"Ich habe mich geschämt" Ukrainische Models packen Hilfspakete im Exil
15.03.2022, 08:14 Uhr
Valya Fedotowa vor kurzem auf ihrem Instagram-Account und im ukrainischen Ableger des Modemagazins "Elle".
Vor 14 Tagen liefen Models in Mailand auf der Fashion Week, darunter auch ukrainische - und wurden dort vom Krieg in der Heimat kalt erwischt. Was sie jetzt machen, um ihr Land zu unterstützen, erzählen Bogdana Didenko Newodnik und Valya Fedotowa.
Vor rund zwei Wochen stand Bogdana noch bei der Mailänder Fashion Week auf dem Laufsteg, nun packt die 22-jährige Ukrainerin Hilfspakete für ihre Landsleute. Denn das Model wurde in Mailand von dem russischen Angriff auf sein Heimatland überrascht und bleibt wie viele andere ukrainische Models nun erst einmal in der norditalienischen Mode-Metropole.
Die Mailänder Modewoche fand vom 22. bis zum 28. Februar statt, am 24. Februar marschierte die russische Armee in der Ukraine ein. "Ich fand es irgendwie dumm, irreal, auf dem Laufsteg zu stehen, während Menschen gerade sterben", beschreibt Bogdana Didenko Newodnik ihre Gefühle fern der Heimat angesichts des Kriegs in der Ukraine. "Ich habe mich geschämt und hatte den Eindruck, dass die Zuschauer sich nicht wirklich sorgen." Nun verfolgt Bogdana den Krieg aus dem Exil in Mailand. Wenn in ihrer ukrainischen Heimatstadt Kamianske nachts die Sirenen vor Bomben warnen, wird das Model von einer App geweckt.
Wenn es sein muss wird sie kämpfen
Im ersten Moment wollte Bogdana nach Kriegsbeginn "mit dem ersten Zug oder Bus heimkehren". Aber ihr Mann, ein Chirurg, und ihre Familie hielten die 22-Jährige davon ab. Sie versucht nun in Mailand zu tun, was sie kann. Bogdana und etwa 20 weitere freiwillige Helfer sortieren und packen Pakete mit Hilfsgütern, die im ukrainischen Konsulat in Mailand abgegeben werden. Autos und Lastwagen bringen oder holen ohne Unterlass Kartons mit Nahrungsmitteln, Medikamenten, Batterien oder Spielzeug.
"Wenn es sein muss, gehe ich zur Armee", sagt Bogdana, die von großen Modemarken als Model gebucht wird. "Es gibt dort viele Frauen, und ich bin bereit, mein Leben für die Ukraine zu riskieren." Als Jugendliche hat Bogdana Box-Unterricht genommen. "Ich hatte immer einen kämpferischen Geist", sagt sie. Und da sie in ihrer Freizeit auf einem Schießstand trainiert habe, sei sie außerdem eine gute Schützin.
Bogdanas Hass auf die Invasoren ist groß. "Die russischen Soldaten, die in mein Land eingefallen sind, terrorisieren unser Volk, sie wollen uns zerstören", sagt das Model. "Sie zeigen der ganzen Welt, dass sie nichts als Tiere, seelenlose Roboter, Tötungsmaschinen sind." So greife die russische Armee etwa Geburtsstationen an.
"Man darf auf dem Laufsteg nicht weinen"
Auch Valya Fedotowa ist erschüttert über den Krieg in ihrer Heimat. Als die 20-jährige Ukrainerin Ende Februar zum ersten Mal bei der Mailänder Modewoche lief, wäre sie wegen des Krieges fast in Tränen ausgebrochen. "Aber man darf auf dem Laufsteg nicht weinen", sagt sie. "Sie bezahlen mich dafür, und ich kann das Geld an meine Familie schicken."
In der Nacht, in der die russische Armee Valyas Heimatstadt Malyn rund hundert Kilometer von Kiew entfernt bombardierte, tat die 20-Jährige kein Auge zu. "Ich stehe immer noch unter Schock." Kurz vor dem Bombardement hatte Valya ihre Familie angefleht zu fliehen, doch nur ihre Mutter und ihre beiden Schwestern flohen in die Nähe der polnischen Grenze. Ihr Vater ist mit der Katze zu Hause geblieben. Hunderte Kilometer entfernt in einer Mailänder Wohnung, die sie mit sechs anderen ukrainischen Models teilt, macht sich Valya große Sorgen und hat nur einen Wunsch: "Dass dieser dumme Krieg endet. Ich will einfach nur ein normales Leben führen, heimkehren und meine Familie sehen."
Die Solidarität ist groß: Der 28-jährige Ukrainer Iwan Sokolowskyj, der bei einer Modefirma in Mailand arbeitet, hat sich extra Urlaub genommen, um im Konsulat beim Packen der Hilfspakete zu helfen. "Ich konnte nicht allein zu Hause die Nachrichten schauen, ich will meinem Volk helfen", sagt das Ex-Model.
Quelle: ntv.de, soe/ AFP