge einlegt, kann der Fahrer mit zwei Modi festlegen: S steht wie nicht anders zu erwarten für Sport und I für Intelligence. Angenehm ist, dass die Umstellung nicht über Knöpfe oder Drehregler in der Mittelkonsole und auch nicht über das im Subaru mit sieben Zoll nicht überdimensionierte Touchscreen erfolgt. Im Levorg ist der Knopf für die Modi im Lenkrad untergebracht und man kann elegant per Daumendruck switchen.
Aus dem 2.0-Liter-Boxer haben die Japaner einen 1,6-DIT-Motor mit 170 PS gemacht.
(Foto: Holger Preiss)
Leider werden die Erwartungen des Sportfreundes dann doch nicht so erfüllt, wie es im Ansatz den Anschein hat. Zu kraftlos agiert der durch zwei Turbos angepfiffene Boxer, der nach Aussagen von Subaru sogar zahlreiche Elemente aus dem WRX STI in die Antriebseinheit bekommen hat. Bei einem konsequenten Tritt auf den Pin peitscht der schön mit einem Leuchtkranz umwundene Drehzahlmesser an die 6000, bis der nächste Gang sanft einrastet. Das setzt sich aber nicht in spontanen Vortrieb um. Dabei kann der Japaner schon schnell. Mit 210 km/h ist er in der Spitze glaubhaft ausgepreist und in 8,9 Sekunden hat er Tempo 100 erreicht. Aber aufgepasst, der schwer beatmete Boxer ist, wenn man Höchstleistungen verlangt, kein Kostverächter. Kommt er im Ring unter Druck, kann er schon bis zu 12 Liter Super wegschlürfen. Im lockeren Dauerlauf sind es knapp 9 Liter. Gemessen am Datenblatt, das 6,9 Liter ausweist, ist das deutlich zu viel.
Kein Kurvenläufer aber ein Cruiser
Auch dynamische Kurvenfahrten werden beim Levorg ungewollt eingebremst. Da das Fahrwerk auf Komfort ausgelegt ist, ist es für sehr schnelle Lastwechsel in Kurven etwas zu weich. Das gilt vor allem für die Hinterachse, denn vorn werden Querfugen ordentlich durchgereicht. Problematisch ist das aber nicht, denn der permanente Allradantrieb mit einer Kraftverteilung von vorn 40 und hinten 60 Prozent, hält den Levorg im Zusammenspiel mit der elektronischen Fahrdynamikkontrolle vorbildlich in der Spur. In der Regel wird auch kein normaler Autofahrer seinen mit mindestens 28.900 Euro bezahlten Subaru so ums Eck schieben wie bei dieser Testfahrt. Tut er es doch, könnte es sein, dass ihm die Lenkung nicht eng genug ist und in den Kurven die gewünschten Rückstellkräfte fehlen.
Bei allem Sportenthusiasmus muss aber immer bedacht werden, dass der Levorg für einen Markt entwickelt wurde, dessen hauptsächliche Käuferschicht sich, wie schon erwähnt, in Asien bewegt. Dort ist Rasen von Haus aus nicht angesagt. Vielmehr setzt man auf Komfort, auf fein wirkende Kräfte und Leichtgängigkeit. All diese Vorzüge erfüllt der Japaner zweifelsohne. Auf der Langstrecke besticht er durch sanfte Bewegungen und eine ausgezeichnete Laufruhe. Genau dort hat der Fahrer dann auch die Gelegenheit, sich mit den vielen Informationsflächen vertraut zu machen: Zwischen den analogen Rundinstrumenten ruht ein Vollfarbmatrix, die Gangwahl, Fahrmodi und die Geschwindigkeit noch einmal digital anzeigt. Oben auf der Armatur ist ein Multiface Display mit 4,3 Zoll, das wahlweise über Verbrauch, Kraftverteilung, Uhrzeit und Temperatur informiert. Darunter, zentral in der Mittelkonsole, der große TFT mit den üblichen Funktionen: Navi, Radio und Apps. Hinzu kommen – und das gibt es wohl in keinem anderen Fahrzeug – sechs USB-Anschlüsse. Dem einen oder anderen hierzulande mag die Anzahl der Informationsflächen zu viel sein. In Asien hingegen ist eine solche Instrumentenanordnung sehr beliebt.
Mehr Platz als im Legacy
Genau wie die Polster. Sie vermitteln mit ihren hohen Seitenwangen einen sehr sportlichen Eindruck und stellen sich bei der Platzierung als sehr weich heraus. Wem der sportliche Ausritt dann aber doch im Blut liegt, der sollte überlegen, ob er sich nicht für die Top-Version "Sport" entscheidet, denn hier gibt es Sportsitze, die den Seitenhalt gegenüber dem herkömmlichen Gestühl deutlich verbessern. Dafür bietet der flotte Asiat, obwohl er im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger um 10 Zentimeter geschrumpft ist, mehr Platz auf allen Plätzen. Der Kofferraum schluckt 522 Liter, wobei 40 davon sich unter dem doppelten Ladeboden verbergen. Auch mit Blick auf die Sicherheitsfeatures hat Subaru beim Levorg eine Schippe draufgepackt. Neben sieben Airbags sind ein Knieairbag Serie und es gibt für alle Modelle einen Totwinkel-, Querverkehr- und Fernlichtassistenten, Rückfahrkamera und schlüssellosen Zugang.
Letztlich wird sich, wie seinerzeit für den Legacy, auch für den Levorg niemand begeistern, der ausgewogene Massenware sucht. Der japanische Allrad-Kombi bleibt optisch und fahrtechnisch etwas für Leute, die das Außergewöhnliche suchen. Für Fahrer, denen Individualismus wichtiger ist als Verarbeitung bis ins Detail, und für die Fahrspaß nicht zwingend bei der Kurvenhatz beginnt.
Quelle: ntv.de