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Keine Beweise für Morde "Bloody Sunday" - Gericht erklärt britischen Ex-Soldaten für unschuldig

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Britische Soldaten schießen am 30. Januar 1972 auf Teilnehmer eines katholischen Protestmarschs. Die Konterfeis der Opfer werden hier bei einer Trauerprozession gezeigt.

Britische Soldaten schießen am 30. Januar 1972 auf Teilnehmer eines katholischen Protestmarschs. Die Konterfeis der Opfer werden hier bei einer Trauerprozession gezeigt.

(Foto: picture alliance/dpa/PA Wire)

Der "Bloody Sunday" bleibt eines der dunkelsten Kapitel des Nordirland-Konflikts. Britische Soldaten erschießen 14 Zivilisten bei einem Bürgerrechtsmarsch im Jahr 1972. Bisher wird überhaupt nur ein Soldat dafür angeklagt - und nun auch noch freigesprochen.

Ein Gericht in Belfast hat einen wegen der Ermordung von Zivilisten im Nordirland-Konflikt angeklagten früheren britischen Soldaten freigesprochen. Der im Zusammenhang mit dem "Bloody Sunday" von 1972 angeklagte ehemalige Fallschirmjäger sei in allen sieben Anklagepunkten nicht schuldig, urteilte der Richter. Die Beweislage reiche für eine Verurteilung bei Weitem nicht aus, sagte Richter Patrick Lynch am Belfast Crown Court.

Der als "Soldat F" bezeichnete Angeklagte, der anonym bleiben wollte, musste sich seit Mitte September vor dem Gericht in Belfast wegen zweifachen Mordes und fünffachen Mordversuches verantworten. Er wurde in dem einmonatigen Verfahren in Belfast nicht als Zeuge gehört. Das Gericht hörte eine Aussage des Mannes bei der Polizei aus dem Jahr 2016, in der er sagte, er sei sicher, an dem Tag ordnungsgemäß seine Pflicht erfüllt zu haben, könne sich aber an die Ereignisse nicht mehr verlässlich erinnern.

Soldat F war der einzige von 15 britischen Soldaten, der sich wegen des Massakers je vor Gericht verantworten musste. Angehörige der Opfer kündigten an, ihren juristischen Kampf fortzusetzen. Der Vertreter eines Veteranenverbands äußerte hingegen die Hoffnung, das Urteil werde einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung ziehen.

Die nordirische Regierungschefin, die katholische Politikerin Michelle O'Neill, reagierte empört auf den Freispruch. Dass den Familien der Opfer des "Bloody Sunday" immer wieder Gerechtigkeit verwehrt werde, sei "zutiefst enttäuschend", erklärte O'Neill, die der irisch-republikanischen Sinn-Fein-Partei angehört.

In Derry/Londonderry hatten Soldaten eines britischen Fallschirmjägerbataillons am 30. Januar 1972 auf Teilnehmer eines katholischen Bürgerrechtsmarschs geschossen. 13 Menschen wurden getötet, ein weiteres Opfer starb Monate später. Es dauerte fast 40 Jahre, bis die britische Regierung im Jahr 2010 eingestand, dass die Soldaten das Feuer auf die Menge eröffnet hatten und nicht umgekehrt - und dass die Demonstranten unbewaffnet waren.

Die als "Bloody Sunday" in die Geschichte eingegangene Gewalttat war eines der schlimmsten Kapitel im jahrzehntelangen Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten in der britischen Provinz. Sie hatte viele junge Katholiken in die Arme der paramilitärischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA) getrieben, die mit Waffengewalt für eine Vereinigung Nordirlands mit Irland kämpfte. In dem drei Jahrzehnte andauernden Konflikt wurden mehr als 3500 Menschen getötet. Er endete erst mit dem Karfreitagsabkommen von 1998.

Quelle: ntv.de, mwa/dpa/rts/AFP

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