Praxistest

Bevor es zu Ende ist Cupra Formentor - Ode an die Sportlichkeit

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Eines der wohl letzten scharfen Eisen, das mit einem potenten Verbrennungsmotor mit 310 PS unterwegs ist: der Cupra Formentor VZ.

(Foto: Holger Preiss)

Mit dem rasanten Gang in Richtung Elektromobilität wird ein Sportwagen wie der Cupra Formentor VZ immer mehr zu einem Fanal für die Letzten seiner Art. Denn dass solche in sich stimmigen Boliden mit Herz und Seele weiter gebaut werden, scheint ausgeschlossen. Deshalb wann, wenn nicht jetzt!

Der Cupra Formentor ist schon ein heißes Schnittchen. Mein Gott, da hat sich vor drei Jahren eine Sportmarke wie Phönix aus der Asche erhoben und jetzt wird im Zuge der neuen Konzernphilosophie von Volkswagen alles unter Strom gesetzt. Ergo wird ein Formentor VZ 2.0 TSI mit 310 PS und 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe nicht nur der Erste, sondern auch der Letzte seiner Art sein. Was ihn ablöst, sind pseudosportliche Plug-in-Hybride und Elektroautos. Denn, auch das ist verbrieft, Cupra wird in Zukunft die Elektroauto-Marke für ein junges Publikum.

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Ein Heck, das später in den Annalen der Sportwagen-Historie unter dem Eintrag Cupra Formentor VZ zu sehen sein wird.

(Foto: Holger Preiss)

Doch bevor es so weit ist, soll noch einmal das genossen werden, was einen Sportwagen bis heute ausmacht. Und davon hat der Cupra Formentor einfach alles. Optisch bildet er eine feine Symbiose aus SUV und Sportwagen. Und das, ohne besonders hoch zu bauen und so in Kurven schwerfällig ins Wanken zu geraten. Um die Attitüde des SUV zu erfüllen, reichen große, verplankte Radhäuser und der ansteigende Aufbau. Mit der abfallenden Dachlinie, dem Heckspoiler, mächtigen Lufteinlässen, den Flaps an den hinteren Radkästen und den doppelten Endrohren am Heck steht dann alles auf der Liste, was einen Sportwagen auszeichnet.

Zu 98 Prozent ein Sportwagen

Am Ende muss aber ganz klar gesagt werden: Der Cupra Fomentor VZ ist zu 98 Prozent ein Sportwagen und nur zu 2 Prozent ein SUV. Denn der spanische Bolide duckt sich so tief auf den Asphalt, dass es hier nicht angesagt ist, mit Feuereifer über die Buckelpiste zu jagen, ohne Gefahr zu laufen, etwas anderes als Reifenspuren im Sand zu hinterlassen. Die eigentliche Spielwiese des VZ ist die Straße und wirklich die Straße. Klar kann man, wenn es einen zwickt, auch mal den Rundkurs angehen, um am Ende überrascht zu sein, wie leichtfüßig sich El Toro auf dem Track bewegen lässt. Nur, und auch wirklich nur bei ganz schnellen Wechselkurven wird sein Gewicht von knapp 1,7 Tonnen spürbar.

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Sportlenkrad mit Startknopf und Fahrmenüsteuerung gehören auch zum Cupra Formentor VZ.

(Foto: Holger Preiss)

Ansonsten fegt der Bolide lieber mit seinem wirklich exzellent abgestimmten Fahrwerk über Landstraßen und Autobahnen. Dabei ist es auch ganz egal, ob man im Comfort-Modus Kilometer macht oder im Sport- oder Cupra-Mode Attacke fährt. Bei Letztgenannten ist der Sprint auf Tempo 100 in 4,9 Sekunden abgeschlossen. Richtig nachdrücklich gelingt der Katapultstart mit der Launch Control: Alle Regelsysteme aus, linken Fuß auf die Bremse, rechten bis Anschlag aufs Gas, Drehzahlmesser auf die 5000 und Bremse lösen. Dabei, ganz klar, Räder gerade und unbedingt freie Strecke. Ob man allerdings den Cupra so oder anders beschleunigt, ist eigentlich egal, denn bis Tempo 240 geht es ohne jeden Verzug. Die Gänge laufen unmerklich und vollautomatisch hoch und runter oder werden vom ambitionierten Piloten über die Schaltwippen am Lenkrad durch ein feines Fingerspiel rein- und rausgezogen. Untermalt von klangvollen Endrohrsalven aus der Sportabgasanlage.

Da reiben sich einige die Augen

Nun wird der aufmerksame Leser mahnen: Warum schreibt der Autor nichts von Tempo 250? Erst da ist doch der Cupra abgeregelt. Stimmt! In der Spitze fährt er per GPS gemessen im Test sogar 259 km/h. Aber wirklich leichtfüßig geht es tatsächlich nur bis 240. Alles darüber bedarf einer gewissen Anlaufzeit. Das ändert aber nichts daran, dass sich AMG- und M-geprägte Fahrer schon die Augen reiben, wenn der spanische Blitz mit dem indianischen Stammeszeichen an Kühlergrill und Heck an ihnen vorbeifliegt.

Zur Obsession wird der Formentor auf der Landstraße. Denn hier spürt der Fahrer die direkte Rückmeldung der Parameterlenkung, die Lust des Wagens, seinen Befehlen zu folgen und er spürt die feine Dosierbarkeit und den festen Biss der Brembos, wenn es in die nächste Kehre geht. Was er nicht spürt, weil es unmerklich im Hintergrund arbeitet, ist die elektrohydraulische Mehrscheiben-Lamellenkupplung des Allradantriebs. Mithilfe der elektronischen Differenzialsperre (EDS) wird das Drehmoment selektiv für die Räder auf beiden Seiten gesteuert. Heißt nichts anderes, als dass das für die Traktion erforderliche Rad immer mit Drehmoment versorgt wird.

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In der Silhouette erkennt man am besten, dass der Cupra Formentor eine ganz eigene Formsprache hat.

(Foto: Holger Preiss)

Selbstredend hat auch ein Cupra Formentor VZ seine physikalischen Grenzen, aber deren Rahmen ist dank der oben erwähnten Abstimmung und Komponenten weit gesteckt. Was also das Fahrtechnische betrifft, gibt es hier nicht den Hauch einer Kritik. Wollte man Verbesserungsvorschläge einbringen, könnte man darum bitten, dass die Fahrmodi, die über einen Drehregler am Lenkrad eingestellt werden, nicht nur in eine Richtung laufen. Das hat nämlich zur Folge, dass man sich ständig durch das ganze Menü wühlen muss, um beispielsweise von Comfort zu Sport oder Cupra zu kommen. Denn anders als bei "normalen" Autos mit Menüschalter ist es beim sportlichen Spanier so, dass man ihn tatsächlich nutzt. Zum einen, weil er einfach Porsche-like platziert ist, zum anderen, um die Klappen der Sportabgasanlage zu schließen, wenn es durch eine Ortschaft geht.

Es braucht keinen Premium-Boliden

Aber kommen wir noch mal auf die Fahrten abseits der Attacke-Modi zurück. Im Normalfall wird nämlich die Einstellung Comfort auch beim Formentor VZ die am häufigsten gewählte sein. Warum? Nun, weil es auf der Autobahn keinen Sportmodus braucht, um flott unterwegs zu sein. Die Gedenksekunde nach dem Senken des Gaspedals, bis der Turbo ordentlich Atemluft bereitstellt, ist zu verschmerzen. Und auch das etwas sanftere Abrollen wird der Fahrer in dieser Einstellung über die Distanz genauso genießen, wie die extrem bequemen Sportsitze. Was nach wie vor nicht wirklich passt - aber das ist ein herstellerübergreifendes Problem - ist die Steuerung aller Funktionen über den 12 Zoll messenden Touchscreen in der Mittelkonsole. Gerade bei Funktionen wie Klimaanlage oder Parkassistent macht sich ein einzelner haptischer Knopf tausendmal besser als das Rumgewische auf dem Display während der Fahrt.

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Die Sportsitze im Cupra Formentor VZ machen ihrem Namen alle Ehre, sind aber auch auf der Langstrecke bequem.

(Foto: Holger Preiss)

Doch zurück zur Langstrecke. Die legen auch die Gäste in der zweiten Reihe des Formentor recht entspannt zurück, denn Knie, Füße und Kopf finden ausreichend Platz, solange Vorder- und Hintermann nicht über 1,85 Meter messen. Etwas klein geraten ist hingegen der Kofferraum. Nach Datenblatt sind es zwar 420 Liter bei aufrechter Rückbanklehne, aber dadurch, dass das Gepäckabteil nicht sehr hoch baut, füllt ein großer Koffer bereits mehr als zwei Drittel des Stauraums. Wer hier also länger verreisen will, muss mit Augenmerk packen.

Augenmerk gilt natürlich auch für die Strecke bis zur nächsten Zapfsäule. Angegeben wird der Verbrauch im Drittelmix von Cupra mit 8,7 Litern. Im ntv.de-Test standen mit leichtem Gasfuß 8,9 Liter auf der Uhr, bei extrem sportlicher Fahrweise 14,8 Liter und im alltäglichen Normalbetrieb flossen im Schnitt 9,3 Liter Benzin aus dem 55 Liter fassenden Tank durch die Schläuche.

Was die Assistenzsysteme betrifft, darf der Formentor das komplette Regal von VW räumen. Dazu gehört der vorausschauende Geschwindigkeitsregler ebenso, wie der Stauassistent, der Seiten- und Ausstiegsassistent und natürlich der automatische Notruf. Hinzu kommen schlüsselloser Zugang, Radioempfang über DAB+, volldigitales Kombiinstrument, Ambiente-Licht und Voll-LED-Scheinwerfer, um nur einiges zu nennen. Bedenkt man jetzt, dass es das alles zusammen mit dem oben beschriebenen Fahrspaß ab 45.090 Euro gibt, dann darf man getrost feststellen: Es braucht keinen Premium-Boliden. Selbst wenn in der Optionsliste Kreuze bei 19-Zoll-Rädern, Beats-Audio-System, elektrischer Heckklappe, Panorama-Glas-Schiebedach und Wireless Full Link Connectivity, also Spiegelung des Smartphones über Bluetooth, gemacht werden, landet man nur bei einem Endpreis von 53.619 Euro. Zugegeben, das ist viel Geld, aber nicht mal im Ansatz mit einem BMW, Mercedes oder Audi in dieser Sportliga zu vergleichen.

DATENBLATTCupra Formentor VZ 2.0 TSI 4Drive
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,45 m/ 1,84 m/ 1,51 m
Radstand2,68 m
Leergewicht (DIN)1644kg
Sitzplätze5
Motor/HubraumR4 Benziner mit Turbolader und 1984 Kubikzentimetern Hubraum
Getriebe7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Leistung Verbrenner310 PS (228 kW)
max. Drehmoment (Systemleistung)400 Nm bei 1400 - 4000 U/min
KraftstoffartBenzin
Kraftstoffverbrauch im Test9,3 Liter/100 km
Kraftstoffverbrauch kombiniert (Hersteller)8,7 Liter/100 km
Tankinhalt55 Liter
Kofferraum420 / 1450 Liter
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h4,9 s
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
175 g/km
EmissionsklasseD
Grundpreis45.090 Euro
Preis des Testwagens53.619 Euro

Fazit: Der Cupra Formentor VZ ist für Sportfreunde, die sich preislich, aber auf gar keinen Fall fahrtechnisch abseits von AMG und Co. bewegen wollen, die allererste Wahl. Vom Design über die technischen Parameter, die Fahreigenschaften und den wunderbaren Sound bis hin zum Preis stimmt hier einfach alles. Zudem ist der spanische Bolide inzwischen so etwas wie die letzte Hommage an Ingenieurs- und Autobaukunst, die man in all ihren glückselig machenden Facetten fahren muss, bevor der große Stromstoß dem ein Ende setzt.

Quelle: ntv.de

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