"Nach außen wirkt das sehr warm" Yusuf alias Cat Stevens schließt den Kreis
16.09.2017, 15:10 Uhr
Plant, aber nicht zu weit voraus: Yusuf (Cat Stevens).
(Foto: Danny Clinch)
Er ist eine britische Singer-Songwriter-Legende: Yusuf / Cat Stevens. Jetzt veröffentlicht er sein neues Album "The Laughing Apple" - am selben Tag, an dem auch 50 Jahre zuvor sein Debütalbum "Matthew And Son" erschien. Mit "See What Love Did To Me" präsentierte der Brite eine erste Hörprobe aus dem neuen Werk. In diesem Song steckt der Klang der 1960er- und 1970er-Jahre: Eine Akustik-Gitarre, auf der die Worte des 69-Jährigen beinahe zu schweben scheinen. Der Folk-Pop-Song basiert auf einem Gedicht des türkischen Poeten Yunus Emre und handelt von der "Tugend der Liebe und ihrer Kraft, die Dinge zu verändern". Mit "The Laughing Apple" baut Yusuf / Cat Stevens nun eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart: Das Album enthält sowohl neue Songs als auch neu überarbeitete Klassiker seiner ersten Alben. Zuerst aber zeigt Yusuf mir die Bilder, die er zum Album gemalt hat.
n-tv.de: Oh wie schön! Zu jedem Song ein Bild.
Yusuf: Ja. Das da bin ich ...
... und das sind drei der acht Enkelkinder?
Ja (lacht). Alle habe ich dann nicht geschafft zu zeichnen.
Das Album heißt "The Laughing Apple". Kicherndes Obst?
Ja, ja, der Apfel ist eine optimistische Frucht, finde ich. Er wirkt unängstlich, hat viele Talente (lacht).
"One apple a day keeps the doctor away" ...
Ja, genau, auch das. Nein, es hat eher was mit dem Album "Tea For The Tillerman" zu tun. Ich habe mir aus irgendeinem Grund vorgestellt, dass dieser Steuermann früher mal Äpfel geerntet hat.
Seit wann malen Sie denn?
Oh, das war eigentlich mein erster Berufswunsch. Ich liebte diese Disney-Zeichnungen und Cartoons - vor allem politische, deswegen war das mein größter Wunsch. Aber da wäre ich verhungert (lacht). Und so fing ich mit der Musik an. Es war diese Zeit in den Sechzigern, wo man sich eine Gitarre kaufte und Geschichten erzählte, und ich fand, das kann ich doch besser als zeichnen.
Was haben sie als Junge gemalt?
Ich war fasziniert von Gesichtern. Immer nur Gesichter.
Wir gucken auf eine 50 Jahre andauernde Karriere zurück, mit vielen Höhen und Tiefen. Fühlt sich das nicht an wie mehrere Leben?
Ja, stimmt eigentlich, als hätte ich mehrere Generationen erlebt. Jetzt im Alter habe ich mehr Wissen und vielleicht sogar ein bisschen Weisheit. Und man kann nicht mehr die Dinge tun, die man früher getan hat. Aber ich habe doch das Gefühl, dass ich immer mein Bestes gegeben habe. Und wenn ich zurückblicke, dann sehe ich das Album meines Lebens, das ich mit vielen anderen Menschen teile. Und vielleicht gibt es auch bald das Buch meines Lebens ...
Sie schreiben eine Autobiografie?
Ja, und ich hoffe, dass ich endlich mal damit fertig werde (lacht). Nächstes Frühjahr.
Sind Sie jemand, der auch mal bedauernd zurückblickt, oder leben Sie immer in der Gegenwart?
Das Einzige, was ich wirklich bedauere, ist meine Unterstützung für Arsenal London, weil die sich so schlecht anstellen in letzter Zeit (lacht). Nein, ganz ehrlich: Ich bedauere nicht einmal die Fehler, die ich gemacht habe, denn die haben mich zu dem gemacht, der ich jetzt bin. Sie gehören zu mir. Das gehört zu meiner Lernkurve. Und was ich vor allem gelernt habe, ist, dass man keine Vorurteile haben sollte. Damit kommt man viel leichter, viel freier durchs Leben. Das ist mir das Wichtigste.
Sie reisen viel - wie sehen Sie Deutschland von außen?
Oh, Deutschland steht wirklich gut da: stabil, sauber, organisiert. Ich mag das Deutsche, ich habe eine schwedische Mutter und da ist sich vieles ähnlich. Wobei Deutschland vielfältiger ist, kulturell gesehen. Liberaler. Und wärmer und heller (lacht). Mir ist völlig klar, dass ihr viele Probleme mit eurer Flüchtlingspolitik bekommen habt, aber nach außen wirkte das alles sehr warm, sehr "welcoming", und auch stabil trotz allem. Man traut Deutschland einfach eine Menge zu.
Wir lieben diese Musik der Singer und Songwriter - wir assoziieren damit die Sechzigerjahre, die Freiheit, die Liebe, Drogen, Peace und so weiter. Wir wissen genau, wie die Sechziger klingen. Aber wie klingt 2017?
Der Sound von heute ist High-Sonic. Sehr professionell. Es gibt unglaubliche Sounds, keine Ahnung, wie die hergestellt werden. Wir haben eine große Sehnsucht nach Leuten, die echt wirken, so wie Adele. Sie schafft es, realistisch zu klingen, wiedererkennbar. Und so authentisch, dass man sie nicht abkupfern kann. Talent wird sich immer durchsetzen. Aber es wird schwerer, lange erfolgreich zu sein.
Was empfehlen Sie dann jungen Musikern für eine lange, erfolgreiche Karriere?
Mache das als Hobby! Ehrlich! Wenn man sich zu sehr bemüht, dann klappt das meist nicht. Wenn man unbedingt populär sein will, macht man sich eher unbeliebt. Verkaufe dich nicht, deine Seele schon gar nicht.
In einem Ihrer Songs, in "Mighty Peace", singen Sie, Sie wären gern wieder ein Kind.
Den Song habe ich geschrieben, als ich 15 war. Das war der erste Song, bei dem ich ein gutes Gefühl hatte. Dennoch habe ich ihn erst jetzt veröffentlicht. Weil ich erst jetzt bereit dazu war. Und außerdem habe ich dieses innere Kind noch immer in mir. Auf der anderen Seite habe ich Enkel und ich kann jetzt loslassen.
Können Sie Kritik gut wegstecken?
Nein, nicht besonders gut. Aber ich mach' einfach weiter. Zu meinen Lieblingssongs gehört "Don't Let Me Be Misunderstood" von einer meiner Lieblingssängerinnen, Nina Simone. Dieser Song ist meine Hymne. Über manche Dinge habe ich keine Kontrolle. Dann versuche ich erst recht, dass es an mir abperlt.
Wann gehen Sie auf Tour?
Oh, erstmal in Afrika, glaube ich. Ich bin aber immer wieder erstaunt, wie weit die Leute in die Zukunft planen.
Klingt weise.
Ich versuche ab und an, so zu klingen (lacht).
Mit Yusuf / Cat Stevens sprach Sabine Oelmann
Quelle: ntv.de