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Verstöße gegen Lockdown Bayern können unberechtigte Corona-Bußgelder zurückfordern

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Während der verhängten Lockdowns in Bayern waren die Straßen wie hier in München vielfach wie leergefegt. Einige wagten sich dennoch vor die Tür, und mussten dafür Bußgelder zahlen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Corona-Maßnahmen sind zu Beginn der Pandemie in Bayern mit am schärfsten. So müssen dort Tausende Bußgelder für Verstöße zahlen. Das Bundesverwaltungsgericht erklärt 2022 die Maßnahmen für unverhältnismäßig. Nun dürfen einige der einstigen "Sünder" ihre Bußgelder zurückfordern.

Nach der Niederlage der Staatsregierung vor dem Bundesverwaltungsgericht Ende 2022 können Bürgerinnen und Bürger bestimmte unberechtigt verhängte Corona-Bußgelder nun zurückfordern. Konkret geht es um Fälle, in denen Menschen zu Beginn der Pandemie zur Kasse gebeten wurden, weil sie alleine oder mit Angehörigen ihres Haushalts ihre Wohnung verließen und sich im Freien aufhielten. Innerhalb des Zeitraums vom 1. bis zum 19. April wurden 150 Euro für das Verlassen der eigenen Wohnung ohne triftigen Grund fällig. Das teilte das Gesundheitsministerium nach Prüfung der inzwischen vorliegenden Urteilsbegründung mit.

Die Betroffenen - dies dürften bayernweit einige Tausend sein - können die Rückzahlung demnach ab sofort formlos bei den damals zuständigen Behörden beantragen. "Beim Thema Rückzahlungen setzen wir auf ein möglichst einfaches Vorgehen", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek. "Die Anträge auf Rückzahlung werden nun unbürokratisch abgearbeitet."

Wenn das Bußgeld per Bußgeldbescheid verhängt wurde, entscheiden laut Ministerium die Bezirksregierungen über die Rückerstattungen. Die Anträge können dann bei den Kreisverwaltungsbehörden, die den Bußgeldbescheid erlassen haben, oder direkt bei der für die jeweilige Kreisverwaltungsbehörde zuständigen Regierung eingereicht werden.

Wurde das Bußgeld hingegen von einem Gericht ausgesprochen, sind die Justizbehörden für die Entscheidung über die Rückerstattung zuständig. "In diesen Fällen wird empfohlen, den Antrag bei dem Gericht, das in erster Instanz über die Geldbuße entschieden hat, oder bei der für dieses Gericht zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen", so die Erläuterung des Gesundheitsministeriums.

FDP beklagt Respektlosigkeit gegenüber Bürgern

FDP-Fraktionschef Martin Hagen reicht das nicht: "Die Staatsregierung sollte die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zumindest proaktiv über die Möglichkeit einer Rückzahlung informieren lassen, soweit dies durch die Verwaltungsbehörden bei vorliegenden Daten über die Bußgeldbescheide möglich ist." Immerhin habe auch die Staatsregierung den Fehler zu verantworten. "Zuerst werden die Menschen rechtswidrig zu Hause eingesperrt und jetzt sollen sie auch noch selbst ihrem Geld hinterherlaufen - das ist respektlos gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern."

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Ende November 2022 geurteilt, dass die strengen Ausgangsbeschränkungen des Freistaats im April 2020 unverhältnismäßig und unwirksam waren. "Das ganztägig und damit auch während der Tagstunden geltende Verbot, die eigene Wohnung zum Verweilen im Freien zu verlassen, war ein schwerer Eingriff in die Grundrechte der Adressaten", entschieden die Verwaltungsrichter. Die Staatsregierung hatte daraufhin eine Rückzahlung von unberechtigt verhängten Bußgeldern angekündigt - aber erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe des Bundesverwaltungsgerichts.

22.000 Bußgelder verhängt

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Insgesamt waren im fraglichen Zeitraum - vom 1. bis 19. April 2020 - bayernweit rund 22.000 Bußgelder wegen Verstößen gegen die damalige Ausgangsbeschränkung verhängt worden. Nur ein Teil der Betroffenen - die genaue Zahl ist unklar - kann aber nun auf Rückzahlung hoffen: eben wenn sie ein Bußgeld explizit deshalb bezahlen mussten, weil sie ihre Wohnung damals verließen, "um alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands im Freien zu verweilen". Holetschek betonte, dass in allen anderen Fällen keine Geldbußen zurückgezahlt würden. Etwa wenn Bußgelder verhängt wurden, weil Menschen die eigene Wohnung verlassen haben, um andere zu treffen oder gar Partys zu feiern.

Grundsätzlich hält die Staatsregierung ihren damaligen Kurs immer noch für richtig. "Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig lässt sich entnehmen, dass gegen die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung im Allgemeinen als Mittel der Pandemiebekämpfung keine Bedenken bestehen", argumentierte Holetschek. "Das bestätigt grundsätzlich unsere damalige Entscheidung, die Ausbreitung des Virus mit dem Mittel der Ausgangssperre zu verlangsamen." Es sei zu Beginn der Pandemie besonders wichtig gewesen, rasch und entschlossen zu handeln. "Dabei war unser Ziel immer der Schutz von Menschenleben."

Quelle: als/dpa

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