Verdacht auf fahrlässige Tötung Polizei nimmt Kapitän nach Schiffskollision in Nordsee fest
11.03.2025, 19:37 Uhr Artikel anhören
Rauchschwaden wabern vom havarierten Frachtschiff "Solong".
(Foto: picture alliance/dpa/getty pool/AP)
Vor der englischen Nordseeküste stößt ein Frachtschiff mit einem vor Anker liegenden Tanker zusammen. Beide Schiffe geraten in Brand. Insgesamt 36 Crewmitglieder werden gerettet, einen vermissten Seemann erklärt die Polizei für tot. Nun wird gegen den 59-jährigen Frachter-Kapitän ermittelt.
Nach dem Zusammenstoß zweier Schiffe vor der englischen Nordseeküste mit einem Toten ist ein Mann wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung festgenommen worden. Wie die Polizei der nordostenglischen Grafschaft Humberside mitteilte, wurden strafrechtliche Ermittlungen zur Ursache der Kollision eingeleitet. Bei dem Festgenommenen handelt es sich laut der Polizei um einen 59 Jahre alten Mann. Weitere Angaben machte sie nicht. Nach Angaben der Hamburger Reederei Ernst Russ handelt es sich um den Kapitän des Frachters "Solong".
Das Unglück hatte sich am Montagfrüh nahe der Mündung des Flusses Humber ereignet. Das Containerschiff "Solong" soll dabei den Tanker "Stena Immaculate" gerammt haben. Beide Schiffe waren daraufhin in Brand geraten. Ein Besatzungsmitglied der "Solong" wurde zunächst vermisst und kam nach Einschätzung der britischen Behörden ums Leben. Warum die beiden Schiffe zusammenstießen, war auch einen Tag nach dem Unglück weiter unklar.
Das Frachtschiff "Solong" könnte nach Einschätzung der Küstenwache sinken. Das meldete die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf den zuständigen Unterstaatssekretär Mike Kane. Das weiterhin brennende Schiff drifte derzeit Richtung Süden, sagte Kane demnach bei einer Unterrichtung der Abgeordneten im britischen Unterhaus.
"Modellrechnungen legen nahe, dass die 'Solong', falls sie weiterhin schwimmt, in den nächsten Stunden nicht auf Land zutreiben wird", so Kane. Er fügte aber hinzu, die Küstenwache schätze es als unwahrscheinlich ein, "dass das Schiff schwimmfähig bleibt". Schlepperboote seien in der Nähe, um sicherzustellen, dass die "Solong" von der Küste entfernt bleibe.
Kein Natriumcyanid an Bord
Die Reederei des Containerschiffs dementierte unterdessen Berichte, wonach die "Solong" mehrere Behälter mit Natriumcyanid geladen hatte. Natriumcyanid ist eine giftige Substanz, die das Ökosystem belasten kann. Die Container seien leer gewesen, hieß es in einer Mitteilung des in Hamburg ansässigen Unternehmens Ernst Russ.
Sollte der Frachter nahe Land untergehen oder auf Grund laufen, wird aber befürchtet, dass Diesel im Tank des Schiffs die Küste verpesten könnte. Ungewiss ist zudem, wie viel der 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Flugzeugtreibstoff, die an Bord der "Stena Immaculate" waren, ins Meer gelangt sein könnten. Der Treibstoff war den Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley zufolge auf 16 Tanks verteilt, von denen mindestens einer bei dem Zusammenstoß beschädigt wurde.
Sorge vor Umweltkatastrophe
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace in Großbritannien äußerte sich besorgt. "Sowohl die hohe Geschwindigkeit als auch die Videos von den Folgen geben Anlass zu großer Sorge", sagte ein Sprecher am Montag. Es sei aber noch zu früh, das Ausmaß von Schäden für die Umwelt zu bestimmen, sagte der Sprecher weiter.
Die britischen Inseln sind nach einer Auswertung der Allianz von den weltweit unfallträchtigsten Gewässern umgeben: In den zehn Jahren bis 2023 kam es dort zu 5279 Unfällen mit Schiffen von über 100 Bruttoregistertonnen - nahezu ein Fünftel der 28.000 in diesem Zeitraum weltweit gemeldeten Vorfälle. Das berichtete der zu dem Münchner Dax-Konzern gehörende Unternehmensversicherer Allianz Commercial.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP