Bildungsschere geht auseinander Deutschland hat mehr Uniabsolventen und Menschen ohne Abschluss
09.09.2025, 11:36 Uhr Artikel anhören
In Deutschland wird seit Jahren deutlich öfter studiert als früher. Der Durchschnittswert der OECD-Staaten wird aber deutlich verfehlt.
(Foto: picture alliance/dpa)
In den letzten Jahren erfolgt in Deutschland so etwas wie eine zweite Bildungsexpansion. Der Anteil von Menschen mit einem Hochschulabschluss nimmt zu. Allerdings wächst auch die Zahl derer, die ohne Abschlüsse bleiben. Finanziell macht das einen enormen Unterschied im Arbeitsleben aus.
In Deutschland steigt der Anteil junger Erwachsener mit Hochschulabschluss deutlich, bleibt aber weiter unter dem OECD-Durchschnitt. Rund 40 Prozent der 25- bis 34-Jährigen verfügten im vergangenen Jahr über einen solchen Tertiärabschluss, wie aus einem Bericht der Industriestaatengruppe OECD hervorging. Das sind zwar sieben Prozentpunkte mehr als 2019, aber weniger als die 48 Prozent im OECD-Schnitt.
Gleichzeitig hat sich der Anteil der jungen Erwachsenen ohne Abschluss im sogenannten Sekundarbereich II - also Menschen ohne (Fach-)Hochschulreife und Berufsausbildung - von 13 auf 15 Prozent erhöht. Unter den 22 EU-Mitgliedsländern im OECD-Raum gibt es dem OECD-Bericht "Education at a Glance 2025" zufolge hier nur in Italien, Portugal und Spanien einen höheren Anteil.
Besonders groß sind die Kompetenzunterschiede zwischen Bildungsgruppen: In Deutschland sind die Differenzen bei Lese- und Rechenfähigkeiten zwischen Hochschulabsolventen und Personen ohne Sekundarabschluss laut OECD die höchsten im internationalen Vergleich. Die wachsende Kluft bei den Bildungsabschlüssen in Deutschland sei "besonders besorgniserregend", erklärte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die soziale Herkunft bleibt ein zentraler Faktor: Nur etwa ein Fünftel der jungen Erwachsenen aus bildungsfernen Haushalten erreicht einen Hochschulabschluss, bei Akademikerkindern sind es rund 60 Prozent.
Akademiker in MINT-Berufen verdienen besonders gut
Ein Hochschulabschluss bringt in Deutschland vor allem finanzielle Vorteile: Akademiker verdienen im Schnitt 50 Prozent mehr als Personen mit Sekundarabschluss. Die Arbeitslosenquote unterscheidet sich hingegen kaum zwischen den Gruppen. Besonders lukrativ sind Abschlüsse in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), deren Absolventen rund zehn Prozent mehr verdienen als andere Hochschulabsolventen.
Deutschland investiert pro Schüler überdurchschnittlich viel in Bildung - rund 17.960 Dollar (Durchschnitt: 15.292 Euro) jährlich. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt die Bildungsquote mit 4,4 Prozent jedoch unter dem OECD-Durchschnitt. Die Gehälter von Lehrkräften bleiben hinter denen anderer akademisch gebildeter Berufsgruppen zurück, was laut OECD die Attraktivität des Berufs beeinträchtigen könnte.
Für die gesamten OECD-Länder bedeutet der Anteil von 48 Prozent junger Erwachsener mit einem tertiären Bildungsabschluss einen Rekordwert - gegenüber nur 27 Prozent im Jahr 2000. Dieser Abschluss ermögliche in der Regel ein höheres Erwerbseinkommen, eine stabilere Beschäftigung und einen besseren Gesundheitszustand, erklärte die Organisation.
"Eine qualitativ hochwertige Hochschulbildung vermittelt den Studierenden die nötigen Kompetenzen, um die Chancen der im Wandel begriffenen Arbeitsmärkte zu nutzen", sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann. "Zugleich versetzt sie unsere Gesellschaften in die Lage, die strukturellen Veränderungen zu bewältigen, die Bevölkerungsalterung, künstliche Intelligenz, Digitalisierung und ökologische Transformation mit sich bringen."
Quelle: ntv.de, als/rts