Offene Fragen nach Vakzin-Fund Produzierte Astrazeneca-Werk an EU vorbei?
26.03.2021, 14:59 Uhr
Erst heute hat die EMA dem Halix-Werk in Leiden grünes Licht gegeben.
(Foto: picture alliance / ROBIN UTRECHT)
In einer niederländischen Fabrik wird der Astrazeneca-Impfstoff offenbar schon seit Monaten hergestellt. Doch bislang erhält die EU davon keine einzige Charge. Der Fund der rund 30 Millionen Dosen in Italien ist wohl auch auf das Werk zurückzuführen, hinter dem ein deutscher Milliardär steht.
Die Spur der überraschend in Italien aufgetauchten 29 Millionen Dosen Impfstoff des Herstellers Astrazeneca führt offenbar in eine Fabrik im niederländischen Leiden. Wie der "Spiegel" berichtet, produziert das Werk der Firma Halix bereits seit Dezember rund fünf Millionen Dosen pro Monat, lieferte aber bislang keine davon an EU-Mitgliedsstaaten aus. Stattdessen könnte das Vakzin in weiten Teilen nach Großbritannien gegangen sein.
Im Abnahmevertrag zwischen der EU und Astrazeneca von Ende August sei das Werk in Leiden als ein Produktionsstandort für Europa festgelegt. Doch erst am Mittwoch habe Astrazeneca den entsprechenden Antrag bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA gestellt, dem heute stattgegeben wurde. Laut "Spiegel" verdächtigt die EU den Hersteller, das Gesuch bewusst verzögert zu haben, um den Impfstoff in der Zwischenzeit an die Briten liefern zu können.
Hinweis darauf gebe die Aussage eines Mitglieds der britischen Impfstoff-Taskforce. Demnach seien die ersten Impfdosen im Dezember aus den Niederlanden gekommen. Dort gibt es lediglich das Werk in Leiden. Zudem ließ der britische Gesundheitsminister Matt Hancock verlauten, dass der Londoner Vertrag mit Astrazeneca den der EU übertrumpfe und sich sein Land somit einen vorrangigen Zugriff gesichert habe.
Deutsches Familienunternehmen im Hintergrund
Halix selbst wolle sich dazu nicht äußern. Die Firma sei eine Tochter des niederländischen Unternehmens HAL Allergy, welches wiederum der Düsseldorfer Droege Group gehört. Das Konglomerat in Familienhand hält etwa Mehrheiten am Weltbild Verlag oder dem Hersteller von Beatmungsgeräten Servona. Gründer und Milliardär Walter Droege gelte als äußerst verschwiegen.
Halix habe bereits im April vergangenen Jahres mit der Zusammenarbeit begonnen, hieß es demnach in einer Pressemitteilung. "Halix hatte einen guten Ruf als Auftragsfertiger", sagte der Pharmaexperte Wilbert Bannenberg dem "Spiegel". Doch nun scheint es, als wäre die EU hintergangen worden. So habe Binnenmarktkommissar Thierry Breton die Fabrik Anfang März besucht, ohne auf nennenswerte Impfvorräte zu stoßen.
Astrazeneca bestreitet zwar, dass der Fund in Italien nach Großbritannien gehen sollte. Doch die EU dürfte die Unklarheiten um das Werk in Leiden, aus dem die aufgetauchten Dosen wohl hauptsächlich stammten, noch länger beschäftigen. Schließlich wird dort seit Monaten Impfstoff produziert, der in der EU dringend benötigt wird.
Quelle: ntv.de, mdi