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"Nichts für schwache Nerven" Schwangere Studentin kämpft mit Eliteuni um Prüfungstermin

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Das Georgetown University Law Center bemüht sich nach eigenen Angaben um ein unterstützendes Umfeld für Schwangere und studierende Eltern.

Das Georgetown University Law Center bemüht sich nach eigenen Angaben um ein unterstützendes Umfeld für Schwangere und studierende Eltern.

(Foto: picture alliance / robertharding)

Als Jurastudentin Brittany Lovely schwanger wird, versucht sie, ihr Studium an der Georgetown University in Washington D.C. mit der Schwangerschaft zu vereinbaren. Doch dann fällt die Prüfungsphase mit dem errechneten Geburtstermin zusammen. Und die Elite-Uni ist nicht sehr kooperativ.

Die Afroamerikanerin Brittany Lovely studiert Jura an der Georgetown University Law Center in Washington D.C. Schon das Studium an der größten juristischen Fakultät in den Vereinigten Staaten verlangt der 34-Jährigen einiges ab. Lovely hat nur noch wenige Semester des Studiums vor sich, als sie bemerkt, dass sie schwanger ist. "Als ich es herausfand, dachte ich: 'Oh mein Gott", sagt Lovely der "Washington Post". Lovelys Partner Tyler Zirker studiert ebenfalls Jura an der Georgetown University.

Die Schwangerschaft verläuft unkompliziert, doch es gibt ein Problem: Denn Geburtstermin und Prüfungsphase fallen zusammen. Lovelys errechneter Geburtstermin ist der 2. Dezember. Laut dem akademischen Kalender der Universität sind die Prüfungen für den 6. bis 13. Dezember angesetzt, mögliche Nachholtermine für den 16. bis 18. Dezember. "Jeder, der schon einmal schwanger war, ein Kind bekommen hat, mit einem Neugeborenen zu tun hatte oder auch nur ein Fünkchen Empathie besitzt, würde schnell erkennen, dass eine Art von Anpassung erforderlich ist", schreibt Kathryn Rubino auf der Webseite Above the Law.

"Die Ergebnisse der Müttergesundheit von Schwarzen in D.C. sind ziemlich katastrophal", sagt Lovely der Zeitung. Während Schwarze etwa die Hälfte aller Kinder in Washington bekommen, sind sie laut Daten des Maternal Mortality Review Committee des District of Columbia von 90 Prozent aller schwangerschaftsbedingten Todesfälle betroffen. "Meine Bevölkerungsgruppe ist bereits jetzt stark benachteiligt", sagt Lovely. Dabei gibt es in den USA ein Antidiskriminierungsgesetz.

Antidiskriminierungs-Gesetz "Title IX" soll Chancengleichheit bringen

Um eine Lösung für ihr Terminproblem zu finden, wendet sich die Schwangere an den "Titel IX"-Beauftragen der Universität. "Title IX" ist ein Bundesgesetz aus dem Jahr 1972. Das Gesetz verbietet geschlechtsspezifische Diskriminierung in Schulen und Bildungseinrichtungen, die vom Staat finanziell unterstützt werden. Bildungseinrichtungen, die Schwangeren keine angemessenen Bedingungen bieten, könnten gegen "Titel IX" verstoßen, sagt Josia Klein, Rechtsberaterin des Teams für Bildung und Arbeitsplatzgerechtigkeit des National Women's Law Center, der "WP".

Im September erarbeiteten der "Titel-IX"-Beauftragte und Lovely verschiedene Möglichkeiten. Eine Option wäre, dass die 34-Jährige die Prüfung vorzeitig ablegen könnte. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sie die Prüfung am besagten Termin im Homeoffice ablegen könnte. Doch alle Optionen, die der Beauftragte dem Prüfungsamt vorschlug, wurden abgelehnt, sagt Lovely.

"Mutterschaft ist nichts für schwache Nerven"

Bei einem darauffolgenden Gespräch über Zoom hätten die Vertreter des Prüfungsausschusses den Ehrenkodex der Universität und eine uniweite Richtlinie als Grund für die Ablehnung angeführt, sagt Lovely. "Das Gespräch war schrecklich", so Lovely. "Sie sagten, dass ich auf jeden Fall persönlich kommen müsse, um diese Prüfung abzulegen." CNN zufolge hat die Uni weder das Gespräch noch die besprochenen Themen bestätigt.

Die Uni-Vertreter schlugen demnach vor, dass Lovely jemanden mit ihrem Neugeborenen vor dem Prüfungsraum platzieren könnte, damit sie während des Tests Pausen einlegen und ihr Baby stillen könne. Zudem sollen sie zu ihr gesagt haben: "Mutterschaft ist nichts für schwache Nerven."

Daraufhin setzte die Jura-Studentin ein Rechtsgutachten auf, in dem sie Erfahrungsbeispiele des "Titel IX"-Gesetz anführt, und schickte dieses Gutachten an den Dekan der juristischen Fakultät. Der Dekan habe geantwortet, er sei nicht für Schwangerschaftsanpassungen zuständig, und sie an den Titel-IX-Beauftragten verwiesen, so Lovely.

Aufschrei bringt Abhilfe

Schließlich erfuhren Kommilitonen und Freunde von ihrem Kampf gegen das Prüfungsbüro. Sie brachten eine Petition für die Rechte der schwangeren Studentin in Umlauf - mit Erfolg: Laut Lovely hat die Petition inzwischen mehr als 7000 Studierende, Lehrkräfte, Alumni und Gemeindemitglieder im ganzen Land erreicht. "Erst nach all dem öffentlichen Aufschrei" konnte eine Lösung gefunden werden, sagt Lovely. Ende November beschloss die Universität, im Januar einen zusätzlichen Aufschubtermin anzubieten, so Lovely.

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Georgetown bietet laut eigenen Angaben Unterstützung bei Schwangerschaft und Elternschaft an, einschließlich Unterkünften. Laut der Website der juristischen Fakultät können Studierende um schwangerschaftsbedingte Abwesenheit, Pausen während des Unterrichts und neu angesetzte Tests oder Prüfungen bitten. Als CNN einen Universitätssprecher erreichte, wollte dieser weder Lovelys Darstellungen bestätigen, noch ob sie im Januar Prüfungen ablegen darf oder wann eine Entscheidung getroffen wird. "Georgetown ist bestrebt, ein fürsorgliches, unterstützendes Umfeld für schwangere und studierende Eltern zu schaffen. Wir haben mit der Studentin, die Bedenken geäußert hat, eine einvernehmliche Lösung gefunden", sagt der Sprecher CNN.

"Es fühlt sich nicht zufriedenstellend oder hilfreich an", sagt Lovelys Partner der "WP". Der Umgang der Universität mit der Situation habe eine "wirklich schlechte Botschaft" an Studierende und insbesondere Eltern ausgesendet, so Tyler. Trotzdem hofft Lovely, dass die Universität in Zukunft Richtlinien ändern wird. "Es ist toll, dass sie einen Weg gefunden haben", sagt Lovely, "'aber warum musste ich monatelang mit ihnen kämpfen?"

Quelle: ntv.de, rwe

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