Bücher

Alles tut weh "Junge Frau mit Katze" - sechs Falsche im Diagnose-Lotto

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Selbst im Krankenhaus kann Ela kaum an etwas anderes denken als die Arbeit.

Selbst im Krankenhaus kann Ela kaum an etwas anderes denken als die Arbeit.

(Foto: picture alliance / PhotoAlto)

Ela ist in Schwierigkeiten: Sie steckt mitten in der Lernphase für die bislang wichtigste Prüfung ihres Lebens, als sie plötzlich krank wird. Und zwar so sehr, dass nichts mehr geht. Nur kann ihr kein Arzt sagen, was ihr fehlt. Als sie dann auch noch als Hochstaplerin aufzufliegen droht, bricht alles zusammen.

Ela ist mit ihrem Latein am Ende. Oder eher mit ihrem Japanisch. Völlig überarbeitet, steht sie kurz vor der mündlichen Verteidigung ihrer Promotion - einer Arbeit über einen weißen Hochstapler, der sich im 18. Jahrhundert als Japaner ausgegeben hat. Nun fürchtet Ela, dass ihr eigener Schwindel aufzufliegen droht. Denn, anders als ihre Prüferin missverständlich annimmt, spricht sie gar kein Japanisch. Hallosagen und Sushibestellen gehen gerade noch, mehr ist nicht drin.

ANZEIGE
Junge Frau mit Katze: Roman
114
24,00 €
Zum Angebot bei amazon.de

Zu allem Überfluss wird ihr eine begehrte Stelle an der Uni angeboten, die sie direkt im Anschluss antreten könnte. Eigentlich ein Grund zur Freude. Der Haken: Fließendes Japanisch wird vorausgesetzt. Aber das dürfte laut des Doktorvaters ja wohl kein Problem für Ela sein.

Also beginnt sie zu büffeln, versucht sich in letzter Minute Schriftzeichen und Grammatik ins Hirn zu martern, während sie sich parallel auf ihre Prüfung vorbereitet - vor der sie höllische Angst hat. Dann beginnt sie auch noch, sich in einen Kollegen zu verlieben. Der ist gleichzeitig der Sohn von Elas Prüferin und soll von alledem nichts mitbekommen.

Ela ist im Dauerstress, arbeitet und lernt ununterbrochen - und bricht zusammen. Das Herz rast und stolpert, die Kehle schnürt sich ihr zu, alles tut weh. Nichts geht mehr. Aber es muss doch gehen. Während sie zwischen Arztpraxen, Notaufnahmen und Heilerinnen umherpendelt, arbeitet sie gegen den eigenen Körper an, und gegen die Zeit. Die nahende Prüfung schwebt wie ein Damoklesschwert über ihrem schmerzenden Körper. Den Grund für ihr plötzliches Leiden kann derweil niemand ausmachen.

Rätselhafter Ganzkörperschmerz

Gegen den eigenen Körper anarbeiten: Das war bereits in Daniela Dröschers letztem Roman "Lügen über meine Mutter" Thema. Darin erzählt die damals noch kleine Ela vom Aufwachsen mit einer Mutter, die von ihrem Mann als zu dick und deshalb als Grund für dessen Unglück wahrgenommen wird. Eine Diät nach der anderen probiert sie aus und quält sich durch Fastenkuren. Ohne Erfolg. Erst eine mysteriöse Krankheit zwingt sie dazu, gnädiger und sanfter mit sich selbst umzugehen. Letztlich ist es wichtiger, Schmerzen loszuwerden, als Kilos.

ANZEIGE
Lügen über meine Mutter: Roman
2323
14,00 €
Zum Angebot bei amazon.de

Nun also schreibt Dröscher in "Junge Frau mit Katze" die Geschichte der jetzt erwachsenen Ela fort. Die Mutter findet auch hier noch statt, aber eher als Nebenfigur. Und als Erinnerung daran, wo Ela herkommt.

Dem ist sie zwar schon längst entflohen: Sie ist die erste in der Familie mit einem Hochschulabschluss, hat die Enge der Kleinstadt hinter sich gelassen und kaum noch Kontakt zum Vater. Doch die Erlebnisse aus der Kindheit, die dauerstreitenden Eltern, die unglückliche Mutter und der herrische Vater, all die Trauer, Angst und Wut scheinen Ela noch immer in den Knochen zu stecken.

Auf ihrer Behandlungszimmer-Odyssee begreift Ela, dass es Zeit ist, sich zu lösen; sich von den Altlasten zu befreien und einen neuen Zugang zu sich selbst zu finden. Als wäre sie "unverhofft auf eine lang verschüttete, innere Quelle gestoßen. Eine warme, leuchtende, wenn auch noch zart flackernde Quelle, aber eine Quelle". Ela schöpft neue Zuversicht und entscheidet sich schließlich dazu, einen drastischen Schritt zu gehen. Und einen Weg einzuschlagen, den sie lange nicht für möglich gehalten hatte.

Alles tut weh

"Junge Frau mit Katze", handelt von Schmerz und Verlustängsten und ist damit alles andere als ein Wohlfühlbuch. Es erzählt von der Lebensrealität unzähliger Menschen, für die Krankheit Alltag bedeutet. Und von Menschen, denen man ihre Schmerzen nicht ansehen kann und die im Verborgenen leiden.

Etliche Arztbesuche und ergebnislose Untersuchungen mögen auf den ersten Blick ermüdend erscheinen. Doch Daniela Dröschers autofiktionaler Roman ist viel mehr als ein Buch über Krankheiten. Es ist vor allem eine ergreifende Geschichte darüber, wie man sich selbst verlieren - und dann wiederfinden kann. Eine Geschichte voller transformativer Energie, die dazu ermutigt, auf den eigenen Körper zu hören und seinen eigenen Weg zu gehen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen