
Das Versprechen von The Great Getaway ist die Entschleunigung, verbunden mit einer Vielzahl an Eindrücken und neuen Freunden.
(Foto: Hermann Koepf)
Wer Spaß am Motorrad fahren und angesichts der letzten zwei Jahre und der weltpolitischen Lage insgesamt das dringende Bedürfnis nach Entschleunigung verspürt, der könnte sich eine Auszeit mit "The Great Getaway" nehmen. Eine Reise durch Costa Rica, die auch den Blick aufs Leben verändert.
Seit gut zwei Jahren ist die Welt nicht mehr die, die sie war. Corona hat vieles verändert, hat Einschränkungen mit sich gebracht, die schwer an den Nerven gezerrt haben. Und kaum scheint dieses eine Ungemach sich zu verabschieden, droht mit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine der Super-GAU. Die Welt scheint aus den Fugen und die Menschen in zweierlei Hinsicht mehr als gestresst.
Aber es gibt ein Land auf dieser Welt, wo ein Motto zur Lebenseinstellung geworden ist. In Costa Rica heißt es: "Pura Vida!" Zu Deutsch: "Genieße das Leben!" Etwas, was wir in Deutschland ohnehin verlernt haben. Viel zu sehr sind wir damit beschäftigt, uns Sorgen zu machen, anderen das zu neiden, was sie haben, um im gleichen Atemzug die ganze Welt belehren und retten zu wollen.
Der Weg zum Pura Vida
Vielleicht wird es ja Zeit, zu entschleunigen, sich zu besinnen und zu Pura Vida zu finden, die große Flucht aus dem Alltag anzutreten, eben The Great Getaway. Und wo könnte man das besser als in dem Land, in dem dieses Motto gelebt wird? Zugegeben - Mittelamerika ist nicht um die Ecke und einen Plan, wie man dieses Land erkundet, sollte man schon haben. Man könnte zum Beispiel eine Bustour machen, was sicherlich entspannter ist, als mit dem Mietwagen durch das Land zu gondeln. Aber irgendwie ist beides langweilig und, na sagen wir mal, gewöhnlich.

Gediegen geht es auf einer BMW R 18 durch Costa Rica. Auch das ein Garant dafür, ohne Stress unterwegs zu sein.
(Foto: Hermann Koepf)
Anders sieht es da schon aus, wenn man mit dem Motorrad dieses Landes entdeckt. Hier kommt eine bayrische Motorradmarke ins Spiel, die genau unter dem Namen "The Great Getaway" eine Motorradtour in Costa Rica anbietet. Und weil es eine Reise werden soll, die den Fahrer zu sich selbst und zu Pura Vida bringt, fährt man natürlich nicht auf einer adrenalinschwangeren S 1000 RR, sondern auf einer gediegenen R 18 mit dem größten Boxermotor, den die Welt je gesehen hat. Der ist mit seinen 91 PS und den mehr als üppigen 154 Newtonmetern maximalem Drehmoment so sanft und untertourig zu fahren, dass allein das Motorengeräusch schon zum Mantra auf der Reise wird.
Geführt wird die Tour natürlich von Einheimischen. Elephant Moto heißt das Unternehmen, das von Cris White und Mauricio "Micho" Escobar im Jahr 2017 in Costa Rica an den Start gebracht wurde. Das Bild des Elefanten ist dann auch das Sinnbild und die Philosophie der angebotenen Touren. Der Dickhäuter steht nämlich für die wichtigsten Dinge einer Motorradfahrt in der Gruppe: Man wird einander beschützen, niemanden zurückzulassen, Freunde entlang des Weges treffen und das Glück mit sich führen, das dem Elefant in einigen Kulturen zugesprochen wird.
Entschleunigung beginnt bereits bei der Ankunft
So beschützt und geführt ist es ein Garantieversprechen, dass man im Beritt der R 18 einen Großteil der Facetten der "Schweiz Mittelamerikas" entdecken wird. Costa Rica wird im Norden von Nicaragua begrenzt, im Süden von Panama und im Osten und Westen vom Atlantik und Pazifik. In der Mitte teilt eine gewaltige Bergkette das Land, dessen Ausmaß man beim Anflug auf den Flughafen in San José nur erahnen kann. Doch schon bei der Landung auf dem Aeropuerto Internacional Juan Santamaría wird dem gestressten Europäer klar, dass hier die Uhren anders ticken. Die riesige Boeing 777 steht nicht an einem Finger, sondern mitten auf freiem Feld und man verlässt das Flugzeug über eine Gangway.
Allein dieser Moment ist der Anfang der Entschleunigung, der sich mit einer nahezu in Zeitlupe stattfindenden Busfahrt zum Terminal fortsetzt und seinen Höhepunkt in der Zeit findet, die man am Kofferband verbringt, bis die Tasche mit der Motorradkleidung angerollt kommt. Handschuhe, Jacke, Hose, Schuhe und Helm sollte man unbedingt mitbringen, damit man nach einer kurzen Fahrt ins Hotel, einem ersten Kennenlernen und einem Abendessen am nächsten Morgen seine R 18 besteigen kann, die einen dann auch die ganze Zeit begleiten wird. Und, dass man sich mit dem knapp 350 Kilogramm schweren Brocken versteht, ist wichtig, denn die Straßen und der Verkehr in Costa Rica sind nicht ohne.

Die Schlaglöcher auf den Straßen in Costa Rica sind bemerkenswert, hier noch eines der kleineren.
(Foto: Hermann Koepf)
Während die Straßen Löcher bereithalten, die so tief sind, dass da locker das Vorderrad verschwindet, hat der Verkehr einen ganz eigene Philosophie. Er folgt weniger den Verkehrsregeln als vielmehr dem gegenseitigen Einvernehmen. Man lässt den einen in die Lücke, darf dann selbst schnell mal die Spur wechseln und sich auch vertun, ohne dass ein wildes Schimpfen oder Hupen den Fehler kommentiert. Auch im Straßenverkehr gilt: Pura Vida. Ist man aber erst einmal aus der Metropole San José entschwunden, öffnet sich ein unglaubliche landschaftliche Vielfalt.
Die schönsten Kurven der Welt
Das reicht von kargen, zu Teilen durch die Hitze und Feuer arg in Mitleidenschaft gezogene Waldstücke über traumhaft schöne Strände, die mal durch Vulkansedimente tief braun sind, hin zu blauem Wasser, mächtigen Wellen, die auf fast schon weiße Strände branden, und subtropischen Regenwäldern, die von einem Vulkan namens Arenal überschattet werden und zu dessen Füßen wiederum der Arenal-See liegt. Und all das gilt es mit dem Motorrad zu erfahren, eben mit der BMW R 18.

Die 142 dürfte zu den besten Motorradstraßen der Welt gehören. So viele Kurven mit einem solchen Swing gibt es sonst kaum.
(Foto: Hermann Koepf)
Und dabei ist erstaunlich, was dieser Brocken so alles mitmacht. Der geht über Geröllwege ebenso wie über schlaglochbedeckte Straßen und wird zu einem echten Kurvenjäger, wenn es über die Straße 142 in den Regenwald geht. Die - und das wurde in der Gruppe einhellig beschlossen - in den Top drei der schönsten Motorrad-Kurven-Straßen der Welt angesiedelt werden muss. Diese Straße hat einen solchen Swing, der sich selbst mit der R 18 mühelos aufbauen lässt, dass jeder, der nur einen Hauch für das Motorradfahren übrig hat, am Ende beseelt aus dem Sattel steigen wird.
An anderer Stelle kann es den Fahrer dann aber auch ganz schön durchrütteln. Was die R 18 nämlich gar nicht mag, sind kurz aufeinanderfolgende Stöße. Die überträgt sie bis in die letzten Knochen des Fahrers. Aber ganz ehrlich, das sind wirklich Nebenschauplätze, die einem nichts, aber auch gar nichts von dem nehmen, was die Fahrt durch Costa Rica einem an Seelenfrieden und innerer Ruhe gibt. Obgleich schon gesagt werden muss, dass die Tour, die nach Aussagen von Chris "a Journey" ist, wohl kaum an den Hubbelstraßen bemessen werden kann.
Kein billiger Spaß

Natürlich gibt es neben dem Motorradfahren auf der Tour durch Costa Rica noch viel mehr zu entdecken.
(Foto: Holger Preiss)
Denn zur Tour gehört natürlich mehr als nur die Reise auf dem Motorrad von einem Highlight zum anderen. Es gibt Tage der Entspannung, wo Fahrten mit dem Katamaran angeboten werden, an dessen Seite "mit absoluter Sicherheit", so Chris, Delfine schwimmen werden. Es gibt den Besuch in mannigfachen Manufakturen, wie zum Beispiel bei einem Ochsenkarren-Hersteller, der seit 1923 in Valverde Vega diese handbemalten Karren mit ihren aus 16 Holzdreiecken bestehenden Rädern herstellt. Auch eine Seilrutsche oder Zip-Line über sieben Stufen und mit einer maximalen Einzellänge von 750 Metern ist im Programm. Natürlich wird es landestypisches Essen geben. Abende, die die Gruppe ebenso zusammenschweißen wie die Ausritte mit dem Motorrad.
Nun gilt es das alles natürlich auch zu bezahlen und der Preis für diese zehntägige Reise der Entschleunigung, dieses The Great Getaway dürfte schon bei einer Großzahl der Leute für Schluckbeschwerden sorgen. Es handelt sich nämlich um satte 6950 Euro. Und hier sind der Flug, den es selber zu buchen gilt, oder das Einzelzimmer für 1375 Euro noch nicht inbegriffen. Wenn man jetzt aber mal überschlägt, was es für das Geld alles gibt, angefangen vom Motorrad über die Hotelzimmer bis zu den Aktivitäten und Eintritten, relativiert sich der Preis ganz schnell. Und eins ist versprochen: Wer diese Reise macht, der wird das Pura Vida für sich entdecken und eine gehörige Portion davon mit nach Hause nehmen.
Quelle: ntv.de