Neuer Kompakt-Star Wird der Skoda Scala zum Golf-Jäger?
06.04.2019, 08:05 Uhr
Der Skala soll als Nachfolger des Rapid einmal mehr eine Alternative zum VW Golf sein.
(Foto: Skoda)
Der etwas biedere Rapid ist Geschichte, mit dem Scala schickt Skoda einen schicken Kompakten ins Rennen. Der punktet mit viel Platz und natürlich auch mit neuen Simply-Clever-Ideen.

Mit 4,30 Meter Länge sucht der Skoda Skala sein Publikum klar bei Kompaktwagenkäufern.
(Foto: Skoda)
Viele Jahre lang war die Kompaktklasse in der Zulassungsstatistik ganz vorne, inzwischen aber haben die SUV das Golf-Segment überholt. Doch nicht nur die Hochbeiner machen Opel Astra, Ford Focus und Co. das Leben schwer, auch von unten droht Konkurrenz: Viele Kleinwagen werden immer größer und besser und greifen den Kompakten zusehends mehr Kunden ab. Wer also weiterhin in der 4,30-Meter-Liga punkten will, muss aufrüsten - so wie es Skoda beim Rapid-Nachfolger Scala gemacht hat.
Vor sieben Jahren hat Skoda mit dem Rapid die Lücke zwischen Fabia und Octavia geschlossen, jetzt kommt Generation zwei - und die hat sich nicht nur ein schickeres Blechkleid zugelegt, sondern auch einen neuen Namen. Scala, also Treppe, nennen die Tschechen den Kompakten, und machen damit deutlich: Sie wollen weiter nach oben. Das zeigt auch die souveräne Preisgestaltung. Zum Start im Mai müssen mindestens 21.450 Euro auf den Tisch gelegt werden, denn der günstigere Einstiegsmotor steht noch nicht bereit, und das verfügbare 115-PS-Aggregat fährt vorerst nur in der mittleren von zwei Ausstattungslinien vor.
Magere Basis
Die hätten wahrscheinlich sowieso die meisten Kunden bestellt, denn die später für das 95-PS-Basistriebwerk und den Diesel erhältliche Active-Line ist eine recht spartanische Buchhalter-Ausstattung. Zwar sind elektrische Fensterheber vorne, ein 6,5-Zoll-Touchscreen, zwei USB-C-Anschlüsse, LED-Scheinwerfer sowie der Spurhalteassistent und eine Notbremsfunktion an Bord, wirklich aufrüsten lässt sich der Scala aber nicht: Digitale Instrumente, ein größeres Infotainmentsystem, schlüsselloser Zugang, Klimaautomatik, Panoramadach, Abstands-Tempomat, elektrische Heckklappe, Multifunktionslenkrad oder Parksensoren vorne sind nur einige Extras, die es erst ab der zweiten Version gibt.
Noch gar nicht verfügbar ist zum Start das große Amundsen-Infotainmentsystem mit 10,2-Zoll-Touchscreen und integriertem Navigationssystem. Ob man das braucht, sei dahingestellt: Für 440 Euro gibt es das Bolero-System mit immerhin acht Zoll großem Display, das durch die nahtlose Smartphone-Anbindung auch problemlos die Wegführung übernehmen kann - und wenigstens einen richtigen Lautstärkeregler mitbringt; bei der Top-Version gibt es nur noch Tasten. Der Übersicht ist das freilich zuträglich, das Scala Cockpit ist aufgeräumt und man findet sich schnell zurecht. Einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt dagegen die Materialauswahl: Weiche Kunststoffe wechseln sich mit nicht gerade wenig Hartplastik ab; die Verarbeitung allerdings ist auf Top-Niveau. Nur bei den Sitzen hätte Skoda ruhig etwas tiefer in die Tasche greifen können, das Gestühl ist relativ klein und zu weich gepolstert.
Jede Menge Platz

Im Kofferraum verschwinden 467 Liter, klappt man die Rückbank um, gehen 1410 Liter rein.
(Foto: Skoda)
Ganz oben spielt der immer fünftürige Scala dafür in der Kategorie Platzangebot mit: Gegenüber dem Rapid hat er einige Zentimeter zugelegt, kommt jetzt auf 4,36 Meter Länge. Das sorgt zusammen mit 2,65 Meter Radstand für ein überdurchschnittliches Raumangebot auf allen Plätzen, und selbst die Kopffreiheit im Fond ist vorbildlich. Statt auf eine flach abfallende, dynamische Dachlinie zu setzen, hat sich Skoda lieber andere Tricks einfallen lassen, um den Scala zum Hingucker zu machen.
Seine Schokoladenseite: Das Heck mit der großen Scheibe, die sich soweit runter zieht, dass sogar der Scala-Schriftzug aufs Glas passt. Zwar macht der Tscheche auch von vorne eine gute Figur, die Scheinwerfer allerdings erinnern doch stark an die Konzern-Schwester Seat. Zurück zum Platz: Im Kofferraum mit variablem Ladeboden verschwinden 467 Liter, klappt man die serienmäßig geteilte Rückbank um, gehen 1410 Liter rein. Optional und für vertretbare 80 Euro lässt sich auch die Beifahrerlehne flachlegen, damit bis zu zweieinhalb Meter lange Gegenstände durchgeladen werden können.
Drei Motoren zum Start
Für den Antrieb sieht Skoda zunächst drei Triebwerke vor, den Einstieg markiert, wie bereits erwähnt, der 115 PS starke Einliter-Dreizylinder. Der aufgeladene Benziner entwickelt immerhin 200 Newtonmeter Drehmoment und reicht tatsächlich aus, um den nur rund 1,3 Tonnen schweren Scala flott durch die City zu bewegen. Zwar steht die Kraft erst bei verhältnismäßig hohen 2000 Umdrehungen bereit, doch wer mit dem leichtgängigen Sechsgang-Getriebe geschickt schaltet, kommt an der Ampel zackig los. Keinesfalls ausbleiben sollte der Griff zum Schalthebel beim Überholen auf der Autobahn. Zwar erreicht der Scala mit maximal 201 km/h nach etwas Anlauf eine veritable Vmax, von kräftigem Durchzugsvermögen kann jenseits der Stadtgrenze aber keine Rede mehr sein.
Dafür muss man zum 1,5-Liter-TSI greifen. Der Vierzylinder, der zwei Brennkammern bei Nicht-Bedarf still legt, leistet 150 PS und entwickelt mit 250 Newtonmetern etwas mehr Kraft. Anders als der Einliter, der aktuelle nur als Handschalter zu haben ist, liefert Skoda den Top-Scala immer mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe aus - und ruft dafür mindestens 25.200 Euro auf. Dass der Vierzylinder spritziger ist, steht außer Frage, er sprintet in 8,2 statt 9,8 Sekunden auf Tempo 100 und legt auch bei der Höchstgeschwindigkeit noch eine Schippe drauf. Allerdings wirkt der 1.5er unter Last ziemlich angestrengt, und die Automatik schaltet gerne kräftig runter und lässt ihn unschön aufheulen. Dagegen kommt auch die gute Geräusch-Dämmung des Scalas nicht mehr an. Erstaunlich: Beim Verbrauch liegen Drei- und Vierzylinder mit glatten fünf Litern gleichauf, in der Praxis dürften allerdings locker zwei, drei Liter mehr auf dem Bordcomputer stehen.
Erdgas kommt später
Als Sparalternative hält Skoda weiterhin einen Diesel bereit: Der 1.6 TDI ist mit ebenfalls 115 PS zwar auch nicht der kräftigste, wirkt aber entspannt und belohnt eine gemächliche Gangart mit einem Verbrauch von knapp über vier Litern. Für 21.500 steht der Selbstzünder als Handschalter in der nüchternen Basisversion in der Preisliste, der Doppelkuppler kostet 1.800 Euro mehr. Recht mau sieht es beim Scala aktuell in Sachen alternative Antriebe aus. Zwar haben die Tschechen eine 90 PS starke Erdgas-Version angekündigt, doch die kommt erst später im Jahr. Zum Thema Elektrifizierung dagegen gibt es noch gar keine Pläne.
Auch zu einem möglichen RS-Modell, das dem Golf GTI nacheifern könnte, äußert sich Skoda noch nicht, auszuschließen ist es aber keinesfalls. Schließlich bietet der Autobauer für den Scala extra ein Sportfahrwerk an, das für erschwingliche 390 Euro den Kompakten 15 Millimeter näher an den Asphalt rückt und adaptive Dämpfer mitbringt. Die straffen, auf Sport gestellt, den Skoda genug, damit er schwungvoll ums Eck geworfen werden kann; allerdings verhindert die indirekte Lenkung oft einen präzisen Kurvenstrich. Und: Auch im Normalbetrieb ist der Scala so ausgerüstet ziemlich straff.
Neue Simply-Clever-Lösungen

Der Verschluss des Wasserbehälters wird beim Scala nach dem Aufklappen zum Trichter und erleichtert das Befüllen.
(Foto: Skoda)
Das Gros der Kunden dürfte also mit dem Standardunterbau besser bedient sein, der leider zur ersten Ausfahrt noch nicht bereit stand; das gilt auch für das Schlechtwegefahrwerk, das im Gegensatz zur Sportversion den Skala um anderthalb Zentimeter höher legt und den Motor durch einen extra Unterbodenschutz vor Beschädigung bewahrt. Fehlen eigentlich nur noch ein paar Plasteplanken, schon würde der Scala als Scout-Modell durchgehen. Ob das irgendwann kommt, lassen die Verantwortlichen allerdings noch offen.
Umso stolzer berichten sie dagegen von ihren neuen Simply-Clever-Ideen: Was mit einem praktischen Parkscheinhalter an der Windschutzscheibe angefangen hat, scheint sich inzwischen zu einem ehrgeizigen Projekt der Ingenieure entwickelt zu haben, die jede Menge Hirnschmalz investieren, um immer wieder neue Alltags-Helfer zu erfinden. Der Regenschirm in der Tür oder ein kleiner Mülleimer fürs Auto sind inzwischen schon ebenso Standard, wie der Eiskratzer im Tankdeckel. Den aber, haben die Entwickler für den Scala nochmal verbessert. Zukünftig befreit er nicht nur die Scheibe vom Frost, sondern dient auch als Messhilfe für die Profiltiefe. Und wer sich schon immer über die Kleckerei beim Nachfüllen des Waschwassers geärgert hat, sollte gleich zum Skoda-Händler gehen: Der Verschluss des Wasserbehälters wird beim Scala nach dem Aufklappen zum Trichter und erleichtert das Befüllen. Ganz schön clever!
Quelle: ntv.de