Panorama

DNA aus FührerbunkerKriminalbiologe Benecke nennt Hitlers Blutprobe glaubwürdig

15.11.2025, 07:20 Uhr
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Hitler hatte sich am 30. April 1945 im Führerbunker das Leben genommen. (Foto: picture alliance / SZ Photo)

Eine britische Dokumentation will das Erbgut Hitlers entschlüsselt haben. Die Proben sollen nach seinem Tod von einem Sofa im Führerbunker entnommen worden sein. Doch an Methode und Schlussfolgerung bestehen Zweifel. Nun bekommt die Untersuchung Rückendeckung von einem Experten.

Der bekannte Kriminalbiologe Mark Benecke schätzt die in einer britischen Dokumentation verwendete Blutprobe zur Analyse von Adolf Hitlers DNA als valide ein. Die Probe in dem Film "Hitler's DNA: Blueprint of a Dictator" stammt von einem Sofa, auf dem sich der Diktator im Führerbunker erschossen haben soll. Er habe von einer anderen Stelle, der seitlichen Lehne, ebenfalls einen Abrieb gemacht, sagte Benecke.

Benecke hatte im Moskauer Staatsarchiv Zugriff auf diesen Teil des Sofas. In der Dokumentation wird zur Sequenzierung der DNA ein Stofffetzen mit Blut verwendet, der inzwischen in ein US-Museum gelangt ist. Er soll im Führerbunker von einem US-Soldaten gesichert worden sein. Hitler hatte sich am 30. April 1945 das Leben genommen.

Der Beweis, dass das Blut auf dem Sofa Hitlers Blut ist, soll bereits 2008 durch einen Vergleich mit der DNA eines Mannes mit gemeinsamen Vorfahren väterlicherseits erbracht worden sein, berichteten mehrere britischen Medien begleitend zur Dokumentation, die an diesem Samstag im Vereinigten Königreich ausgestrahlt wird. Den Berichten zufolge kommt das Forschungsteam der Doku zu der Analyse, in Hitlers Erbgut Hinweise auf das Kallmann-Syndrom entdeckt zu haben.

Syndrom hat Einfluss auf Pubertät

Bei Menschen mit diesem Syndrom bleibt die Pubertät aus oder verläuft nicht vollständig. Bei Jungen entwickelt sich daher zum Beispiel nur wenig Körperbehaarung, der Stimmbruch kann ausbleiben. Auch die weiteren Geschlechtsmerkmale können sich nicht wie üblich bei Erwachsenen ausbilden. Dazu passen ärztliche Akten aus Hitlers Haftzeit nach seinem missglückten Putschversuch 1923, die ihm einen sogenannten Hodenhochstand bescheinigten. Bis zu zehn Prozent der Betroffenen haben außerdem einen Mikropenis. Ob das auch auf Hitler zutraf, lässt sich heutzutage nicht mehr beantworten.

Auch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit lassen sich kaum ziehen. "Einige der Erkenntnisse sind wissenschaftlich fundiert und werden zur historischen Debatte beitragen", schreibt die Zeitung "The Guardian". Schlussfolgerungen auf die Eigenarten Hitlers seien aber wissenschaftlich problematisch. "Die Genetik kann sein Handeln in keiner Weise entschuldigen", sagte die an der Dokumentation beteiligte Genetikerin Turi Emma King.

Betroffene des Kallmann-Syndroms können außerdem nichts riechen oder ihr Geruchssinn ist stark vermindert. Bekannt sei, dass Hitler starken Mundgeruch hatte, diesen aber offensichtlich nicht selbst wahrgenommen hat, sagte Benecke. Hitler sei nahe an andere Menschen herangegangen und habe beispielsweise Witze erzählt. "Das hätte er vielleicht nicht gemacht, wenn er es selbst gerochen hätte", sagte der Sachverständige für biologische Spuren.

Zweifel an Methode

Die DNA-Analyse habe außerdem gezeigt, dass Hitler - anders als mitunter vermutet - keine jüdischen Vorfahren gehabt habe. Zudem wird dem Diktator demnach ein hohes Risiko für eine bipolare Störung, Autismus und Schizophrenie bescheinigt. "Ob Hitler eine dieser Krankheiten hatte, wissen wir aus seiner DNA nicht", sagte King im Gespräch mit der "Zeit". Wissenschaftlich sind die Ergebnisse ohnehin mit Vorsicht zu genießen. Anders als üblich, wurden sie nicht in einem Peer-review-Verfahren von anderen Wissenschaftlern vor der Veröffentlichung geprüft.

Dennoch könnte die Forschung von den Erkenntnissen profitieren. "Forscher aus zahlreichen Disziplinen haben bislang versucht, Hitler zu deuten. Vieles davon war reine Spekulation, wenn auch durchaus plausibel", sagte der Historiker Thomas Weber t-online. "Wenn wir nun Hitlers Verhaltensweisen betrachten, die mit diesen Krankheitsbildern einhergehen, dann verstehen wir ihn wahrscheinlich ein bisschen besser."

Quelle: ntv.de, gut/dpa

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