Panorama

Vatikan hat neues GrundgesetzPapst öffnet kirchliche Spitzenämter für Frauen

21.03.2022, 20:11 Uhr
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Den Kirchenstaat modernisiert: Papst Franziskus will sich nicht mehr nur mit Kardinälen umgeben. (Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die katholische Kirche steckt in der Krise: Sexueller Missbrauch und reformunwillige Männerbünde treiben die Gläubigen in Scharen davon. Der Papst verpasst dem Kirchenstaat nun ein neues Grundgesetz: Künftig können auch Laien und Frauen im Vatikan wichtige Posten bekleiden.

Erstmals in der Geschichte der römischen Kurie können bald auch Laien und sogar Frauen die Leitung von wichtigen Behörden des Vatikans übernehmen. Das wurde am Nachmittag bei der Vorstellung der neuen Grundordnung für die Verwaltung des Kirchenstaates betont. Papst Franziskus hatte am Wochenende die neue Apostolische Konstitution "Praedicate Evangelium" veröffentlicht, die am 5. Juni in Kraft tritt. Darin bricht der Pontifex mit vielen Regeln seiner Vorgänger. Eine der wichtigsten Neuerungen ist, dass fast alle Dikasterien - die bislang zum Teil Kongregationen hießen und so etwas wie die Ministerien des Vatikans sind - auch von Personen geführt werden können, die keine Priester, Bischöfe oder gar Kardinäle sind.

"Dies sind keine Ausschlusskriterien mehr", sagte der vom Heiligen Stuhl beauftragte Kirchenrechtler Gianfranco Ghirlanda. Von den künftig 16 Dikasterien seien manche sogar prädestiniert dafür, von Nicht-Geweihten geführt zu werden, etwa jenes für Laien-Familie-Leben, unterstrich Ghirlanda. Laut der bisherigen Ordnung von 1988 muss ein Leiter einer Kurienabteilung Kardinal oder Erzbischof sein.

Durch die Änderung von Franziskus können sich nun auch Frauen Hoffnung auf einen Spitzenjob im Vatikan machen. Der Papst will, dass seine Kurie die tatsächliche, christliche Welt widerspiegelt. Er setzt die Verbreitung der Heiligen Schrift und die Arbeit für Bedürftige in den Mittelpunkt der Kurienverfassung; er selbst steht dem neuen Dikasterium für Evangelisierung vor.

Ein Paragraf zum sexuellen Missbrauch

Die führenden Mitarbeiter der Kurie sollen künftig noch mehr aus den Diözesen von überall auf der Welt kommen, Franziskus wünscht sich mehr Fluktuation. Deshalb sollen die Posten in der Kurie auch nur für fünf Jahre vergeben werden. Allerdings gebe es die Möglichkeit, nach den ersten fünf Jahren für weitere Amtszeiten zu verlängern, "wenn man gute Arbeit macht", sagte Ghirlanda, der neben Kardinal Marcello Semeraro und Bischof Marco Mellino die Kurienordnung vorstellte.

Die Verfassung geht auch in einem Paragrafen auf das Thema sexueller Missbrauch ein. Die Päpstliche Kommission zum Schutz Minderjähriger solle etwa Bischöfe und Bischofskonferenzen unterstützen, Strategien zu entwickeln, um Minderjährige vor sexuellem Missbrauch zu schützen, hieß es im Abschnitt zur Glaubenskongregation, der Missbrauchsfälle in der Kirche gemeldet werden müssen. Zudem soll die Kommission gemäß dem Kirchen- und Zivilrecht angemessene Antworten im Fall von Missbrauch etwa durch Kleriker finden.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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