
Kat Menschik, die hyperaktive Illustratorin.
(Foto: imago/Christian Thiel)
Enten und Leichensex, Katzen, die ihren toten Herrchen die Lippen abfressen, kluge Tintenfische und Leuchttiere, die unser Leben verändern: All das hat der Kriminalbiologe Mark Benecke in seinem "illustrirten Thierleben" versammelt, versehen mit prachtvollen Zeichnungen von Kat Menschik.
Da haben sich wohl zwei Hyperaktive gesucht und gefunden: Die Illustratorin Kat Menschik zeichnet für die kleine, feine Zeitschrift "Das Magazin", für FAZ und FAS; sie gestaltet Pralinenschachteln und Weihnachtskalender von Sawade, hat eigenen Schmuck entworfen - die "blaue Olga" - und ihre Grafiken verschönern Bücher. Mittlerweile sehr viele; etwa "Moabit" von Volker Kutscher. Es gehört zur Reihe "Lieblingsbücher", die Menschik für den Berliner Galiani-Verlag gestaltet - so wie auch das neueste Werk, das schon der neunte Lieblings-Band ist.
Zu "Kat Menschiks und des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben" hat der Kriminalbiologe Mark Benecke die Texte geliefert - auch so ein Wahnsinniger. Der auch als "Madendoktor" bekannt gewordene Wissenschaftler ist offenbar an allem interessiert und hat so ziemlich zu allem auch was zu sagen - und das zudem noch äußerst unterhaltsam und zugleich fundiert. Zu hören etwa in seiner Kolumne beim Sender Radioeins. Die kennt auch Kat Menschik und so kam ihr die Idee, mit ihm zusammen ein Buch zu machen. Es ist in der Zeit des Frühjahrs-Lockdowns entstanden - was ein Vorteil war. Denn dadurch hatten beide mehr Zeit und Muße als sonst, ihr Buch wurde außerdem etwas eher fertig als geplant.
Sieht gut aus, fasst sich gut an
Und es ist prachtvoll geworden! Das "illustrirte Thierleben" ist eine echte Augenweide und fasst sich auch einfach enorm gut an, mit seinem Relief-Prägedruck auf Cover und Rückseite, dem festen, dicken Papier und den tollen Farben. Die Zeichnungen: bunt auf schwarzem Hintergrund; manchmal wie Wimmelbilder, einige Tiere bekommen aber auch einen Soloauftritt wie etwa der Pfeilstorch oder der Tintenfisch.
Benecke wird gleich am Anfang in einer Illustration vorgestellt als "Herr der Maden", mit seinen tätowierten Armen, umgeben von allerlei kriechendem und flatterndem Getier und einem geflügelten Herzen (würde sich auch gut als Tattoo machen).
Begossene Pudel und ihre Frisuren

Tierfreund, Veganer und Fachmann für so ziemlich alles: der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke.
(Foto: Oliver Berg/dpa)
Das Buch enthält kurze Geschichten zu verschiedenen Tieren vom Mops bis zur Vampirfledermaus - eine Mischung aus Anekdoten, Fakten, Erinnerungen und längeren Zitaten aus Werken wie Alfred Brehms "Tierleben". Da geht es um "nekrophile Enten", also Geflügel und Leichensex, um Haustiere, die ihre (toten) Halter fressen, oder um Alexandersittiche und die Frage, wie sie überhaupt nach Köln kamen. Die "bunten Vögel" passen gut in die Stadt, findet Benecke. Etwa das von ihnen praktizierte Partnerfüttern, gefolgt von Kopulation: "Dass auch das sehr rheinisch ist, muss ich wohl nicht betonen." Wer sich gefragt hat, woher die Redensart "begossener Pudel" kommt, dem wird hier geholfen. Und man erfährt zudem, wie es eigentlich zu den bekannten merkwürdigen Pudelfrisuren mit den Puscheln an verschiedenen Körperteilen kam, inklusive passender Zeichnung von Kat Menschik.
Benecke erzählt von klugen Tintenfischen, von WM-Orakel Paul und seinem erbarmungswürdigen Schicksal, von Glühwürmern, die gar nicht immer Würmer sind - und auch hier kann Benecke seine Begeisterung kaum zügeln: "Wenn Ihr Herz kein Klotz ist, könnten Leuchttiere Ihr Leben ändern - sei es auf romantischem Gebiet oder durch die Einsicht, dass 'die Natur' eben wirklich glitzriger ist als wir".
Ansteckende Begeisterung
Durch alle Kapitel hindurch strahlt Beneckes Faszination für Tiere wegen ihrer erstaunlichen Fähigkeiten oder Eigenschaften: Ofenfische nehmen Wasser mit ihrem Darm aus der Luft auf! Der Penis der Argentinischen Ruderente wird 40 Zentimeter lang! Oder die "supercuten Fruchtvampire", die in Gruppen zusammengekugelt unter den Blättern einer Blume schlafen, aus denen sie sich ein Zelt bauen - "dieser Anblick lässt auch ein Herz aus Eis und Stahlbeton zerfließen".
Das ist etwas, was Benecke besonders gut kann: Naturwissenschaftliches unterhaltsam zu vermitteln, auch mal mit umgangssprachlichen Formulierungen, so dass es jeder versteht, aber immer wissenschaftlich fundiert. Seine Begeisterung steckt an. Und ganz nebenbei, aber nicht missionarisch oder plakativ, bringt Benecke (der Veganer ist) die Botschaft unter: "Tiere sind wie Menschen." Wir sollten sie lieber bestaunen und respektieren, aber nicht ausbeuten.
Das 112 Seiten starke, schöne kleine Buch enthält 17 Tiergeschichten. Ein sinnliches, unterhaltsames und auch noch lehrreiches Vergnügen.
Quelle: ntv.de