Der Nächste, bitte! Diane Kruger, zum Totlachen
21.03.2013, 13:30 Uhr
Äußerlichkeiten sollten auf keinen Fall überbewertet werden.
(Foto: dapd)
Nein, das war nicht abzusehen, dass man sich in einem Film mit Diane Kruger so amüsieren kann. "Französische Screwball-Komödie", heißt es in der Ankündigung. Bitte, lassen Sie sich nicht abschrecken, gehen Sie ins Kino, Sie werden wirklich was zu lachen haben. Und das nicht, obwohl Diane Kruger mitspielt, sondern weil sie mitspielt.
Sie ist tatsächlich so schmal und ätherisch, wie man sie sich vorstellt, sie kommt auf unglaublich hohen Schuhen ins Hotel de Rome und trägt ein Kleid, mindestens Chanel, in das sie zwei Mal hinzupassen scheint, die Taille ist sehr festgezurrt. Ihre Stimme dagegen ist recht laut, fast sogar rau, und einen leicht spöttischen Zug um den Mund hat sie. Der passt zu ihrer neuen Rolle in der wirklich witzigen Komödie "Der Nächste, bitte!" perfekt: Da in Isabelles (Diane Kruger) Familie die ersten Ehen bisher immer scheiterten, steht für Isabelle fest, dass ein "Kurzzeit-Ehemann Nr. 1" gefunden werden muss, damit sie mit ihrem Traummann Pierre in zweiter Ehe glücklich werden kann. Der leicht trottelige Reiseführerautor Jean-Yves (Dany Boon) scheint dafür geradezu ideal, bis sich herausstellt, dass sie, um ihren Plan zu verwirklichen, dem reisewütigen Jean-Yves von der heißen Steppe bis ins kalte Moskau folgen muss.
"Der Nächste, bitte!"stammt von den Machern des Überraschungs-Hits "Ziemlich beste Freunde" und bietet mit dem ungleichen Traumpaar Dany Boon und Diane Kruger Screwball-Comedy vom Feinsten. Diane Kruger ("Inglourious Basterds") kann endlich mal ihr komödiantisches Talent ausleben und Dany Boon ("Willkommen bei den Sch'tis", "Micmacs") brilliert als unmöglicher Typ an ihrer Seite, dem sie übel mitspielt und der dabei nachhaltig unser Herz gewinnt. Es geht um die absurd-komischen Seiten der Liebe - mal herrlich überdreht, mal wunderbar leise. Regisseur Pascal Chaumeil ("Der Auftragslover") ist mit dieser Komödie der perfekte Film gelungen, um sich gegen den Winterblues zu wehren. n-tv.de traf die Schauspielerin in Berlin.
n-tv.de: Es gibt eine Szene im Film, da muss die Isabelle sich furchtbar übergeben, weil sie etwas wahnsinnig eklig Aussehendes essen muss, ein Ziegenauge, aber was war das denn in Wirklichkeit?
Diane Kruger: (lacht) Ich hatte den Eindruck, dass es genau das war, was es auch darstellen sollte. Also Auge oder irgendwelche schlimmen Innereien. Ich habe mich da wirklich übergeben, hinterher, nicht nur so getan. Es waren 45 Grad, es roch schlecht, es war nicht schwer.
Die Requisite macht also nicht irgendwas Leckeres, was nur scheußlich aussieht?
Nein (lacht), leider nicht.
Und der Parabelflug, war der echt?
Nein, auch nicht. Sowas ist ja nur für Astronauten. Aber es war trotzdem cool, wir haben in einem Studio gedreht, wo wir alle das Gefühl hatten, dass wir wirklich schweben.
Sie hatten auch eine Begegnung mit einem Leoparden, heißt es ...
Die war wirlich echt! Ich stand unter der Dusche in so einer Lodge, wo alles offen ist. Es war dennoch recht überraschend, und ich habe versucht, mich ganz ruhig zu verhalten. Als ich mich in Sicherheit wähnte, wollte ich ein Foto machen, aber da war er dann schon wieder verschwunden. Wahrscheinlich, weil ich zu Dany gerufen habe: "Leopaaard! Leopaaaaard!". Eigentlich finde ich den Gedanken an den Leopard aber ganz schön, denn es ist ja äußerst selten, dass die sich überhaupt so nahe rantrauen.
Fühlen Sie sich unter Druck, die sieben oder acht Millionen Zuschauer, die "Ziemlich beste Freunde" eingespielt hat, zu knacken?
Nee, das kann man ja gar nicht vergleichen, auch wenn es dieselben Macher sind. "Ziemlich beste Freunde" war ja eher eine Sozialstudie, weniger eine Komödie ...
Naja, es war schon auch lustig ...
... in Frankreich wurde der Film eher als Sozialkritik verkauft, als ein Kommentar zu einer unmöglichen Freundschaft. Auch wenn es sie so ähnlich geben mag. Egal, ich verlasse mich darauf, dass die Produzenten ein gutes Näschen bzw. Händchen für Filmstoffe haben.
Wie stehen Sie denn überhaupt dem Genre Komödie gegenüber?
Hauptsache, das Drehbuch stimmt. Das ist das A und O. Ich habe ja wenig Erfahrung mit dem Fach und deswegen bin ich froh, dass dieses Drehbuch so perfekt war. Außerdem hatte ich Dany an meiner Seite, der hat so viel Erfahrung. Er stand mir bei, denn dieser Film hatte auch physisch seine Tücken. Es ist ja alles total "überspielt", alles muss eine Nummer größer sein.
Haben Sie das Gefühl, dass die Zuschauer und auch andere Regisseure Sie jetzt ganz neu entdecken können? Sie waren noch nie in einer Komodie zu sehen.
Ich hab davon geträumt, ich wollte sehr gerne eine Komödie machen, aber ich kenne auch meine Grenzen. Ich bin kein Louis de Funès. Und eine Stand-Up-Comedienne bin ich auch nicht. Aber ich liebe Frauen wie Cameron Diaz oder so einen Film wie "Bridesmaids" ... Das war jetzt echt befreiend für mich.
Aber an Louis de Funès sind Sie doch schon ganz nah dran ...
(lacht, macht Louis-de-Funès-Geräusche) also wirklich, ja, danke, aber naja.
Ist es schwer, über seinen Schatten zu springen in einem solchen Film?
Nein, das war das Einfachste. Früher dachte ich immer, für mich kommen nur so ganz tiefschürfende Rollen in Frage, mit vielen Emotionen, damit ich mir und der Welt beweise, dass ich das kann. Ich bin aufgewachsen mit Otto und Pierre Richard, Loriot, das hat auch meine Mutter geliebt.
Gibt es einen Unterschied zwischen amerikanischem Humor und europäischem?
Ja, sicher, viele amerikanische Filme bringen mich nicht zum Lachen. In Frankreich traut man sich mehr.
Werden deutsche Komödien in Frankreich gezeigt?
(überlegt) Ich habe noch keine gesehen. Nein.
Hat man Ihnen schon mal vorgeworfen, als Deutsche keinen Humor zu haben?
(lacht) Ja, klar, auch, dass wir alle Nazis sind ... (lacht). Das sind so dämliche Vorurteile, da geh' ich eigentlich nie drauf ein.
Werden Sie in Frankreich eher als deutsche oder als französische Schauspielerin wahrgenommen?
(lacht) Das kommt drauf an: Wenn ich in einem guten französischen Film mitspiele, dann bin ich francaise, wenn er schlecht ist, dann bin ich eher franco-allemande.
Synchronisieren Sie sich selbst?
Oft schon, aber in diesem Fall nicht, ich hatte schon wieder andere Termine. Das ist ja doch sehr zeitaufwendig.
Wie erarbeiten Sie sich denn eine Rolle? Stimmt es, dass Sie sich quasi eine eigene Biografie anfertigen?
Ja, das mache ich oft. In diesem Film nicht. Aber die Methode haben mir Ed Harris und Quentin Tarantino beigebracht. Bei "Inglourious Basterds" hat das richtig Sinn gehabt. Da waren wir mal Abendessen und Quentin hat mir die ganze Zeit erzählt, wer meine Rolle ist, wo die herkommt, was die denkt ... das hat mir sehr geholfen, es macht das Spielen leichter. Viele Szenen haben mehr Sinn für mich gehabt. Der Zuschauer sieht das natürlich nicht, aber für mich ist es einfacher. Für meine nächste Rolle habe ich das auch wieder gemacht - "The Bridge", das ist eine Mini-Serie für einen amerikanischen Kabelsender und dafür lege ich mir eine Biografie zurecht. Äh, ich spiele eine leicht gestörte Person, da ergibt das total Sinn. Wir drehen circa drei Monate.
Das Thema sexuelle Belästigung ist in Deutschland ja gerade in aller Munde. Was glauben Sie, wo hört der Flirt auf und wo fängt die Belästigung an?
Das muss jeder selbst wissen, finde ich. Diese Grenze ist für die Allgemeinheit sehr schwierig zu ziehen.
Wie war es denn, mit den Massai zu drehen?
Das war herrlich! Eine Wahnsinnserfahrung. Aber auch schwer, denn eine Kommunikation auf Englisch oder Französisch war ja nicht wirklich möglich.
Und die Hochzeitszeremonie, war die authentisch?
Ja, so geht das dort.
Auch eine Variante für Sie?
Nee, danke. (lacht laut)
Was wäre Ihre Traumhochzeitsvariante?
Keine. (lacht)
Sind Sie abergläubisch? Darum geht's ja im Film.
Überhaupt nicht, auch wenn man das Schauspielern immer nachsagt.
Was sagen Sie zu Depardieus Entscheidung, nicht mehr in Frankreich leben zu wollen?
(zuckt mit den Schultern) Ach, ja, ein Skandal. Das muss er ja wissen.
Sind Sie mehr Französin, Deutsche oder Amerikanerin?
Schwierig. Ich komme aus Deutschland, habe lange in Frankreich gelebt, aber jetzt bin ich meist in Amerika. Zu Hause bin ich aber in Europa. Vor allem Paris.
Machen Sie manchmal verrückte Sachen im Namen der Liebe?
Andauernd (lacht), aber das kann ich natürlich nicht alles erzählen. Aber jetzt, beim Dreh, bin ich einmal für 46 Stunden von Kenia nach Vancouver geflogen, das war nicht unbedingt schlau, aber nötig! (lacht)
Mit Diane Kruger sprach Sabine Oelmann
Der Film "Der Nächste, bitte!" startet am 21. März in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de