Muss man gehört haben John Carpenters Soundtrack fürs Kopfkino
10.02.2015, 16:49 Uhr
Wie könnte ich eine Inspiration sein?
Als Großmeister des Horrorfilms sorgt Regisseur John Carpenter oft nicht nur für die Vision, sondern auch den Sound. "Halloween" oder "Der Anschlag" sind Klassiker des Genres. Mit seinem Debütalbum "Lost Themes" lässt er die Musik für sich stehen.
Der Grand Seigneur des Horrorfilms meldet sich zurück. Nicht etwa jedoch mit einem neuen Film - der letzte, "The Ward", datiert von 2010 - sondern mit seinem ersten echten Album. Dass Film aber auch hier ein Thema für John Carpenter bleibt, sagt schon der Titel: "Lost Themes". Ein wenig irreführend beinah, sind dies doch keine verlorenen Soundtracks, die nun das Licht der Welt erblicken, sondern ganz neue Arbeiten des 67-jährigen Altmeisters. Wenn überhaupt etwas "lost" ist, dann sind es die Filme dazu.
Von je her hat Carpenter nicht nur als Regisseur gearbeitet, sondern oft auch als sein eigener Soundtrack-Komponist. Das war nicht nur effizient und kostengünstig, sondern sorgte nebenbei für einige der düstersten Scores des Thriller- und Horror-Kinos der 70er- und 80er-Jahre. Grandios, wie sein sich nach vorn windendes, schlichtes Klaviermotiv der "Halloween"-Titelmelodie auch heute noch die Nackenhaare aufstellt. Nicht minder bedrohlich und voller Atmosphäre der Synthie-Score zum Belagerungs-Krimi "Der Anschlag", im Original "Assault on Precinct 13" (1976). Später unterlegte er zahlreiche seiner Klassiker wie "Die Klapperschlange" (1981) oder "Sie leben" (1988) mit der passenden Musik.
Der Junge soll Violine lernen
Mit diesem musikalischen Portfolio war Carpenter, mit etwas Verspätung zwar, aber dennoch einem Wunsch des Vaters mehr oder weniger nachgekommen. "Der Junge soll Violine lernen", hatte Carpenter senior, Musikprofessor an der New Yorker Eastman School of Music, früh befunden. Der Mangel an Talent stand dem jedoch im Wege, später versuchte Carpenter junior sich als Bassist einer Band namens Kaleidoscope. Mit seinem Kinodebüt "Dark Star" (1974) verdingte er sich dann nicht nur als Regisseur, sondern startete auch eine Karriere als Komponist.
Sein Einfluss - auf artverwandte Soundtracks ebenso wie auf Industrial-Bands vom Schlage Nine Inch Nails oder Ministry - ist dabei nicht zu unterschätzen, auch wenn der Meister selbst tiefstapelt: "Wie könnte ich eine Inspiration sein? Ich kann ja nicht mal spielen". Das mag vielleicht stimmen, aber es ist wohl diese pragmatische Einschätzung, die die Basis der ebenso schlichten wie effektiven Soundmalerei bildet: Einzelne Basstöne bilden oft die Grundierung, darauf entfaltet Carpenter einen Sog aus schwebenden Klängen und repetitiven Tonfolgen, denen man sich nur schwer entziehen kann.
Ein Prinzip, das heute noch gilt, auch wenn die Arbeitsweise sich ein wenig geändert hat. In diesen Tagen arbeitet er mit seinem Sohn Cody am musikalischen Output und das in einem entspannten Mix aus Computerspiele zocken und Keyboards programmieren.
Das Album, das nun dabei entstanden ist, dockt fast schon unheimlich-zeitlos an den typischen Carpenter-Sound an. Düstere Klangwände, spukhafte Einzeltöne bestimmen oft das Bild. Gleichzeitig nimmt Carpenter, etwa im Opener "Vortex", den Ball aus den Reihen der Industrial-Bands wieder auf, und überrascht mit sägenden Gitarrenriffs. An anderer Stelle klingen gar die Beach Boys zu "Pet Sounds"-Zeiten durch ("Obsidian").
Die Bilder, die dabei im Kopf entstehen, sind ebenso typisch Carpenter: Endzeit-Stimmung, Nebelwände, Pfützen auf dem Asphalt, blitzende Messer und dunkle Gestalten - der Film läuft dort, wo Carpenter ihn haben will: "Diese Musik ist für das Kino in Deinem Kopf. Mach das Licht aus, die Musik an und spiel' deinen eigenen Film ab", so der Serviervorschlag des Meisters persönlich. Ein weiteres Album ist bereits im Entstehen, der Titel: "Dark Blues".
Quelle: ntv.de