So hoch, so schön, so persönlich Novo Amor entführt zur Stunde der Geburt
02.12.2018, 15:49 Uhr
Ali Lacey (r.) startete 2014 sein Projekt Novo Amor.
(Foto: imago/POP-EYE)
Novo Amor steht für einfühlsamen Folk, mit Falsett-Stimme und atmosphärisch arrangierten Songs als Markenzeichen. Auf seinem Debütalbum "Birthplace" verarbeitet der walisische Schöpfer Ali Lacey nun kuriose Geschichten seines US-Aufenthalts.
In der US-Kleinstadt Seneca streiten sich die Bewohner darum, wie viele Pferde sie in ihren Gärten halten dürfen. Einigen können sie sich nicht, der Streit führt sogar zu einer Abstimmung, die Stadt aufzulösen. Die Mehrheit entscheidet sich dafür. Die Stadt hört auf zu existieren. Diese total skurrile Geschichte hat den Waliser Ali Lacey im Jahr 2014 inspiriert, unter seinem Musikprojekt Novo Amor einen Song darüber zu schreiben, der nun Teil seines Debütalbums "Birthplace" ist. "Die Geschichte ist irgendwie witzig und traurig zugleich", sagt er im Interview mit n-tv.de: "Aber darin finden sich so viele Menschen wieder, weil eben blöde Dinge das Leben aus den Fugen bringen können und Beziehungen zerstören." Sein neues Album arbeite einen monatelangen Aufenthalt im Bundesstaat New York auf, die Werte der USA liebe der Indie-Folk-Artist aber nicht.
Seine Zeit in den USA hat den 27-Jährigen geprägt, wie er selbst sagt. "Alle Songs, die ich bislang veröffentlicht habe, haben eine sub-amerikanische Inspiration", so Lacey. Das neue Album sei im Gegensatz zu den davor veröffentlichen EPs aber "feierlich" und "erbaulich" gehalten - davor hatte seine Musik eher einen melancholischen Unterton. Für den Künstler sind die zehn Songs auch ein Blick zurück zur Geburt seines Musikprojekts - daher auch der Titel "Birthplace".
Ausgezogen, um kreativ zu werden
Um das Album zu realisieren, zog es Lacey 2017 aus seiner Heimatstadt Cardiff in einen abgeschiedenen Ort, weit weg von seinen vier damaligen Mitbewohnern. Er sei lange auf der Suche nach "dem richtigen Ort - physisch und mental" gewesen, um sein Album anzugehen. Nachdem er fündig geworden war, baute er sein neues Haus in ein Musikstudio um und startete mit der Produktion. "Jetzt denke ich, dass ich es nirgendwo sonst hätte fertigstellen können", sagt er ein Jahr später. Entstanden sei eine Platte die seine Selbstfindung beschreibe, aber auch Geschichten über seine Freunde und deren Einfluss auf sein Leben erzähle, mit Songs voller Nostalgie für seine Zeit in New York.
Zwar ist dies nun sein erstes Solo-Projekt, den Weg, ein Album fertigzustellen, ist er aber bereits im letzten Jahr gegangen. Zusammen mit seinem Freund Ed Tullett brachte er die Kollaboration "Heirress" heraus. Das Album repräsentiere vier Jahre der gemeinsamen Freundschaft, erklärt er und betont: "Dafür bin ich sehr dankbar, weil es mir verdeutlicht hat, dass ich etwas in dieser Länge und Gesamtheit bewältigen kann."
Wer Laceys hoher Falsett-Stimme lauscht, wird schnell an andere Künstler wie Bon Iver oder James Vincent McMorrow erinnert. Dabei war das Singen in höchsten Tönen bei ihm eher aus der Not geboren: "Ich habe damit angefangen, weil ich eine tiefe Sprechstimme habe und mein Stimmumfang schrecklich war. Falsetto war ein leichter Weg, meine Stimme zu verhüllen." Die hohe Kopfstimme sorgt in seinen Songs für eine gewisse Intimität, die Arrangements der Songs reichen dafür von Balladen ("Repeat Until Death") bis hin zu orchestralen Werken ("Utican", "Emigrate"). Dabei schwingt im gesamten Album eine harmonische Atmosphäre mit.
Musikvideos mit Botschaft
Die atmosphärische Ausstrahlung von Laceys Musik findet sich auch in den Videos seiner Songs wieder, die sich mit gesellschaftlichen und umweltpolitischen Themen auseinandersetzen. Das bildgewaltige Video zu "Birthplace" kommt nicht nur auf weit mehr als eine Million Klicks bei Youtube, für seine Botschaft, sich mit der Plastikverschmutzung in unseren Ozeanen auseinanderzusetzen, wurde es bereits mehrfach ausgezeichnet. Als Aktivist sehe er sich deshalb aber noch nicht, eher als Menschenfreund, "der sich mit weltumfassende Themen auseinandersetzt", sagt Lacey.
"Als ich meine Grundschule besucht habe, hat mir meine ehemalige Lehrerin für das Video gedankt, weil es helfen würde, den Kindern das Thema zu vermitteln. In den Ozeanen schwimmt so viel Plastik, der die Welt sprichwörtlich kaputt macht. Wenn man den Effekt nicht selbst erlebt, fällt es schwer, sich darum zu sorgen. Deshalb ist es toll zu hören, dass die Kinder das Thema in der Schule kennenlernen - das gab es zu meiner Zeit noch nicht."
Im Musikvideo ist Lacey selbst gar nicht zu sehen. Persönlich findet er das auch ganz gut so. Schließlich habe es ihm geholfen, "mein Ego aus meiner Musik herauszunehmen. Dadurch bin ich geringfügig auch ein besserer Mensch geworden."
Quelle: ntv.de