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"Wie bei einem Rachefeldzug" Ernst August erhält Bewährungsstrafe

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Muss sich in Österreich vor Gericht verantworten: Welfenprinz Ernst August (l.).

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Die Richterin spricht ihn lediglich mit "Herr Hannover" an - Adelstitel sind in Österreich verboten. Aber es ist kein Geringerer als Welfenprinz Ernst August, dem in Wels unter anderem wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung der Prozess gemacht wird. Am Ende kommt er glimpflich davon.

Welfenprinz Ernst August von Hannover ist vom Landgericht Wels in Österreich zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 67-Jährige im Zustand voller Berauschung unter anderem Polizisten attackiert und ein auf seinem Anwesen tätiges Verwalter-Ehepaar massiv bedroht hat.

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Der Prozess stößt auf großes Medieninteresse.

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Deshalb erteilte die Richterin auch die Weisung, dass Ernst August zumindest in den nächsten drei Jahren nicht an seinem bisherigen Wohnsitz im oberösterreichischen Almtal leben darf. "Unmöglich", "undenkbar", reagierte Ernst August auf diesen Teil des Urteils entsetzt. Er lebe dort seit 50 Jahren.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigung und Staatsanwaltschaft gaben zunächst keine Erklärungen ab. Ernst August hatten bis zu drei Jahre Haft gedroht.

Während des Prozesses hatte der Welfenprinz auf dem Stuhl in der Mitte des Schwurgerichtssaals die Maske vorübergehend abnehmen dürfen. Sie wolle seine Mimik sehen, sagte Richterin Teresa Bergthaler. Der 67-Jährige verlas zunächst eine Entschuldigung. "Ich übernehme die Verantwortung, bedauere das Geschehene außerordentlich und bin bereit, für die Schäden aufzukommen", sagte er. Zugleich bekannte er sich nicht schuldig. Sie spreche ihn als "Herr Hannover" an, machte die Richterin ihrerseits gleich zu Beginn klar. In Österreich sind Adelstitel seit 1919 verboten.

Vorwürfe an die Medien

Die Staatsanwaltschaft legte dem Adligen Delikte wie Widerstand gegen die Staatsgewalt, schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung und Nötigung zur Last. Nach seinem Statement entschwand der Spross einer der ältesten Fürstenfamilien Europas für den Rest des Tages. Er gehöre als ehemaliger Krebspatient einer Hochrisikogruppe an, und habe Angst, sich im Gerichtssaal mit dem Coronavirus anzustecken, so Ernst August von Hannover.

Der Prozess war mit Spannung erwartet worden. Die 20 verfügbaren Plätze im Saal waren allesamt für Pressevertreter nicht zuletzt aus Deutschland reserviert. Die Medien spielten gleich zu Beginn eine Hauptrolle. Die Verteidigung wiederholte ihren Vorwurf einer "Vorverurteilung" durch die Berichterstattung in diversen Zeitungen und Magazinen. Das ließ die Staatsanwaltschaft nicht gelten. Die Ermittlungen seien völlig objektiv geführt worden. "Es gab weder einen Promi-Bonus noch gereichte ihm sein Name zum Nachteil", so die Vertreterin der Anklage.

"Ins Gesicht geschlagen"

Der Prozess drehte sich um mehrere Vorfälle im Sommer 2020. Ausgangspunkt war der Notruf eines als verwirrt eingeschätzten älteren Herrn bei der Polizei, der sich bedroht fühlte und sich als krank bezeichnet hatte. Beim Eintreffen der Streife auf dem idyllischen oberösterreichischen Anwesen des Anrufers, der sich als Ernst August herausstellte, wurden die Beamten nach eigenen Angaben zunächst Zeugen eines aggressiven Auftretens des Angeklagten gegen seinen Verwalter.

Die Wut des offenkundig betrunkenen 67-Jährigen richtete sich dann aber schnell gegen die Polizisten. "Er hat mir ins Gesicht geschlagen", sagte einer der als Zeugen befragten Polizisten aus. Seinen Kollegen soll Ernst August mit beiden Händen am Kopf gepackt haben, bevor er selbst in einer Abwehrhandlung des Beamten zu Boden stürzte.

Außerdem sei er auf die Beamten mit einem Wetzstab losgegangen, den sie ihm aus der Hand geschlagen hätten, so die Zeugen weiter. Der Welfenprinz habe zigfach Drohungen geäußert. "Er werde seine Söldner schicken und uns umbringen lassen", steht in einer der Aussagen eines Polizisten. "Auch unsere Familien wurden von ihm bedroht", sagte ein Beamter aus.

In einer Ausnahmesituation?

Der Vorfall Ende Juli war der Auftakt zu weiteren Eskalationen. Als die Beamten das gegen den Welfenprinzen ausgesprochene Waffenverbot vollstrecken und ihm die Lang- und Kurzwaffen abnehmen wollten, habe er erneut getobt und wüste Beschimpfungen geäußert. Schließlich - mehrere Wochen später - soll er eine bereits zuvor bei seinem Anwesen eingesetzte Polizistin bedroht haben. Aus einem Taxi heraus habe er ihr mit einem mitgeführten Baseballschläger zu verstehen gegeben, dass er ihr den Schädel einschlagen werde, erklärte die Beamtin vor Gericht. "Er wirkte sehr klar, wie bei einem Rachefeldzug."

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Die alleinerziehende Mutter hatte plötzlich Angst um ihre eigene Sicherheit und die Sicherheit ihrer Kinder. "Noch nie habe ich es mit einer Partei zu tun gehabt, die mich derart oft mit dem Tod bedroht hat", verwies sie auch auf zahlreiche Anrufe des Welfenprinzen auf ihrer Polizeiwache.

Die Verteidigung verwies mehrfach auf die Entschuldigung des 67-Jährigen. Und sie betonte, dass sich ihr Mandant nach einer Krebsoperation und wegen eines Konflikts mit seinem Sohn in einer Ausnahmesituation befunden habe. "Er fühlte sich im Stich gelassen", so einer seiner Verteidiger.

Quelle: ntv.de, vpr/dpa

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