
Ist der Kolumnist irre? Oder die anderen? Und hat er eventuell einen Bruder? Oder doch ne Omi(kron)?
(Foto: imago images/CHROMORANGE)
Geht es Ihnen wie unserem Kolumnisten und denken Sie: Sind die irre oder bin ich es? Es scheint doch so, dass sich die Spirale des Wahnsinns immer schneller dreht. Das hat wohl auch mit Omikron zu tun - und dass früher alles besser war. Man denke nur an die Neandertaler.
Hochverehrtes Publikum, Friends, Allies und Haters, ich heiße Sie willkommen im Safe Space der Schmoll-Ecke, dieses neuerlichen Hochverrats an der Vernunft und der deutschen Sprache. Ich möchte Sie in meiner Eigenschaft als schreibender Influencer unter Anwendung unnötiger Anglizismen empowern, die anhaltend schwere Zeit zu meistern und anstatt unter über die Wupper zu gehen, wie es einst der Gekreuzigte tat, dessen Geburt wir bald mit Geschenken von Amazon feiern. Frei zitiert nach Johannes, rufe ich Ihnen zu: Ein Sehr-Gutmensch, wie es Jesus war und ich - ebenfalls von Geburt an - bin, opfert sein Leben für seine Schafe. Nur der schlechte Hirte sieht den Wolf kommen, verlässt die Herde und fleucht. Denn wisset: Die Zeiten sind nicht einfach und auch nicht wirklich gut.
Niemand kann sich herausreden. Die ganze Menschheit ist vor Gott schuldig! Ich erfreue mich in meinem Leiden, das ich für Sie leide. Sonst wären Sie allein auf dieser kalten Welt kurz vor der Apokalypse, in der man sich Tag für Tag fragt: Sind die irre oder bin ich es? Die Spirale des Wahnsinns dreht sich immer schneller. Das hat wohl auch damit zu tun, dass uns nun Omikron nervt, die Variante mit dem freundlichen Namen, aber unfreundlichen Verhalten. Es wundert mich, dass es noch keinen Instagram-Account hat: "Hallo, meine Lieben, hier ist eure Omi. Ich bin gekommen, um zu bleiben. Ich finde es nicht gut, dass ihr Hass verbreitet, weshalb ich eine Krippe aufgebaut habe, bevor ich euch alle töte."
Ja, wie Sie merken, hat es mich ebenfalls erwischt, ich konnte dem Trend nicht entfliehen und bin des Wahnsinns fette Beute (geworden). Auf die gewaltige Gefahr hin, mich zu wiederholen: Früher war alles besser, auch bei mir. Wobei ich gar nicht so recht weiß, ab wann das Früher eigentlich beginnt. Seit ich den ersten Satz dieser bedeutungsschwangeren, aber durch und durch bedeutungslosen Kolumne niederschrieb, sind zahlreiche Minuten ins Land gegangen oder - dem Zeitgeist entsprechend - ins Land geradelt. Zählen ein paar Stunden meiner und unser aller Vergangenheit schon zur Rubrik "früher"?
War, als ich "hochverehrtes Publikum" tippte, noch alles besser als jetzt, wo ich - Sie übrigens auch, wozu ich Sie beglückwünsche! - im vierten Absatz angelangt bin? Auf alle Fälle. Da war mein Weinglas - es ist mitten in der Nacht - noch halb voll. Nun ist es halb leer, die Flasche auch. Wir Deutschen sehen Gläser und Flaschen immer als halb voll an. Gut so.
Ich nehme meinen Beruf sehr ernst
Sie müssen wissen, dass ich bei der Berufsausübung zu später Stunde öfters am Weinglas nippe, um mich und mein Leben in selbstgewählter Sozialquarantäne besser auszuhalten. Ich wäre gern Schmuck- anstatt Stadteremit und bedauere es zutiefst, dass dieser Beruf nicht mehr nachgefragt wird. Früher war eben alles besser. Nehmen wir die Neandertaler, die sich nicht entscheiden mussten, ob sie sich mit einem mRNA-, einem Totimpfstoff oder gar nicht spritzen lassen sollten. Zu ihrer Zeit gab es keinen Freiheitsentzug, sie waren frei, konnten ohne Auflage demonstrieren, kein Gericht wies an: Die Keulen bleiben im Lager! Nun ja, Sie sind trotzdem ausgestorben.
Zwischenfragen: Fühlen Sie sich durch meine Worte empowert? Spende ich Ihnen Kraft? Können Sie mir noch folgen? Vor allem aber: Wollen Sie mir überhaupt noch folgen wie einst die Jünger dem Herrn Jesus? Nicht falsch verstehen, ich unter- und überschätze Sie nicht. Wie Sie wissen, bemühe ich mich, alle Leute abzuholen und mitzunehmen, wobei ich gar nicht weiß, was ich mit so vielen Menschen anstellen soll. Der Sklavenhandel ist ja nun mal abgeschafft. Trotzdem nehme ich meinen Beruf ernst.
Es ist wichtig, dass wir Journalisten DIE Leser abholen und mitnehmen. Was nicht so leicht ist, da ich nicht weiß, wo Sie sich gerade aufhalten, weshalb es durchaus möglich ist, dass wir uns nie treffen oder sehr viel Zeit vergeht, ehe ich Sie finde und Sie dann sagen: Früher war alles besser, auch der Journalismus. Da wurde noch DIE Wahrheit geschrieben. Dann schicken Sie mir das Zitat von Hajo Friedrich und erinnern mich daran, dass ich mich mit keiner Sache gemein machen soll, auch nicht mit einer guten, nicht mal der, für die die Römer Jesus ans Kreuz gehämmert haben: Liebe und Frieden.
Zwei Hände Gottes
Berichten Sie objektiv über Jesus! Und nicht so schäbig wie über die AfD! Der ich ihren Irrsinn nachgewiesen habe. Ich wollte die Partei doch nur empowern, vom rechten Weg abzukommen und - wie ich - einzugestehen, dem Wahnsinn anheimgefallen zu sein. Reflektion ist oberstes Gebot gerade. Aber was schreibt man mir? "Sie hätten vor 80 Jahren auch Juden Schaufenster beschmiert, weil Sie schön mit dem Strom laufen und Ihnen jeglicher Schneid fehlt." Ja, es stimmt, ich kann nicht nur im Strom schwimmen, sondern auf dem Strom laufen. Das ist es, was mich so einzigartig macht, weshalb ich von mir behaupten kann, nicht nur eine Hand Gottes, sondern gleich zwei zu haben. Ich schieße keine Tore, ich bin ein Thor.
An- und Aussehen, Klugheit und Dummheit, Geschlecht, Hautfarbe und derlei überflüssiger Unfug sind mir ehrlich egal. Ich liebe bekanntlich alle, alle Menschen, auch die, die nicht an Gott und/oder mich glauben und von einer Weihnachtsperson oder Geschenkefachkraft sprechen, um dem Weihnachtsmann kein Geschlecht zuzuweisen. Mein großes Herz schließt sogar die Sachsen ein, die noch auf der Intensivstation Ärzte darum bitten, ihre Selbstdiagnose zu akzeptieren, es handele sich um eine Grippe, jedoch nicht um Covid-19, weil es das fiese Virus gar nicht gibt. Wehe, Herr Doktor, Sie machen bei "Corona" einen Strich in der Statistik! Sonst bringe ich Sie mit Drosten und Lauterbach vor Gericht! Oder um!
"Wir, das ist die Wahrheit, leben von der Substanz. Für diese bittere Wahrheit haben die, die in der früheren DDR gelebt haben, durch leidvolle Erfahrung übrigens ein sehr feines Gespür." So sagte es Angela Merkel am 1. Oktober 2003, zwei Jahre bevor sie Kanzlerin wurde und dann 16 Jahre lang einer Menge Leuten das Gefühl genommen hat, dass wir von der Substanz leben. Aber eben nicht allen. "Nu hammer den Salad", wie es die Sachsen formulieren.
Jetzt merken alle: Die Substanz bröckelt. Plötzlich leben wir in einer permanenten, ausufernden Ungewissheit ein Leben, in dem es in viel zu vielen Bereichen keinerlei Sicherheiten mehr gibt, die man gerade jetzt so dringend als Sofa zum Ausruhen bräuchte, weil die Welt durchknallt. Der eine oder die andere bewegt sich konstant irgendwo zwischen Burnout, Depression und den mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, doch alles hinzubekommen und neben der Arbeit auch noch daheim freundlich zu sein und nicht zu schreien. All denen ist diese Kolumne gewidmet. Der Wille Gottes ist, dass jeder, der den Kolumnisten liest und an ihn glaubt, ewiges Leben habe. Amen!
P. S. Liebe Leserinnen und Leser, das war die letzte Schmoll-Ecke 2021. Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und ein tolles neues Jahr. Bleiben Sie gesund. Wir lesen uns wieder ab 8. Januar.
Quelle: ntv.de