Eine für alle "Der kleine Olaf möchte aus dem Bälle-Paradies abgeholt werden"


Kann eigentlich nicht mehr, will aber noch wach bleiben ...
(Foto: REUTERS)
So könnte es bald durch die Hallen des Bundestags schallen, wenn die Neuwahlen gelaufen sind. Warum der Politzirkus die Kolumnistin an Kindergarten erinnert und die Bilder von Donald Trump keine Macht über uns haben dürfen, lesen Sie gern hier.
Sie schlagen sich, sie hauen sich gegenseitig die Förmchen auf den Kopf, sie ziehen sich an den Haaren, sofern vorhanden, und sie schubsen und treten nach. Klingt nach Kindergarten? Oder Ampel - denn genau die meine ich. Wie Christian "Chrissy" Lindner jetzt sagen würde - "die Regierung Scholz".
Kurzer Szenenwechsel: Fast hat man das Gefühl, es nur noch mit Memes, Icons oder Abziehbildern zu tun zu haben, wenn es zum Beispiel um Donald Trump und seine Gang geht. Trump, eine Figur, die auf fatale Art ikonisch ist: Gelbes Haar, orange Haut, immer dieselben Klamotten - blaues Jackett, weißes Hemd, rote Krawatte.
Das ist nicht unklug, sich immer gleich zu kleiden, der Wiedererkennungseffekt ist schließlich groß und taugt zur Silhouette. Sieht aus wie eine wiederverwertete amerikanische Flagge. Oder eine französische.
Egal, denn ähnlich wie bei Karl Lagerfeld, Anna Wintour oder Mick Jagger erkennt man Donny an seiner "Silhouette", nur mit dem Unterschied, dass es einfach MEHR Silhouette ist, denn Donald Trump ist ein massiger Mann, von einer üblichen "Silhouette" kann eigentlich keine Rede sein.
DOGE oder "Didn't Order (that but) Got Elon"

Äh, ja, das ist sehr einfallsreich, wirklich. Beim Sparfuchs geklaut oder was ...
(Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)
Sein neuer Berater Elon Musk hat sich neben einem ikonischen Signet mit Lederjacke und Top-Gun-Brille auch gleich noch eine weitere Silhouette verschafft: den Sparfuchs, und das soll ja auch die Aufgabe des Milliardärs werden in der Regierung Trump - sparen. Als JournalistIn schüttelt man sich nun, denkt kurz über den verfrühten Renteneintritt nach, verwirft den Gedanken jedoch sofort, denn man ist noch nicht fertig mit der Arbeit.
Allerdings ahnt man nichts Gutes: Weitere vier Jahre werden ins Land ziehen, in denen Bilder - nicht nur - unsere Nachrichtenseite fluten von einem Mann, dessen Enkelin Fotos auf Instagram veröffentlicht, sinngemäß mit den Zeilen: "Golfen mit Opa und Onkel Elon".
Fast findet man das niedlich, denn Opa Donny wirkt nicht ganz so orange wie sonst und er lacht sein schönstes Jacketkronen-Lachen, wenn er mit der Enkelin den Golf-Schläger schwingt. Das Lachen bleibt einem aber sofort im Hals stecken, wenn man bedenkt, dass Opa bald ein Auge auf die Freundinnen seiner Enkelin werfen wird und schon Sachen gesagt hat wie: "Natürlich ist sie sexy. Wenn ich jünger wäre, würde ich sie ansprechen", und er meinte damit eine seiner Töchter. Man stelle sich vor, der eigene Vater sagt so etwas, der eigene Onkel oder gar Großvater. Widerlich.
Und während dieses Theater in Übersee noch gar nicht richtig losgegangen ist, denn die Gang wird erst noch rekrutiert (sie wird sich zusammensetzen aus Hardlinern, TV-Sprechern und anderem qualifizierten Personal) geht unser Kindergarten-Streit ungebremst weiter: Der kleine Markus darf neuerdings mitspielen, er ist nachgerückt und er will alles in seiner Macht Stehende tun, um der Regierung Scholz, genauer gesagt Deutschland unter die Arme zu greifen.
So jedenfalls seine Aussagen, als er das erste Mal diese Woche vor dem Deutschen Bundestag gesprochen hat. Dass wir uns nicht missverstehen: Er war drinnen, er stand nicht draußen.
Von Überfliegern und Frauenverstehern
Fritze, die alte Blitzbirne, muss nun damit klarkommen, dass sein lange gehegter Führungsanspruch in der Bundestags-Kita eventuell von einem gewissen Boris angefochten wird - dessen Beliebtheit in der Clique ist momentan jedenfalls am größten und die Anhänger, also das Volk, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen ganz genau anschauen, was die Checker da so treiben.
Friedrich Merz, bisher Flieger und irgendwie auch Überflieger, kann nun wenig punkten mit seinem Flugschein, den er sonst gern aus der Gesäßtasche gezogen und dem Porsche fahrenden Chrissy gern mal vor die spitze Nase gehalten hat, denn der Pistorius hat eine ganze Armee! Gut, sie ist nicht riesig und bedarf dringend einer Aufstockung, wenn es wirklich darauf ankäme. Aber immerhin. Er darf Panzer fahren! Und er ist bei den Mädchen auch viel beliebter. Er dürfte jedes Quartett gewinnen. Auch die Wahl?
Ich sag' mal so: Uns, den JournalistInnen, kommt nun eine wirklich große Aufgabe zu: Wir sind angehalten, Ihnen, den LeserInnen und Durchscrawlern unserer Nachrichtenseiten, nicht nur Bilder zu liefern, sondern auch die dazugehörigen Fakten.
Dazu gehört, dass wir nicht billig mit Überschriften um uns schmeißen, ohne die dann später im Text zu erklären, und auch, Ihnen nicht nur weitere "ikonische" Bilder zu liefern, von einem Kanzler-Darsteller, der neuerdings angeblich auf den Tisch haut - dabei fuchtelt er nur mit den Ärmchen vor einem Rednerpult herum.
Aufklärung, Freiheit, Fotos
Und auch einen Donald Trump in allen möglichen Variationen sollten wir versuchen, einzuordnen. Bilder haben schließlich eine solche Macht, Sie wissen das! Wir nehmen Dinge, Menschen und Positionen als gegeben hin, wenn man sie uns nur oft und lange genug vor die Nase hält.
Exkurs: Wenn Sie sich an Ihre Kindheit zurückerinnern, haben Sie dann Bilder im Kopf, vor denen Sie damals Angst hatten? Ich erinnere mich an eine Reportage im Magazin "Stern", das wir Kinder damals nicht lesen sollten, aber nicht wegen der Inhalte, sondern wegen der nackerten Frauen, die damals noch viel großzügiger abgebildet wurden (man verkaufte das gern als "Freiheit" und "Aufklärung"). Jedenfalls lag das Blatt auf dem Couchtisch und ich schaute hinein.

Elf der vierzehn israelischen Olympiateilnehmer wurden ermordet, darunter fünf Athleten, plus ein Polizist und fünf der acht Geiselnehmer.
(Foto: IMAGO/TT)
Mein Bruder wollte mich davon abhalten, "das darfst du doch nicht", aber da war es schon zu spät: Ich sah Männer, die von oben bis unten nicht zu erkennen waren, weil sie Strumpfmasken trugen oder Tücher vor dem Gesicht und Rollkragenpullover (mir erklärt sich auf der Stelle meine anfängliche Aversion gegen Masken in der Corona-Zeit, obwohl ich mir jetzt bei Menschenansammlungen oft zurückwünsche, eine in der Handtasche zu haben). Sie drangen in ein Haus ein, die Fotos waren von Überwachungskameras.
Diese Männer führten nichts Gutes im Schilde, das war eindeutig, sie hatten Gewehre in den Händen und ihre Augen blitzten bösartig. Ich weiß nicht mehr genau, worum es ging, es waren die Siebziger, aber ich habe dieses Bild bis heute im Kopf, und wenn mich etwas wirklich gruseln kann, dann sind es Männer mit Masken. Wie beim Anschlag vom 5. September 1972 der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf die israelische Nationalmannschaft bei den Olympischen Sommerspielen in München.

Untermalt seine Aussagen neuerdings gern mit den Händen: der Noch-Bundeskanzler.
(Foto: IMAGO/NurPhoto)
Zurück in die Gegenwart: Genau dieses Bild - ein ewiges, gruseliges Andenken - sollten wir unseren Kindern ersparen und Bilder deswegen vorsichtiger einsetzen. Also, weniger Bilder mit Trump, weniger streitende deutsche Politiker, weniger Theater, mehr Lösungen, mehr Hintergrund.
Schmerzhaft offensichtlich, wofür?
Auch auf die Worte werden wir besser achten müssen: Als der dänische Medienanalyst und Berater Thomas Baekdal am Tag nach der Wahl von Donald Trump harte Kritik am Journalismus übte, traf er damit bei vielen Kollegen sicher voll auf die Zwölf: Er warf "der Presse" vor, "in den vergangenen zwei Jahren in extremem Maße über die Wahlen in den USA berichtet" zu haben. Er räumt zwar ein, dass "wir die Mächtigen (...) zur Rechenschaft gezogen, jede Aussage überprüft und alles getan haben, wofür der traditionelle Journalismus steht". Er fragt sich dennoch: Wofür? Es sei schmerzhaft offensichtlich, so Baekdal, "dass wir keinen Unterschied gemacht haben. Wir haben keinen informierten Wähler geschaffen. Wir haben keine Wirkung erzielt."
Und jetzt, in dem von mir sogenannten Kindergarten, geht es nun, zum kurzen und verfrühten, dafür sicher umso heftigeren Wahlkampf, ja erst richtig los! "Auch hier gibt es eine wachsende Zahl an Menschen, die den Medien vorwerfen, ihre Perspektiven zu ignorieren", bemängelt Baekdal, "die den Journalisten nicht vertrauen und die nicht bereit sind, für Journalismus zu zahlen". Es sei allerhöchste Zeit, die Politikberichterstattung fundamental zu verändern und viel mehr darüber zu berichten, wie sich Politik, Klimakrise und wachsende Ungleichheiten auf das Leben der Bürger, unser Leben, auswirken. Amen, würde ich mal sagen. Dem gibt es kaum etwas hinzuzufügen.
Außer (ich gebe Ihnen mein Ehrenwort): Ich kann Ihnen versichern, dass die Kollegen bereits daran arbeiten. Und ich habe mich wirklich lange gefragt: Wie bebildere ich diese Kolumne? Sie werden es mich wissen lassen ...
Schönes Wochenende!
Quelle: ntv.de