Schuldunfähig mit Wahnerkrankung "Reichsbürger" muss in Psychiatrie bleiben
08.03.2023, 10:04 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Der Mann war im Oktober 2022 verurteilt worden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein Angeklagter glaubt, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert und er vom früheren US-Präsidenten Trump zum "Commander" der US-Streitkräfte ernannt worden sei. Er versucht Tötungsbefehle zu erteilen und wird nach einem Verfahren in die Psychiatrie eingewiesen. Dort muss er bleiben, urteilt der BGH.
Der Bundesgerichtshof hat die Unterbringung eines Mannes aus der "Reichsbürger"-Szene in einem psychiatrischen Krankenhaus bestätigt und damit einen entsprechenden Revisionsantrag verworfen. Das Landgericht Oldenburg hatte den damals 55-Jährigen im September in eine forensische Klinik einweisen lassen, weil er wegen einer Wahnerkrankung nicht schuldfähig sei. Dieses Urteil bestätigte der BGH jetzt, wie es in einer Mitteilung aus Karlsruhe heißt.
Der Mann war ursprünglich unter anderem wegen der versuchten Anstiftung zum Totschlag angeklagt. Das Landgericht stellte fest, dass er sich für einen vom früheren US-Präsidenten Donald Trump ernannten "Commander" der US-Streitkräfte hielt, der mit der Ausübung von Hoheitsrechten in Deutschland beauftragt worden sei.
Er glaubte demnach an das Weiterbestehen des ehemaligen Oberkommandos der alliierten Streitkräfte in Nordwest- und Mitteleuropa, das den militärischen Kampf gegen Nazi-Deutschland in den letzten rund eineinhalb Jahren des Zweiten Weltkriegs organisiert hatte. In Wirklichkeit wurde diese Institution 1945 aufgelöst.
Gehorsam erwartet
Laut Landgericht betrieb der Mann Telegram-Kanäle mit tausenden Followern, überwiegend andere sogenannte "Reichsbürger", und versuchte auf diesem Weg Befehle zu erteilen. Einen Follower habe er per Sprachnachricht dazu aufgefordert, den Bürgermeister einer Kleinstadt zu töten, weil der ein sogenanntes "Amtsblatt der Hohen Kommission" nicht im Ratshaus auslegen wollte. Gegen viele andere Menschen habe er Todesurteile verkündet - so etwa gegen Polizisten, Justizangehörige, einen Journalisten.
Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.
Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)
Auch Menschen, die sich für Corona-Impfungen aussprachen oder gegen "Reichsbürger" vorgingen, wollte er demnach tot sehen. Er sei davon ausgegangen, dass Gleichgesinnte seine Autorität anerkennen und die von ihm ausgesprochenen Todesurteile vollstrecken würden.
Das Landgericht hielt den psychisch kranken Mann für gefährlich für die Allgemeinheit. Zugleich ging es davon aus, dass von dem Angeklagten krankheitsbedingt in Zukunft vergleichbare Taten zu erwarten seien. Es ordnete darum an, dass er unbefristet in einer forensischen psychiatrischen Klinik bleiben solle, was der BGH nun bestätigte.
(Dieser Artikel wurde am Montag, 06. März 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, sba/AFP