Siegburger Foltermord 15 Jahre Haft für Pascal I.
04.10.2007, 06:43 UhrFür den Foltermord an einem Häftling im Jugendgefängnis Siegburg sind drei junge Mitgefangene zu Freiheitsstrafen von zehn bis 15 Jahren verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter am Landgericht Bonn, Volker Kunkel, sagte in der Urteilsbegründung, die Männer hätten in der Gemeinschaftszelle "ein Klima der Todesangst erzeugt und aufrechterhalten". Doch auch die schwierigen Haftbedingungen wurden berücksichtigt.
Die Häftlinge hätten den Mord aus Grausamkeit, niederen Beweggründen und zur Verdeckung einer Straftat - der Folterung und Vergewaltigung des Opfers - verübt, hieß es. Die drei Angeklagten hatten den 20-jährigen Hermann H. in ihrer Zelle fast elf Stunden lang gequält und ihn schließlich gezwungen, sich selbst zu erhängen.
Die längste Haftstrafe von 15 Jahren erhielt der 20-jährige Pascal I., den die Staatsanwaltschaft als "eiskalt und selbst nach der Tat noch taktierend" beschrieben hatte. Der Forderung nach lebenslanger Haft entsprach das Gericht nicht, weil der Angeklagte irgendwann möglicherweise doch wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden könne. Es gebe "noch einen Hoffnungsschimmer", weil der 20-Jährige "noch prägbar" sei, sagte Kunkel.
Danny K., der zur Tatzeit noch nicht volljährig war, erhielt die nach dem Jugendstrafrecht höchste Strafe von zehn Jahren. Das Gericht beschrieb den heute 18-Jährigen als "Initiator und Ideengeber" des Verbrechens. Er habe auch als erster gesagt, man müsse Hermann H. "weghängen". Der Anwalt des Verurteilten kündigte Revision an.
Der dritte Täter, Ralf A. (21), wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt. Ihm rechnete das Gericht an, dass er sich an der Vergewaltigung des Opfers nicht beteiligt hatte, was darauf hindeute, dass er noch Grenzen kenne.
Kunkel wies zudem darauf hin, die Taten seien "durch gruppendynamische Kräfte entscheidend gefördert" worden. Die Täter hätten sich gegenseitig angestachelt; niemand habe "als Feigling dastehen" wollen. Außerdem habe das Eingeschlossensein zu viert erheblichen Stress verursacht: "Die Taten wurden durch die Zellensituation begünstigt", sagte Kunkel.
Der qualvolle Mord von Siegburg hatte im vergangenen Jahr deutschlandweit Aufsehen erregt. In Nordrhein-Westfalen richtete der Landtag einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung ein. Der Leiter der Haftanstalt wurde abberufen. Als Reaktion auf den Foltermord wird in dem Bundesland erstmals seit 30 Jahren ein neues Jugendgefängnis gebaut. Es soll eine getrennte Unterbringung von Jugendlichen und Erwachsenen ermöglichen.
Dreier- und Viererbelegungen sind im nordrhein-westfälischen Jugendstrafvollzug seit dem Vorfall in Siegburg verboten. Ende des Jahres soll ein neues Jugendstrafvollzugsgesetz in Kraft treten, das ein Recht auf Einzelunterbringung festschreibt. Außerdem wurde das Amt eines Ombudsmanns eingerichtet, an den sich Gefangene, aber auch Justizvollzugsbeamte oder Angehörige wenden können.
Quelle: ntv.de