In den Katastrophenregionen sinken die Pegel Flut-Soli wird wohl durchfallen
13.06.2013, 14:09 Uhr
Das Wasser strömt bei Fischbeck noch immer mit einer ungeheuren Wut ins Hinterland.
(Foto: Reuters)
Der Elbepegel in den Hochwassergebieten geht allmählich zurück. Weite Flächen werden noch tagelang überschwemmt bleiben und bange Blicke richten sich auf die Deiche. Bund und Länder wollen noch heute finanzielle Lösungen auf den Weg bringen.
Die Entwarnung kommt nur schrittweise: Das Hochwasser hat nun auch in Nord- und Nordostdeutschland seinen Höhepunkt erreicht. Die Pegelstände der Elbe sinken in allen Regionen langsam. Doch die Gefahr von Deichbrüchen bleibt. Unermüdlich sind weiter Tausende Helfer im Kampf gegen die gewaltigen Wassermassen im Einsatz. Die Regierungschefs von Bund und Ländern wollen sich am Nachmittag in Berlin über die Hilfen für die Opfer der Katastrophe verständigen. Auf Bundesseite ist ein Aufbaufonds mit bis zu acht Milliarden Euro im Gespräch. Das Geld sollen Bund und Länder jeweils zur Hälfte aufbringen.
In Lauenburg in Schleswig-Holstein zeichnet sich eine leichte Entspannung ab. Die Lage hat sich weitgehend stabilisiert, an den Deichen wurden bislang keine Risse festgestellt. Ursprünglich war hier ein weit höherer Pegelstand prognostiziert worden. Der Krisenstab hat inzwischen einen ersten groben Zeitplan für die Rückkehr der Menschen aufgestellt.
In der Katastrophenregion im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt werden weiter Menschen in Sicherheit gebracht. Einige weigern sich jedoch, ihre Häuser zu verlassen, weil sie ihre Tiere nicht allein lassen wollen. Sie werden jetzt von Booten und Hubschraubern aus mit Lebensmitteln versorgt. Durch die Bruchstelle des Elbdeichs bei Fischbeck fließen nach wie vor enorme Wassermassen ins Hinterland. Bereits in der Nacht zum Montag war der Deich gebrochen. Seither sind weite Landstriche überflutet worden. Fast 6500 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. In ganz Sachsen-Anhalt stehen nach Angaben des Bauernverbandes bereits 1100 Quadratkilometer Agrarfläche unter Wasser.
Auch in Hitzacker in Niedersachsen fallen die Pegel. Die Bundeswehr überwacht seit Tagen dort die Deiche. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière besuchte dort den Einsatzort der Soldaten. De Maizière sprach vom größten Katastropheneinsatz in der Geschichte der Bundeswehr. Rund 12.000 Soldaten leisten Unterstützung bei der Sicherung der Deiche. Der Einsatz koste mehr als 50 Millionen Euro. Die Summe werde den Kommunen nicht in Rechnung gestellt, so der Minister beim Besuch des Logistikbataillons 141.
Trotz weiter sinkender Elbe-Pegelstände weicht auch die Anspannung in Meckelnburg-Vorpommern nicht. An immer mehr Stellen sickert Wasser durch die vollgesogenen Deiche. Sie werden mit Sandsäcken abgedichtet. Noch immer führt die Elbe mehr Wasser als bei der Rekord-Flut im Januar 2011. Derzeit sinkt das Wasser um knapp einen Zentimeter in der Stunde.
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Hilfsfonds soll im Juli stehen
In Berlin kommen heute Nachmittag die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Gemeinsam wollen Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen in den Hochwassergebieten in Süd-, Ost- und Norddeutschland beschließen. Dabei gehen Bund und Länder davon aus, dass der nationale Fonds für die Flutopfer Anfang Juli stehen soll.

Sind Sie für einen Flut-Soli?
Derweil bleibt die Finanzierung des Milliarden-Hilfsfonds umstritten. Eine von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) vorgeschlagene befristete Anhebung des Solidaritätszuschlags wird von anderen Ländern abgelehnt. Die Regierungschefs von Thüringen und Sachsen, Christine Lieberknecht und Stanislaw Tillich (beide CDU), erteilten einem "Flut-Soli" eine Absage.
Im Gespräch ist ein Volumen von rund acht Milliarden Euro. Bund und Länder sollen sich je zur Hälfte an der Finanzierung beteiligen. Nach der Hochwasserkatastrophe von 2002 hatte die damalige rot-grüne Koalition einen Aufbaufonds von gut sieben Milliarden Euro beschlossen. Dann wurden Kommunen von Zahlungen befreit, die Summe betrug später 6,5 Milliarden Euro.
Künast: Versäumnisse beim Deichbau
Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erwartet von der Kanzlerin einen Aufbaufonds für die betroffenen Regionen. "Ich erwarte von der Kanzlerin, dass sie einen Hilfsfonds auflegt, einen Aufbaufonds. Was die Bundeskanzlerin heute bringen muss, gerade angesichts der Schuldenbremse und der belasteten Finanzsituation der Bundesländer ist ein Vorschlag, den die ohnehin schwer getroffenen Länder auch stemmen können", sagte Künast bei n-tv. 2002 sei die auch gelungen und auch diesmal müssten der Bund und alle Bundesländer ihr Scherflein dazu beitragen.
Zudem erwartet Künast von der Konferenz klare Entscheidungen, dass die Bundesregierung künftig den Hochwasserschutz in Deutschland koordiniert. In diesem Bereich seien in den vergangenen Jahren die falschen Entscheidungen getroffen worden. Merkel müsse flussgebietsbezogene Konferenzen organisieren, auf denen Pläne für einen Fluss von der Quelle bis zur Mündung durchdacht würden. Dazu gehörten organisierte Überflutungsflächen und der Rückbau von Deichen, damit das Wasser nötigenfalls in die Breite könne und nicht in die Höhe. Im Bereich des ökologischen und technischen Hochwasserschutz' gebe es in einigen Ländern ziemliche Versäumnisse.
Weiterhin Ausfälle und Verspätungen
Das Elbehochwasser wird den Bahnverkehr weiter behindern. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Berlin über Stendal nach Hannover ist nach wie vor nicht befahrbar. Die ICE-Züge zwischen Berlin und Hannover und weiter ins Ruhrgebiet fahren deshalb über Magdeburg und Braunschweig. Von heute an halten sie auch in diesen beiden Städten, wie die Deutsche Bahn mitteilte.
Reisende zwischen Berlin und Hannover müssen mit einer um 60 bis 70 Minuten längeren Fahrtzeit rechnen. In Richtung Berlin entfallen die Stopps in Wolfsburg, Stendal und Berlin-Spandau, in Richtung Hannover die in Stendal und Wolfsburg.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa