1x1 der Charttechnik, Folge 7 Visuelle Chartformationen - Teil 1
09.05.2008, 15:34 UhrEine der Grundlagen der Technischen Analyse ist die Suche nach Kursmustern, den Formationen. Man unterscheidet Trendbestätigungs- und Trendumkehrformationen. Die Beschreibung dieser Formationen geht auf die Arbeiten von Charles Dow zurück. In den dreißiger Jahren erweiterte der amerikanische Analyst, Trader und Redakteur des Forbes-Magazins, Richard Schabacker, durch eigene Studien den Anwendungsbereich der Formationsanalyse.
Trendbestätigungsformationen
Diese treten hauptsächlich in primären Trends auf und bilden sich entgegen der Trendrichtung aus. Trendbestätigungsformationen stellen also immer eine Unterbrechung des vorherrschenden Trends dar, bilden also eine Konsolidierungsphase aus, bevor der Trend seine eigentliche Richtung wieder aufnimmt.
Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Bestätigungsformationen:
Das aufsteigende Dreieck (Ascending Triangle) bestätigt einen Aufwärtstrend, das absteigende Dreieck (Descending Triangle) den Abwärtstrend. Das Dreieck sollte aus jeweils mindestens drei oberen und drei unteren Umkehrpunkten gebildet sein. Der Ausbruch sollte spätestens nach drei Vierteln der Strecke zur Spitze erfolgen, sonst fehlt die notwendige Dynamik, und es besteht die Gefahr, dass der Ausbruch eher in einen Seitwärtstrend übergeht.
Eine weitere wichtige Information, die Sie aus diesen Formationen gewinnen können, ist die Bestimmung der entsprechenden Kursziele. In den Abbildungen habe ich dies verdeutlicht. Die größte Höhe des Dreiecks wird dabei am Ausbruchspunkt in die Ausbruchsrichtung abgetragen und bildet das Kursziel.
Hinweis.
In der Literatur finden Sie oft die Definition eines gleichseitigen (symmetrischen) Dreiecks. Dieses kommt in der Praxis in dieser Idealform allerdings seltener vor.
Die Kurszielbestimmung erfolgt durch Abtragen der im Dreieck markierten Strecke nach oben, nach dem Kursdurchbruch.
Das aufsteigende Dreieck ist eine Trendbestätigungsformation im Aufwärtstrend. Der Ausbruch sollte nicht später als auf drei Vierteln der Strecke zur Spitze erfolgen.
Das absteigende Dreieck ist eine Trendbestätigungsformation im Abwärtstrend. Kurszielbestimmung durch Abtragen der markierten Strecke nach unten, nach dem Kursausbruch.
Das Rechteck (Rectangle) signalisiert eine seitwärts verlaufende Konsolidierungsphase. Der Ausbruch erfolgt meistens in Richtung des vorherrschenden Trends, also nach oben in einem Aufwärtstrend, nach unten in einem Abwärtstrend. Hier sollten Sie das Volumen beachten. Steigt das Volumen, wenn sich obere Umkehrpunkte bilden, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs nach oben, und vice versa. Das Kursziel wird bestimmt, indem die Höhe des Rechtecks am Ausbruchsniveau in Ausbruchsrichtung abgetragen wird.
Hinweis: Ein Rechteck von ausreichender Höhe stellt grundsätzlich eine gute Trading-Range dar, also eine Seitwärtsphase mit deutlich ausgeprägten Swings. Diese können Sie erfolgreich mit Oszillatoren handeln. Auf Indikatoren werde ich in einer späteren Folge meiner Serie ausführlich eingehen...
Das Rechteck signalisiert eine Seitwärtsphase. Diese Konsolidierung kann ebenfalls in einem Aufwärtstrend (durchgezogene Linie) oder einem Abwärtstrend (gestrichelte Linie) auftreten. Kurszielbestimmung ist, wie in der Abbildung verdeutlicht, möglich.
Meine Tipps zum Handeln der Formationen
Alle Formationen in den obigen Abbildungen sind idealtypisch dargestellt, also so, wie sie nach der klassischen Chartlehre interpretiert werden sollten. In der Praxis müssen Sie aber Vorsicht walten lassen.
Handeln Sie immer nur dann, wenn die Formation auch wirklich abgeschlossen ist.
So kann zum Beispiel auch aus einem aufsteigenden Dreieck der Kurs mal nach unten beziehungsweise aus einem absteigenden Dreieck nach oben ausbrechen. Dies kann aber trotzdem trendbestätigend sein, wenn beispielsweise der Kurs in einem Aufwärtstrend aus einem absteigenden Dreieck nach oben ausbricht.
Auch besteht immer die Gefahr von Fehlausbrüchen, das heißt der Kurs setzt nicht nur an die Ausbruchslinie zurück, sondern durchbricht diese auch wieder in die dem Ausbruch entgegen gesetzte Richtung.
Weitere wichtige Regeln:
- Versuchen Sie nie, Ausbrüche zu antizipieren, also hellseherische Fähigkeiten zu entwickeln. Der Chart zeigt Ihnen den richtigen Zeitpunkt. Dann aber heißt es: Sofort handeln!
- Denken Sie bitte auch nicht: "Wenn ich doch früher in den Markt einsteige, kann ich auch mehr Gewinn machen." Falsch! Das Chance-Risiko-Profil ist wesentlich schlechter, dass heißt Ihr Risiko, dass sich der Kurs eben doch nicht in die gewünschte Richtung entwickelt, erhöht sich. Das mag zwar mal gut gehen, aber auf Dauer werden Sie damit verlieren. Verschenken Sie lieber am Anfang ein paar Euro, fahren dafür aber am Ende einen sichereren Gewinn ein.
- Bei Ausbrüchen aus Dreiecken besteht der Nachteil, dass die Richtung des Ausbruchs in der Praxis eben nicht exakt vorherbestimmt werden kann. Wenn Sie also ein Dreieck erkennen, so legen Sie sich immer Strategien für beide möglichen Ausbruchsrichtungen zurecht. Also suchen Sie sich vorher Put- und Call-Optionsscheine, das heißt spekulative Instrumente auf fallende beziehungsweise steigende Märkte. Besonders heiß wird die Sache dann, wenn sich der Kurs etwa auf zwei Dritteln der Länge des Dreiecks befindet, denn dann verlaufen diese Ausbrüche besonders heftig. Dann muss man aber auch auf der Hut sein, um den Kursen nicht nachzulaufen. Die zwei bis drei Prozent, die der Kurs schon gelaufen sein sollte - mein Tipp für einen Sicherheitsvorsprung -, sind dann schnell überwunden.
In Teil 2 werden wir uns dann mit Umkehrformationen beschäftigen, und in Teil 3 werden Sie sehnen, dass diese einfachen Formationen schon eigene kleine Handelssysteme darstellen - wenn man sie richtig anwendet.
Dr. Gregor Bauer erklärt bei Telebörse.de alle 14 Tage die Grundlagen und Tricks der technischen Analyse. Er ist Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands (www.vtad.de) und Mitglied im Vorstand des Weltverbands der technischen Analysten (www.ifta.org).
Quelle: ntv.de