Panorama

Eine für alle Höcke go home (geh' nach Hause, Höcke)

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Wo auch immer das "home" von Höcke ist – er soll sich da einfach in einem Loch verkriechen. Die aufbrandende rechte Welle, die über unser Land schwappt, ist nicht zu ertragen, findet die Kolumnistin.

Wo auch immer das "home" von Höcke ist – interessiert mich eigentlich gar nicht, ich hoffe nur, er wohnt nie in meiner Nachbarschaft – er soll sich dahin verpissen. Ich muss es leider so deutlich sagen, denn er soll bitte nicht mit mir in einem Bus fahren oder in einem Flugzeug fliegen, sodass ich dieselbe Luft atmen müsste wie er. Er soll sich daher ganz gepflegt verpissen. Wie auch immer. Nur weg. So wie er wünscht, dass andere aus diesem Land verschwinden.

Ich bin neulich mit ein paar sehr jungen Menschen im Auto durch Charlottenburg und Wilmersdorf gefahren, da hängen nun, wie an vielen Orten in Berlin, seit Anfang Januar Wahlplakate. Das quasi noch jungfräuliche Jahr 2024 wird also stellenweise gleich mit AfD-Schrott vergewaltigt, denn wegen zahlreicher Pannen bei den Wahlen 2021 in Berlin muss die Bundestagswahl in 455 Stimmbezirken der Hauptstadt wiederholt werden. Korrekt, Sie haben richtig gelesen: 2021. In 455 Wahlbezirken. Aber das ist nicht mein Thema heute. Mein Thema ist, dass in Charlottograd und Wilmersdorfer-Witwen-City Plakate der AfD hängen. Mir ist bewusst, dass ich in einer Demokratie lebe und dass jeder Idiot sich hier äußern, demonstrieren, gründen darf, ob es einem passt oder nicht. Aber dass genau die, die am wenigsten mit Demokratie zu tun haben, ganze Straßenzüge mit ihrer Hass-Ideologie zugepflastert haben, ist kaum aushaltbar.

Von diesem Bild kann sich jeder selbst ein Bildnis machen.

Von diesem Bild kann sich jeder selbst ein Bildnis machen.

(Foto: IMAGO/Jacob Schröter)

Die jungen Menschen in meinem Auto hatten kurzfristig Angst. Zunächst vor mir, immerhin saß ich am Steuer und regte mich über Gebühr auf. "Ach was", sagte ich, "man kann sich nicht genug aufregen über die braune Suppe, die gerade über Deutschland, Europa und die ganze Welt schwappt. Aber was ist nur los", überlegte ich laut, "liegt es am Merkur, der in eine rückläufige Phase eintritt?" Diese Erklärung wäre zu einfach, fanden auch meine Mitfahrerinnen und Mitfahrer. Jedenfalls schrie und fuchtelte ich wild herum, zum Glück durfte man nur 30 fahren, und erklärte den jungen Menschen, dass ich, als ich so alt war wie sie, nie im Leben gedacht hätte, dass es wieder Krieg in meiner Nähe oder rechte Parteien, die sich im Superwahljahr 2024 unter anderem in einzelnen Bundesländern breitmachen werden, geben könnte. Es war außerhalb meiner Vorstellungskraft, dass Menschen so dumm sein könnten, gravierende Fehler wiederholt zu begehen.

Wo ist denn mein Lieblingsitaliener geblieben? Zu Hause?

Nach der Meldung darüber, dass bei einem Treffen von AfD-Politikern und Rechtsextremen am Rande von Potsdam über einen "Masterplan" gesprochen wurde, wie man Ausländer sowie Deutsche mit Migrationshintergrund aus Deutschland effektiv vertreiben könnte, wurde mir jedoch sehr, sehr mulmig und schwer ums Herz. Und natürlich kann ich es nicht so lustig ausdrücken wie Kollege Beisenherz - "Diese Penner wollen ihre Ärztin, den Koch ihrer Schnitzelbude und ihren Friseur deportieren und betteln darum, ihrer Mama wieder selber den Hintern abwischen zu dürfen" – aber ich unterschreibe diese Art von wirklich schwarzem Humor sehr. Anders kann man es auch kaum aushalten.

Ich hoffe und bete jedoch, dass nicht jeder Ausländer in Deutschland, jeder Mensch mit Migrationshintergrund, mit fremdländischem Aussehen oder sonst einer Eigenschaft, die diesen braunen Deppen nicht in ihre Weltanschauung passt, glauben, dass die meisten Deutschen das wollen, was Höcke und seine Unterhirne sich da zusammenfaseln.

Ich gehe also mein inneres Adressbuch durch und frage mich, was

  • E. aus Kolumbien,
  • E. aus Russland,
  • mein Ex-Mann mit arabischstämmigem Hintergrund,
  • unsere Tochter,
  • mein Lieblingsitaliener (Albaner),
  • mein Friseur aus Hawaii,
  • die Pfleger meines Vaters aus Polen, Türkei, Griechenland, Brasilien,
  • H. aus Dänemark,
  • M. aus Ungarn,
  • F. mit französisch-stämmigem Hintergrund,
  • F. und L. mit italienischem Background (dürfte man das noch sagen in Höckeland?),
  • meine Freunde aus Israel, Iran, Liechtenstein, Schweden, Österreich, England und Afrika

denken, wenn sie an Deutschland denken.

Bitte denkt nicht schlecht von uns allen! Die Mehrheit von uns hat ihre Sinne noch beieinander! Was uns bleibt: Raus aus der Komfort-Zone. Es geht nicht anders. Sich positionieren, wählen gehen, Mund aufmachen. Bequem war gestern. In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende, bleiben/ werden Sie laut.

Quelle: ntv.de

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