Panorama

Peking holt Wuhan-Bürger zurück Auswärtiges Amt warnt vor China-Reisen

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Weil sich das Coronavirus rasant ausbreitet, raten Deutschland und die USA von Reisen nach China ab. Chinesen dagegen kommen wegen eingestellter Flüge nicht zurück in ihre Heimat. Und die Bundesärztekammer warnt: Deutsche Krankenhäuser seien nicht ausreichend vorbereitet.

Wegen der rasanten Ausbreitung der Lungenkrankheit rät das Auswärtige Amt von Reisen nach China ab. "Verschieben Sie nach Möglichkeit nicht notwendige Reisen nach China", heißt es in neuen Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes. Vor einem Besuch in der schwer betroffenen Provinz Hubei wird ausdrücklich gewarnt. Noch deutlicher rief die US-Regierung ihre Staatsbürger dazu auf, nicht mehr nach China zu reisen. Auch sollten Amerikaner in China die Ausreise erwägen. Der US-Reisehinweis für China wurde auf die höchste von vier Warnstufen hochgesetzt: "Nicht reisen."

Die Infektionen und Todesfälle stiegen zuletzt so stark an wie noch nie innerhalb eines Tages. Die Zahl der Patienten mit dem neuartigen Coronavirus kletterte um 1981 auf 9692, berichtete die Gesundheitskommission in Peking. Die Zahl der Toten stieg um 42 auf 213. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte am Donnerstagabend die Ausbreitung des Virus zu einer "gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite". Die 190 Mitgliedsländer werden damit die von der WHO empfohlenen Krisenmaßnahmen untereinander koordinieren. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, das Ausrufen einer Notlage durch die WHO werde dazu führen, dass sich alle Länder noch besser abstimmten. Dies sei auch ein Signal an Länder in der Nachbarschaft Chinas oder in Afrika, die Aufmerksamkeit zu erhöhen, sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Mit Blick auf Deutschland sagte Spahn, die Behörden gingen sehr wachsam, aber angemessen mit der momentanen Situation um. Wichtig sei, schnell Infektionsketten zu unterbrechen. "Ein Gesundheitswesen wie unseres kann das", sagte Spahn auch zu der fünften Infektion in Bayern. 

Er stritt mit dem Fernsehmediziner Johannes Wimmer, der die Lage bedrohlicher einstufte. Ein Viertel aller, die wegen des Coronavirus im Krankenhaus seien, müssten letztlich auf die Intensivstation, sagte Wimmer. "Momentan haben wir einfach wirklich das Glück auf unserer Seite - das kann ganz schnell kippen." Auch die Bundesärztekammer hält die deutschen Krankenhäuser für nicht ausreichend auf das Virus vorbereitet. Optimal für Patienten mit diesem Virus seien Einzelzimmer mit Vorschleusen, von denen es aber nicht mehr sehr viele gebe, sagte die Pandemie-Beauftragte der Kammer, Susanne Johna, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Zahl dieser Zimmer sei im vergangenen Jahrzehnt aus Kostengründen reduziert worden. Johna erläuterte ferner, dass bei dringendem Behandlungsbedarf sogenannte Einzelboxen auf Intensivstationen benötigt würden, um die Übertragungsgefahr zu minimieren. Auch davon gebe es aus Kostengründen zu wenige.

Rückholflug startet am Samstag

Für einen geplanten Rückholflug von 90 bis 100 Deutschen aus der Metropole Wuhan bemüht sich das Auswärtige Amt, die Voraussetzungen mit den Behörden zu klären. Auch die USA, Japan und andere Länder haben Staatsbürger aus Wuhan geholt oder planen Rückholaktionen. Konsularbeamte informierten Deutsche in Wuhan, dass das Flugzeug voraussichtlich am Samstag nach Frankfurt fliegen soll. Die Rückkehrer sollen 14 Tage lang auf dem Luftwaffenstützpunkt Germersheim in Rheinland-Pfalz in Quarantäne, wie zuerst die Zeitungen des Medienhauses VRM berichteten.

Viele Airlines wie auch die Lufthansa haben ihre Flüge nach China bereits ausgesetzt. Aus diesem Grund kündigte Peking eine Rückholaktion für im Ausland gestrandete Landsleute an, die aus Wuhan stammen. Außerhalb der Volksrepublik sind schon mehr als 120 Infektionen in rund 20 Ländern festgestellt worden. In Deutschland bestätigte das bayerische Gesundheitsministerium am Donnerstagabend einen fünften Fall. Der Patient ist ein Mitarbeiter der Firma Webasto aus dem Landkreis Starnberg, bei der auch die vier zuvor bekannten Infizierten beschäftigt sind. Die Ansteckung ging von einer Kollegin aus China aus, wo jetzt jede Provinz und Region betroffen ist. Mit fast 10.000 Fällen weltweit zählt der Ausbruch der "akuten Atemwegserkrankung", wie sie offiziell genannt wird, schon deutlich mehr Infektionen als vor 17 Jahren die ebenfalls von China ausgegangene Sars-Pandemie mit - laut WHO - 8096 Infektionen. Durch das "Schwere Akute Atemwegssyndrom" (Sars) 2002/2003 starben 774 Menschen.

Der neue "2019-nCoV"-Erreger ist eine Variante des damaligen Sars-Virus. Vermutlich stammt auch er von Wildtieren. Noch sei die Zahl der Infektionen außerhalb Chinas relativ gering, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus nach der Sitzung eines Expertenausschusses in Genf, auf der die Notlage ausgerufen wurde. Aber man wisse nicht, welchen Schaden das Virus in einem Land mit einem schwachen Gesundheitssystem anrichten würde. "Wir sitzen alle im selben Boot", sagte Tedros. Das Virus könne nur gemeinsam aufgehalten werden. "Das ist die Zeit für Fakten, nicht Angst." 

China gibt sich optimistisch

In einer Reaktion zeigte sich Chinas Außenministerium zuversichtlich, die Ausbreitung der Lungenkrankheit in den Griff kriegen zu können. "Wir sind absolut zuversichtlich und in der Lage, den Kampf gegen diese Epidemie zu gewinnen", sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying in Peking. China werde auf "transparente und verantwortungsvolle Weise" die betroffenen Parteien stets umgehend informieren. 

Die Elf-Millionen-Stadt Wuhan und die umliegende Provinz Hubei sind besonders schwer von der Epidemie betroffen. Rund 45 Millionen Menschen sind dort praktisch von der Außenwelt abgeschottet, indem Verkehrsverbindungen gekappt wurden. Südkorea holte am Morgen eine erste Gruppe von Landsleuten aus Wuhan heim. In Seoul landete ein Charter-Flugzeug mit mehr als 350 Südkoreanern, die unter Quarantäne gestellt werden. Weitere 350 Südkoreaner warten noch darauf, auch ausgeflogen zu werden. Auch Japan flog weitere 149 Staatsbürger aus.

Die Zahl der nachweislich Erkrankten steigt in China jetzt jeden Tag um mehr als Tausend. Vor gut zwei Wochen waren erst 40 Fälle gezählt worden. Reisende aus China haben das Virus ins Ausland getragen, wo es jetzt wie in Deutschland auch zu Ansteckungen kommt. Betroffen sind auch Thailand, Japan, Singapur, Australien, Hongkong, Malaysia, die USA, Finnland, aber auch Indien und die Philippinen. Das Virus ist tückisch, weil Infizierte schon ansteckend sind, selbst wenn sie keine Symptome zeigen und nicht wissen, dass sie erkrankt sind.

Quelle: ntv.de, ftü/dpa/AFP

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