Sichere Weihnachten trotz Corona "Lüften, spazieren gehen, per Auto anreisen"
13.12.2021, 19:54 Uhr
Ein gemütliches Weihnachtsfest kann auch in der Pandemie gelingen, wenn man bestimmte Sicherheitsvorkehrungen trifft.
(Foto: imago images/Political-Moments)
Das zweite Weihnachten in der Pandemie steht bevor. Die Feiertage verbringen wir in der Regel mit unserer Familie, gemütlich im beheizten Wohnzimmer. Beste Voraussetzungen für das Coronavirus. Aber ein paar Maßnahmen helfen, um dennoch ein möglichst sicheres Fest zu verbringen.
Weihnachten, das sind nicht nur Tannenbaum und Geschenke, das sind nicht nur Kerzenlicht und Krippenspiel, das ist vor allem das Zusammenkommen der Familie. In einer Umfrage haben einmal rund 70 Prozent der Befragten angegeben, dass sie Weihnachten vor allem deshalb feiern, weil die Familie zusammenkommt. Zusammensitzen, essen, trinken, quatschen, Geschenke auspacken. Ein schöner Abend für die ganze Familie, aber - und das ist das Problem - so ein Treffen bietet leider auch beste Bedingungen für das Coronavirus.
"Aerosole sind immer um uns herum. Wir leben ja in einem Aerosol. Die Luft, die wir dauernd einatmen, ist ja nicht rein, sondern mit irgendwelchen Teilchen belastet, und das ist eigentlich das Aerosol. Ein Aerosol ist immer ein Gemisch aus Luft und Kleinteilchen", erklärt Gerhard Scheuch im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Er ist Biophysiker und beschäftigt sich als Wissenschaftler und Chef eines Aerosol-Unternehmens schon seit Jahrzehnten mit allen Fragen rund um unsere Atemluft und Lufthygiene.
Die Gefahr, sich an der frischen Luft anzustecken, sei sehr klein, sagt Scheuch, der seit über einem Jahr vor den Gefahren von Indoor-Veranstaltungen warnt. "Die Aerosole entstehen beim Atmen in der Lunge und werden dann quasi abgegeben. Wir atmen dauernd Aerosole ab und damit auch diese Aerosolviren. Je länger man sich in einem geschlossenen Raum aufhält, desto mehr Viren befinden sich in jedem Liter der Atemluft." Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Infektionsgefahr in Innenräumen bis zu 19-mal höher als an der frischen Luft.
Alle 20 Minuten Fenster aufreißen
Weihnachten feiern wir traditionell aber natürlich im kuschlig warmen Wohnzimmer und nicht draußen. Wenn man pro Person etwa 10 Kubikmeter Raumvolumen zur Verfügung habe, sei das Ansteckungsrisiko für ungefähr 20 Minuten gering, hat der Aerosolforscher ausgerechnet. Scheuch nennt eine Art Faustregel: "Meistens hat man ja eine Deckenhöhe um die drei Meter. Das heißt dann, wenn man zehn Kubikmeter Raumvolumen braucht, muss man mindestens mit drei bis vier Quadratmetern Fläche pro Person rechen, um sich möglichst sicher zu fühlen. Aber nach 20 Minuten wäre das Ansteckungsrisiko auch dann wieder erheblich gestiegen."
Alle 20 Minuten sollte unbedingt gelüftet werden, stellt Experte Scheuch klar. Das sei die effektivste Maßnahme. Dass die Luft im Raum verbraucht ist, merkt man in der Regel am Geruch - auch ohne technische Hilfsmittel. Wer sich aber nicht nur auf seine Nase verlassen möchte, kann sich ein CO2-Messgerät besorgen. Steigt der CO2-Gehalt in der Raumluft, ist das ein Indikator für einen Anstieg der Virenbelastung. Auch hier nennt Scheuch eine Faustformel: "Die CO2-Konzentration sollte nicht über 1000 PPM, also parts per million, steigen. Im Freien liegt dieser Wert bei 400 PPM. Da wir nicht nur CO2, sondern auch diese Aerosole gleichzeitig abatmen, ist der CO2-Wert ein Maß dafür, wie viel Aerosolpartikel im Raum sein könnten."
CO2-Messgeräte und Raumluftfilter können helfen
Ordentliche CO2-Messgeräte gebe es schon ab 25 bis 30 Euro, sagt Scheuch. Als zusätzliche Maßnahme empfiehlt er den Einsatz von mobilen Raumluftfiltern. Diese helfen dabei, Viren aus der Zimmerluft zu entfernen und das Infektionsrisiko zu senken. "Recht gute Geräte" gibt es laut dem Aerosolexperten ab etwa 300 Euro. Ein gutes Gerät sollte in der Lage sein, die Raumluft pro Stunde mindestens viermal umzuwälzen.
Aber das heißt nicht, dass man dann gar nicht lüften muss. Vielmehr könne ein gleichzeitig eingesetztes CO2-Gerät helfen, das Lüften zu kontrollieren, so Scheuch. "Wenn man einen Raumluftfilter gleichzeitig einsetzt, dann dürfen die Werte durchaus etwas höher ansteigen als diese 1000 PPM, weil man ja gleichzeitig die Aerosolkonzentration, also die Virenkonzentration, in dem Raum reduziert. Das ist der Vorteil, wenn man diese mobilen Raumluftfilter zusätzlich installiert hat."
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Wenn man sich dennoch mit mehreren Familienmitgliedern gleichzeitig treffen möchte, bietet sich ein Spaziergang an. Draußen hat es das Virus bekanntlich deutlich schwerer, neue Opfer zu finden. Aber nicht nur Spaziergänger sind im Vorteil, sondern auch Raucher, die naturgemäß ebenfalls regelmäßig an die frische Luft gehen. Die bekannte Heinsberg-Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck hatte kurz nach Beginn der Pandemie bereits gezeigt, dass das Infektionsrisiko von Rauchern bei der Karnevalsveranstaltung geringer war als das von Nichtrauchern.
Möglichst kurze Treffen vereinbaren
"Ein anderer wichtiger Punkt, der bei diesem Ansteckungsgeschehen eine Rolle spielt, ist die Zeit. Wenn man sich mit seiner Familie trifft, sollte man sich möglichst nicht zu lange treffen. Doppelte Zeit in einem geschlossenen Raum bedeutet vielfaches Ansteckungsrisiko." Scheuch rät, Treffen nur für eine kurze Zeit zu vereinbaren. Sofern möglich, sollte man die Feierlichkeiten aufteilen. "Man könnte also einen Teil der Familie zum Mittagessen einladen und den anderen Teil zum Abendessen, sodass nicht zu viele Leute gleichzeitig in einem Raum sind."
Und natürlich kann auch trotz doppelter oder dreifacher Impfung ein Corona-Test nicht schaden, bevor man die Großeltern zur Feier einlädt. Und wer kann, sollte individuell anreisen und öffentliche Verkehrsmittel meiden, rät Scheuch. "Ich bin selbst Umweltforscher gewesen und bedauere natürlich, dass man das jetzt vorschlagen muss. Aber ja, man sollte lieber individuell mit dem privaten Auto zur Familie fahren oder natürlich mit dem Fahrrad oder zu Fuß gehen, wenn es möglich ist. Leider sind überfüllte Züge ein Risiko."
"Open Air statt Ausgangssperre" - das ist grundsätzlich das Motto von Aerosolforscher Scheuch. Das Problem: Weihnachten komplett im Freien zu verbringen, ist auf der Nordhalbkugel eher unrealistisch. Es sei denn, die Temperaturen sind ungewohnt mild oder man ist ein Outdoor-Fan und verbringt das Fest am Lagerfeuer. Ansonsten sollten Sie einige Vorkehrungen treffen für ein möglichst sicheres Fest in der Pandemie.
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Quelle: ntv.de