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Konklave taktierte mit List Franziskus wirft Kardinälen Ränkespiele bei Papstwahl vor

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Der Papst bestritt in dem Interview, dass er vorhabe, die Regeln für das Konklave zu ändern.

Der Papst bestritt in dem Interview, dass er vorhabe, die Regeln für das Konklave zu ändern.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Dass Ratzinger 2005 Papst Benedikt wurde, habe nicht allen Kardinälen gefallen, sagt Papst Franziskus. Aus taktischen Gründen habe man ihn selbst als Gegenkandidaten ins Spiel gebracht - wogegen Franziskus sich wehrte. Nach Benedikts Rücktritt witterte er jedoch seine große Chance.

Papst Franziskus hat in einem langen Interview angebliche Machenschaften geschildert, mit denen Kardinäle bei den zwei letzten Papstwahlen den Ausgang hätten beeinflussen wollen. 2005 hätten ihn Kardinalskollegen benutzt, um die Wahl des späteren Papstes Benedikt XVI. zu blockieren, sagte Franziskus dem Korrespondenten Javier Martínez-Brocal von der spanischen Tageszeitung "ABC". Das Gespräch wurde in dem Buch "Der Nachfolger: Meine Erinnerungen an Benedikt XVI." veröffentlicht.

Der Papst nannte darin zuvor vertrauliche Einzelheiten zum Konklave 2005, bei dem Benedikt gewählt wurde, und zum Konklave 2013, bei dem er selbst zum Papst gewählt wurde. Franziskus erklärte, er dürfe von der Geheimhaltungspflicht der Kardinäle abweichen, weil er Papst sei.

2005 hätten Kardinäle ihren Einfluss spielen lassen, damit er 40 von 115 Stimmen bekam, sagte Franziskus. Es sei den anderen darum gegangen, den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger aufzuhalten und einen Kompromisskandidaten ins Amt zu bringen. "Sie haben mir nachher gesagt, dass sie keinen 'ausländischen' Papst wollten," sagte er, womit ein nichtitalienischer Papst gemeint war. Bei der Wahl ging es seinen Schilderungen zufolge weniger darum, dass der Heilige Geist die Kardinäle bei der Wahl lenkt, als um politisches Kalkül.

"Oh, diese Manöver in letzter Minute ..."

Der Papst sagte, er habe den Machenschaften ein Ende bereitet, indem er bekannt gegeben habe, dass er die Wahl zum Papst nicht annehmen würde. Danach sei Benedikt gewählt worden. "Er war der Einzige, der zu dem Zeitpunkt Papst sein konnte", sagte Franziskus. Auch er selbst habe für seinen Amtsvorgänger gestimmt.

Nach dem Rücktritt Benedikts 2013 soll es dann wieder zu politischen Spielen gekommen sein. Franziskus, der beim Konklave 2013 Kardinal Jorge Mario Bergoglio hieß, sagte, ihm sei letztlich klar geworden, dass er zum Papst gewählt werden könnte, als sein spanischer Kollege Kardinal Santos Abril y Castelló ihm nach dem Mittagessen am 13. März 2013 kurz vor dem letzten Wahlgang hinterhergerannt sei und ihn zu seiner körperlichen Verfassung befragt habe.

"Eminenz, ist es wahr, dass Ihnen ein Lungenflügel fehlt?", habe der Spanier ihn gefragt, sagte Franziskus. Er habe geantwortet, dass ihm nach einer Atemwegsinfektion ein Teil der Lunge entfernt worden sei. Er habe dem Kardinal versichert, dass die OP bereits vor mehr als 50 Jahren erfolgt sei. Danach habe Abril gesagt: "Oh, diese Manöver in letzter Minute ...".

Reformen mit Blick auf Beerdigungen für Päpste

Der Papst bestritt in dem Interview, dass er vorhabe, die Regeln für das Konklave zu ändern. Konservative Medien hatten darüber spekuliert, Franziskus wolle Gespräche im Vorfeld eines Konklaves über die Bedürfnisse der Kirche nur für Kardinäle unter 80 zugänglich machen. Nur Kardinäle in dieser Altersklasse dürfen an der Papstwahl teilnehmen, doch ältere Kollegen können sich an den vorausgehenden Gesprächen beteiligen.

Franziskus gab allerdings zu, dass er Reformen mit Blick auf Beerdigungen für Päpste plane. Künftig werde der Leichnam eines verstorbenen Papstes nicht mehr im offenen Sarg gezeigt, sagte er. Franziskus gab an, er wolle dafür sorgen, dass Päpste "wie jeder Sohn der Kirche bestattet" würden - in würdevoller, aber nicht übertriebener Art und Weise.

In dem neuen Buch attackiert Franziskus auch den langjährigen Sekretär von Benedikt, Erzbischof Georg Gänswein. Diesen hatte er zunächst entlassen, dann ins Exil geschickt. Zur Begründung nannte Franziskus mehrere unkluge Entscheidungen, die ihm "das Leben schwer gemacht" hätten. Gänswein soll nach der Amtszeit von Benedikt das Franziskus-feindliche Lager angespornt haben.

Franziskus machte Gänswein für Skandal verantwortlich

Der Papst nannte Details zu einem Vorfall im Jahr 2020. Der konservative Kardinal Robert Sarah hatte mit Benedikt ein Buch verfasst, in dem das priesterliche Zölibat befürwortet wurde. Das Buch wurde genau dann veröffentlicht, als Franziskus in Erwägung zog, die Zölibat-Vorschriften zu lockern und verheiratete Priester zuzulassen, um auf einen Mangel an Geistlichen im Amazonas-Gebiet einzugehen. Die Veröffentlichung löste Spekulationen aus, der damals emeritierte Papst Benedikt XVI. versuche, Einfluss auf die Entscheidungen von Franziskus zu nehmen.

Franziskus machte Gänswein für den Skandal verantwortlich. Sarah sei ein "guter Mann", der möglicherweise "von separatistischen Gruppen manipuliert" worden sei, sagte der Papst. Nach dem Aufruhr habe er eine Pflicht verspürt, Gänswein in die Schranken zu weisen.

Quelle: ntv.de, lve/dpa

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