Erdbeben in der Türkei Sturer Bürgermeister erweist sich als Retter


Antakya hatte nicht so viel Glück.
(Foto: AP)
Ganze Städte fallen bei den Erdbeben im türkische-syrischen Grenzgebiet zusammen und begraben Tausende Menschen unter sich. Nur eine Stadt bleibt wie durch ein Wunder fast unversehrt: Erzin. Dafür verantwortlich dürfte hauptsächlich der Bürgermeister der Stadt sein, den die Einwohner jetzt feiern.
In den von den Erdbeben heimgesuchten Gebieten in der Türkei und Syrien sind gute Nachrichten gerade rar. Der tausendfache Tod und die verheerenden Zerstörungen sind überall präsent. Umso erstaunlicher ist es, dass eine Ortschaft im Erdbebengebiet nahezu unversehrt geblieben ist und keine Opfer zu beklagen hat.
Bei der Stadt handelt es sich um Erzin, eine 42.000 Einwohner-Stadt im Süden der Türkei zwischen Osmaniye und Iskenderun. Obwohl Erzin mitten im Erdbebengebiet liegt, stehen dort noch alle Häuser. Angesichts der Bilder aus Kahramanmaras und Antakya sprechen die Einwohner der Stadt von einem Wunder.
Dieses Wunder verdanken die Menschen von Erzin wohl ihrem Bürgermeister Ökkeş Elmasoglu und vermutlich auch schon seinen Vorgängern. Elmasoglu führt seit 2019 die Geschicke der Stadt. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung nennt er den aus seiner Sicht wichtigsten Grund für die geringen Zerstörungen. "Ich habe keinen einzigen Schwarzbau genehmigt." Deshalb habe es zwar Schäden an Gebäuden gegeben, aber kein einziges Haus sei eingestürzt und niemand sei in den Trümmern gestorben.
Keine Hochhäuser
Nach Elmasoglus Angaben sind die meisten Häuser in Erzin Einfamilienhäuser. Mehrfamilienhäuser und Apartmentblocks seien erst in den letzten zehn Jahren gebaut worden. Vor seiner Amtszeit seien ein paar Schwarzbauten errichtet worden, aber auch die hätten den Erdstößen standgehalten. Das führt der Bürgermeister darauf zurück, dass man sich kenne und hinschaue, wenn etwas gebaut werde. Nachdem er als Kandidat der Oppositionspartei CHP gewählt wurde, schob er Schwarzbauten komplett einen Riegel vor. Einige ohne Genehmigung errichtete Bauten mussten auch abgerissen werden.
"Die Bauunternehmer oder die Leute, die in anderen Städten bauen, bitten die Bürgermeister immer wieder, nicht planmäßige Dinge zu genehmigen. Wir tun das nicht. Wir erwarten keine 'politischen Geschenke' und wir nehmen sie nicht an", sagte Elmasoglu der SZ. Auch im türkischen Fernsehen und gegenüber der BBC erläuterte er seinen Standpunkt. Viele seien deshalb sauer auf ihn gewesen, "aber jetzt ist mein Gewissen rein".
Profitiert hat Erzin vermutlich auch davon, dass es 110 Kilometer vom Epizentrum der schwersten Beben entfernt liegt. Allerdings schützte eine ähnliche Entfernung andere Orte nicht. Möglicherweise war Erzin weit genug von den Verwerfungslinien entfernt, die die Erdstöße im Erdmantel weitergeben. Viele Einheimische glauben zudem, dass die Berge und Hügel, die Erzin umgeben, die Stadt geschützt haben. Inzwischen sind viele Menschen, die andernorts ihre Wohnungen und Häuser verloren haben, in der Stadt untergekommen.
Mehr als 35.000 Tote wurden in der Türkei und im benachbarten Syrien bislang gezählt. Viele Menschen seien nur deshalb gestorben, weil die Vorschriften für erdbebensicheres Bauen missachtet wurden, sagen Experten. Auf Anweisung des Justizministeriums wurden in zehn Provinzen, die von den Erdbeben betroffen waren, Abteilungen für die Untersuchung von Verbrechen im Zusammenhang mit den Erdbeben eingerichtet. Dazu gehören auch Ermittlungen gegen Personen, die für den Einsturz von Gebäuden verantwortlich sind. Inzwischen gab es erste Verhaftungen.
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 15. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de