Schockwellen für die Welt Trump bekommt alle Macht - das hat er damit vor


Ist bald wieder an den wichtigsten Schalthebeln: Donald Trump.
(Foto: AP)
Ja, es ist wahr, der nächste US-Staatschef wird der vorherige. Trump wird in seiner Amtszeit so viel Macht auf sich vereinen wie niemand im Land vor ihm. Seine Vorhaben reichen von Abschiebungen über Zölle auf ganzer Front bis zur Befriedung der Ukraine. Eine Übersicht.
Donald Trump wird erneut US-Präsident. Doch damit nicht genug. Seine Partei hat alle Schalthebel der Macht in der Hand. Die Republikaner geben künftig im Senat den Ton an. Das Repräsentantenhaus bleibt unter ihrer Kontrolle. Der Supreme Court ist wegen Trump bereits konservativ dominiert - und wird es bleiben. Zudem genießt er in seiner zweiten Amtszeit aufgrund des Grundsatzurteils seiner Obersten Richter weitgehend Immunität. Die ohnehin schon weitreichenden Kompetenzen des Präsidenten und seiner Mitstreiter sind damit nahezu allumfassend. Und Trump bleibt unberechenbar. Er hat ab dem 20. Januar alle Macht - so viel wie nie ein US-Staatschef vor ihm.
Die Vereinigten Staaten und die Welt sind davon abhängig, wie er sie einsetzen wird. Abhängig von einem Mann, der schon einmal vier Jahre lang mit der Dielenschleifmaschine übers diplomatische Parkett gefahren ist. Der primär nach Eigeninteresse handelt und kaum zu Kompromissen bereit ist. Der die Sorgen der US-Bürger instrumentalisiert und mit Rassismus kokettiert. Menschen um sich schart, die ihn nicht infrage stellen, unter denen manche noch radikaler sind und seine Vorstellungen einer globalen Wirtschaftsordnung durchsetzen sollen. Zentral ist dabei, mit Zöllen als Druckmittel und Verhandlungsmasse andere Länder zur Kooperation zu zwingen, sie zu beugen; auch, wenn es Verbündete sind.
Trump hat zudem anderes Personal, jahrelange Vorbereitung sowie die Erfahrung, dieses Mal Vorhaben effektiver umzusetzen als in seiner ersten Amtszeit. Nicht zuletzt hat er wohl vor, Zehntausende Stellen im öffentlichen Dienst zusätzlich mit Loyalisten zu besetzen, damit ihm niemand in die Quere kommt. Tech-Milliardär Elon Musk hat angekündigt, als personifizierte Effizienzkommission jährlich zwei Billionen Dollar im US-Haushalt einsparen zu wollen. Das ist etwa ein Drittel der staatlichen Gesamtausgaben. Nicht nur das hätte wohl schwerwiegende gesellschaftliche Folgen. Eine Übersicht.
Zölle und Industriepolitik
Setzt Trump seine Ankündigungen um, wird er die USA und damit Teile der Welt im Handstreich zurück ins 19. Jahrhundert katapultieren: Mit generellen Importzöllen von 10 bis 20 Prozent und 60 Prozent auf Einfuhren aus China soll das Geld in die Staatskasse fließen, das wegen versprochener Steuersenkungen fehlen würde. Früher waren Zölle die größte Einnahmequelle der USA, erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Einkommenssteuern zugelassen. Trump und die Republikaner versprechen sich davon auch den Schutz der US-Industrie vor Billigimporten. Das soll Jobs zurückbringen und wieder die Fabriken im eigenen Land qualmen lassen.
Viele Wirtschaftswissenschaftler warnen vor den Plänen: Am Ende würden insbesondere Verbraucher in unteren Einkommensschichten über höhere Preise die Zeche zahlen. Trump will die Zölle auch deshalb, weil er damit anderen Staaten den Willen der USA aufzwingen kann. Ein Handelskrieg mit der EU ist möglich. Deutschland kann sich schon mal warm anziehen, denn für die Bundesrepublik sind die USA das wichtigste Exportland.
Einwanderung und die Grenze
Trump hat die "größte Abschiebeoperation in der Geschichte der USA" angekündigt, rund 12 Millionen Menschen könnten betroffen sein. Trump will die sogenannten sanctuary cities, also die Handvoll Städte, wo Polizei und Verwaltung nicht mit der Einwanderungsbehörde kooperieren, mit Budgetkürzungen zur Zusammenarbeit zwingen. Auf Anfragen teilte das Wahlkampfteam mit, Trump werde zunächst "Kriminelle, Drogendealer und Schlepper" abschieben und so "Schockwellen in die Welt" schicken. Es ist nicht klar, ob Trumps Team auch Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung per se als "kriminell" einstufen wird. Nun herrscht sogar in einer Stadt wie New York nach Trumps Wahlsieg unter Einwanderern die blanke Angst. Werden sie wieder abgeschoben, nachdem sie teilweise länger als ein Jahr bis in die USA gebraucht haben?
Verfolgung seiner Gegner
Manches wird bestimmt im Ordner "Wahlkampfrhetorik" verschwinden, aber Trump bezeichnete seine politischen Gegner immer wieder als "Feinde im Innern". Er forderte mehrfach, Joe Biden und seine "korrupte Familie", Kamala Harris, den Sonderermittler Jack Smith, der ihn unter anderem wegen des Aufstands am 6. Januar 2021 angeklagt hat und weitere ihm unliebsame Personen vor Gericht bringen zu wollen. An markigen Ankündigungen fehlte es bei Trump nie. Vor zwei Jahren, als er seine erneute Bewerbung um die Kandidatur der Republikaner in Mar-a-Lago verkündete, hatte er gesagt: "Wir müssen die eiternde Fäulnis in Washington D.C. säubern und werden den Staat im Staate (den sogenannten deep state, Anm. d. Red.) auseinandernehmen." Trump spielt dabei in die Hände, dass der Justizminister in den USA zugleich der oberste Staatsanwalt ist. Auch das FBI ist Teil des Ressorts; zwar traditionell unabhängig, aber wer weiß, wie der Republikaner vorgeht. Die eigenen juristischen Probleme wird Trump einfach zur Seite räumen. Schließlich hat er ein Land zu führen.
Ukraine, China, Naher Osten
Die bekannte Aussage, er werde Russlands Angriffskrieg in der Ukraine an "Tag eins" seiner Präsidentschaft beenden, ist wohl nur figurativ. Aber Trumps Absichten sind deutlich: Die Militärhilfen für Kiew herunterfahren. Wie genau er ein Kriegsende erreichen möchte, dafür sind mehrere Ideen im Umlauf. Nutzt er seine Beziehungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin? Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass die Republikaner die Verbündeten in Kiew an den Verhandlungstisch mit Moskau zwingen könnten. Denn Europa wird die US-Hilfen nicht komplett ersetzen können, und schon jetzt bekommt die Ukraine von der westlichen Allianz nur das Nötigste, um nicht überrannt zu werden. Der Winter steht vor der Tür, die Heizkraftwerke sind zerbombt, und wenn Trump am 20. Januar vereidigt wird, werden die Menschen bereits länger bitterlich frieren oder gar auf der Flucht nach Westeuropa sein.
Die China-Politik wird aller Voraussicht nach davon bestimmt, wie Trump die Zölle gegen chinesische Importe durchsetzt. Wie viel dann noch auf diplomatischer Ebene möglich ist, sei dahingestellt. Insbesondere, wenn Pekings Säbelrasseln gegenüber Taiwan sich in einen offenen Konflikt entwickeln sollte. Die USA verstehen sich als Schutzmacht des Inselstaats, den China als abtrünnige Provinz betrachtet. Im Mittleren Osten dürfte sich Trump noch klarer auf die Seite Israels stellen; schon in seiner ersten Amtszeit war der Republikaner unverbrüchlich an der Seite des Landes und übte maximalen Druck auf den verfeindeten Iran aus. Ob das die Situation im Nahen Osten in Kriegszeiten beruhigt?
Abtreibungsrecht und Gesundheitspolitik
Trump will es weiterhin den einzelnen Bundesstaaten überlassen, wie sie mit Abtreibungen umgehen. Seit dem Grundsatzurteil des Supreme Court von 2022 gibt es ganz unterschiedliche Gesetze. Trumps Vize J.D. Vance möchte gerne die Krankenversicherungen günstiger machen - aber nur für jüngere Menschen, bei denen weniger Risiko einer Erkrankung besteht. Dies würde das mit Obamacare eingeführte zentrale Solidaritätsprinzip untergraben und die Versicherung für ältere Menschen umso teurer machen. Für die kann die staatliche Krankenversicherung seit 2022 Medikamentenpreise selbst verhandeln; Insulin ist bereits deutlich billiger geworden. Kommendes Jahr sollten eigentlich Dutzende weitere Medikamente folgen. Falls die neue Regierung ein Interesse daran hat.
Schulden und Bildung
Schaffen die Republikaner tatsächlich das Bildungsministerium ab? Spätestens dann stünden auch vom Ressort verwaltete Stipendien für einkommensschwache Studenten in Höhe von mehreren Milliarden Dollar auf dem Spiel. Der Kongress muss zustimmen, aber die Republikaner könnten dem Ministerium auch schlicht die Gelder kürzen und Verantwortlichkeiten verschieben. Unter Biden hatte die US-Regierung zudem begonnen, Bildungskredite zu erlassen, um den finanziellen Druck für Berufsanfänger und junge Familien zu verringern. Es ist unklar, was damit passiert. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump schon einmal versucht, ein solches Programm abzuschaffen. Er scheiterte. Stattdessen wurden danach Anträge auf Krediterlass meist abgelehnt.
Auch auf Schulen könnten komplizierte Zeiten zukommen: Im Wahlprogramm der Republikaner stehen Kürzungen für Einrichtungen, die zu Geschlecht, Gender und Ethnien lehren. Offen propalästinensische Studenten sollen demnach abgeschoben werden. Trump hat angekündigt, gegen Schulen, die nach Quoten bestimmte Ethnien aufnehmen, ermitteln zu lassen.
Klima und Energie
"Bohren, Baby, bohren" ist das Motto. Trump und seine Republikaner wollen den Umbau zu erneuerbaren Energien bremsen und noch mehr fossile Energieträger fördern. Schon jetzt werden davon Rekordvolumen aus dem Boden und Meeresgrund geholt. Es dürfte schwer werden, die Bewegung in eine grünere Zukunft komplett aufzuhalten, aber schon eine Verlangsamung behindert den globalen Kampf gegen den Klimawandel. Für den könnte es eine gute Nachricht sein, dass Elon Musk ein Geschäftsinteresse an Elektroautos hat. Die Auflagen für die Autoindustrie, um bei den Herstellern den Umbau zur Elektromobilität anzukurbeln, könnte Trump lockern oder ganz aufheben. Die USA sind neben den Staaten auf der Arabischen Halbinsel die Nation, die pro Kopf am meisten Treibhausgase ausstößt.
Steuern
Je länger der Wahlkampf dauerte, desto mehr Steuernachlässe versprach Trump. Doch spätestens, wenn es um den kommenden Haushalt geht, werden er und die Republikaner im Kongress sich der Realität stellen müssen. Die von ihnen vergebenen Steuernachlässe in Höhe von 4,7 Billionen Dollar aus dem Jahr 2017 laufen 2025 aus, Trump möchte sie verlängern. Der Kongress wird sich damit beschäftigen, ob dies und das versprochene Ende besteuerter Trinkgelder und Überstunden überhaupt machbar sind. Derzeit gibt der Staat fast ein Drittel mehr aus, als er einnimmt.
Quelle: ntv.de