
Tanzt sich die schlimmen Erinnerungen aus dem Kopf: Kommissarin Schmitz (Florence Kasumba).
(Foto: NDR/Manju Sawhney)
Geheime Bundeswehr-Programme zur Bewusstseinskontrolle, futuristische Superhelme und eine furchtbar böse Rüstungsfirma namens Elbstahl: Im neuen "Tatort" mit Maria Furtwängler werden jede Menge Verschwörungstheorien zu einem bunten Brei zusammengemischt. Ob der am Ende auch schmeckt? Lesen Sie selbst.
Dieser "Tatort" beginnt mit einem echten Showdown: Kommissarin Lindholm (Maria Furtwängler) wird von einem scheinbar wahnsinnig gewordenen Bundeswehrveteranen mit dem Messer bedroht, ihre Kollegin Schmitz (Florence Kasumba) weiß sich nur noch mit einem finalen Rettungsschuss zu helfen. Das Blut spritzt, der Geiselnehmer geht zu Boden, die Situation ist gerettet - aber in der Psyche der beiden Polizistinnen rumort es jetzt erst recht.

Kommissarin Lindholm (Maria Furtwängler) und der Ehemann ihrer Kollegin (Daniel Donskoy) kommen sich näher.
(Foto: NDR/Manju Sawhney)
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) heißt die psychische Erkrankung, die bisweilen nach extrem belastenden Ereignissen auftritt und sich in Form von Angstträumen und krassen Flashbacks äußert - und die nun anscheinend auch die beiden Kommissarinnen ereilt hat, jedenfalls hören sowohl Schmitz als auch Lindholm nach dem dramatischen Ereignis Stimmen. Dass PTBS schon so kurz nach der traumatischen Erfahrung auftritt, ist zwar höchst unwahrscheinlich, die verzögerte Reaktion ist schließlich eines der Hauptsymptome. Das wird in "Krieg im Kopf" zugunsten der Erzählung aber leider wegignoriert - zusammen mit einer ganzen Reihe anderer Ungereimtheiten macht das aus diesem Möchtegern-Thriller ein ziemlich lahmes Fernseherlebnis.
"Operation Artischocke"
Drehbuchautor Christian Jeltsch hat in diesem Göttinger "Tatort" einen bunten Strauß militärischer Geheimbündeleien zusammengemischt: Es geht um ein geheimes Programm der Bundeswehr, um einen futuristischen Superhelm, um CIA-Programme zur Bewusstseinskontrolle und hochfrequente Schallwellen, die Menschen in den Wahnsinn treiben sollen. Jeder einzelne Aspekt hat dabei ein reales Vorbild - im echten Leben heißt die beteiligte Rüstungsfirma nur nicht Elbstahl, sondern eben Rheinmetall und liefert der Bundeswehr moderne Soldatensysteme namens "Infanterist der Zukunft". Und tatsächlich gab es im Kalten Krieg ein CIA-Programm zur Gehirnwäsche mit Namen "Operation Artischocke".

Ermitteln im Bundeswehr-Milieu: Schmitz (Florence Kasumba, l.) und Lindholm (Maria Furtwängler).
(Foto: NDR/Manju Sawhney)
Allerdings gilt wie beim kulinarischen Pendant auch in diesem Fall: Zu viele Verschwörungstheorien verderben den Brei. Und weil in diesem Göttinger "Tatort"-Brei so wahnsinnig viele davon verarbeitet wurden, ist er eben auch nicht besonders bekömmlich. Das hat leider auch mit der unglücklichen Kombination der beiden Hauptdarstellerinnen zu tun: Zwei starke Frauen, die nicht schwach sein können, obwohl sie es eigentlich dringend nötig hätten, das ist zwar ein vielversprechender Ansatz, in der Realität nerven die Zickereien zwischen der anstrengend aggressiven Schmitz und der enervierend kühlen Lindholm aber nur.
"Krieg im Kopf" möchte gerne ein regierungskritischer Verschwörungsthriller nach amerikanischem Blockbuster-Vorbild sein, scheitert aber an seinen eigenen Ambitionen und der schlimmen Klischeehaftigkeit der Story. Mit ein bisschen mehr Mühe beim Drehbuchschreiben und Abdrehen dieses Streifens hätte dieser "Tatort" für sehr gefällige 90 Minuten herhalten können, so aber sei den Zuschauern eine Bewältigungsstrategie von Kommissarin Schmitz nahegelegt: "Ich hatte mir die Kante gegeben, manchmal brauche ich sowas."
Quelle: ntv.de