Exotik nur im Namen Warum sind so viele Autos grau?
01.03.2023, 15:07 Uhr
Grau/Silber führt bei Autos in Deutschland mit gut 30 Prozent die Farben-Hitliste vor Schwarz und Weiß an - seit Jahren.
(Foto: picture alliance/dpa)
Gedeckte, unauffällige Farben, "mausgraue" Autos, wohin das Auge blickt. Man könnte denken, es läge am Wetter, dass Grau die Lieblingsfarbe deutscher Autokäufer ist. Aber es hat andere Gründe - und Weiß, Schwarz und Grau als Fahrzeugfarbe sind auch nicht nur in Deutschland so beliebt. Woran liegt das?
Zur Auswahl für eine neue Couchgarnitur standen vor fast 35 Jahren im Film "Ödipussi" die Farben Mausgrau, Staubgrau, Aschgrau, Steingrau, Bleigrau, Zementgrau und weitere gedeckte Grautöne. Die Zuschauer waren höchst amüsiert, als Loriot als Held des Films diese Farben vorschlug.
Schaut man heute in die Konfiguratoren der Autohersteller, drängt sich der Eindruck eines Deja-Vu auf: Die Graunuancen Chronosgrau Metallic, Manhattangrau, Terragrau, Sophistograu, Graphit Grey, Skyscraper Metallic, Selenitgrau, Delfingrau Metallic, Magnetic Metallic, Uranograu, Mineralgrau, Stahlgrau, Highlandgrau und Dolomitgrau sind nur ein Ausschnitt aus den angebotenen Grautönen.
Nur, dass heute niemand mehr lacht. Denn deutsche Autofahrer machen bei der Farbauswahl ihrer Neuwagen selten Experimente und entscheiden sich für gedeckte, unauffällige Farben. Grau/Silber führt mit gut 30 Prozent die Farben-Hitliste vor Schwarz und Weiß an - und das schon seit 8 Jahren.
Fast jeder dritte Neuwagen in Grau/Silber
Fast jeder dritte Neuwagen in Deutschland fährt also ab Werk in einem Grau/Silber-Farbton vor. Aber warum ist das so? Ein Grund dürfte sein, dass oftmals ein Grauton ähnlich wie Weiß ohne Aufpreis angeboten wird. Doch in dem riesigen Angebot an Grautönen sind aufpreisfreie trotzdem in der Minderheit.
Durchforstet man die Konfiguratoren der Autohersteller, sieht man, dass fast jedes Unternehmen mehr als einen grauen Lack im Angebot hat. Von einfachen Uni-, über Metallic- und Perlmetallic-Lack bis hin zu matten oder zweifarbigen Ausführungen ist alles dabei. Bei den Namen des "Fifty shades of grey"-Angebots sind die Unternehmen durchaus kreativ. Rennstrecken, Mineralien, Vulkane, Metalle oder Berge dienen als Inspirationsquelle.
Die Preise für die Grautöne fallen je nach Hersteller, Fahrzeuggröße und Lackzusammensetzung unterschiedlich hoch aus. Vergleichsweise günstig sind etwa der VW Golf in "Mondsteingrau" für 380 Euro, der Fiat 500 in "Pompei Grau" für 500 Euro oder der Opel Astra Sportstourer in "Vulkan Grau Metallic" für 600 Euro. Auch der Genesis G80 ist mit knapp 900 Euro in "Makalu Grey" recht günstig eingepreist. Dass es auch deutlich teurer geht, zeigen etwa Audi mit dem A6 (Suzukagrau Metallic für 3700 Euro) oder BMW mit dem 7er (Frozen Grey Metallic für 3800 Euro).
Damit ist aber noch nicht das obere Ende der Zusatzkosten erreicht. Mercedes ruft zum Beispiel für die Sonderfarbe "Manufaktur Siliziumgrau Uni" beim EQS 7000 Euro auf, beim C-Klasse T-Modell werden für "Manufaktur Selenitgrau Magno" rund 4000 Euro fällig. Jaguar nimmt für die Sonderfarbe "Eiger Grey" aus der Individualprogramm Bespoke rund 7500 Euro, für die "BMW Individual Two-Tone-Lackierung Oxidgrau Metallic" muss man beim 7er 12.000 Euro bezahlen.
Damit macht man nicht viel falsch
Aber andere Farben wie Schwarz, Weiß oder Blau und Rot können richtig ins Geld gehen, trotzdem ist Grau beliebter. Für das Mercedes-Designteam ist die große Wandelbarkeit der grauen Farbe das Kaufkriterium. "Grau ist quasi der Allrounder unter den Lacken, jedoch ohne Kompromisse einzugehen." Man könnte auch sagen, man macht mit dieser Farbauswahl nicht viel falsch. Wie mit einem klassischen (grauen) Business-Anzug oder -Kostüm ist der Träger oder die Trägerin immer gut angezogen. Aus Sicht der Designer harmonieren Grautöne zudem gut mit verschiedensten Exterieur-Varianten und betonen etwa Designkanten oder Luftauslässe. Besonders bei dunkleren Grautönen werden beispielsweise Anbauteile in Hochglanzschwarz noch deutlich erkennbar.
Der Beliebtheit kommt außerdem der höhere Wiederverkaufswert im Vergleich zu exotischeren Farben zugute. Dass man auf grau lackierten Fahrzeugen Schmutz nicht so schnell erkennt, gehört sicherlich ebenfalls zu den Gründen, warum dieser Lackton gern geordert wird.
Übrigens: Weltweit war im Jahr 2022 Weiß wieder die mit Abstand beliebteste Farbe bei Neuwagen. 39 Prozent der 2022 produzierten Fahrzeuge waren in dieser Farbe lackiert, wie aus dem "Color Report for Automotive OEM Coatings" des Chemieunternehmens BASF hervorgeht. Auf Platz 2 des internationalen Farbrankings folgt Schwarz (18 Prozent), dahinter liegen Grau (16 Prozent) und Silber (8 Prozent). Grau/Silber mit zusammen 24 Prozent überzeugt also viele Neuwagenkäufer auch in der Welt.
Quelle: ntv.de, Elfriede Munsch/sp-x