Panorama

Spahn reformiert ImpfverordnungStaaten erlassen Alterslimit für Astrazeneca

02.02.2021, 22:28 Uhr
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Die Lagerung im Kühlschrank ist ein echter Vorteil des Astrazeneca-Präparats. (Foto: REUTERS)

Einige EU-Mitgliedsländer weichen von den Empfehlungen der EMA ab und schränken den Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs ein. Ihnen reichen die Daten über die Wirksamkeit bei älteren Probanden nicht aus. Deutschland doktert vor diesem Hintergrund an seinem Impfplan herum.

Mehrere EU-Staaten folgen dem Beispiel Deutschlands und geben eine Altersvorgabe für den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca heraus. So empfiehlt die oberste Gesundheitsbehörde in Frankreich, das Vakzin vorzugsweise bei Erwachsenen unter 65 Jahren anzuwenden. Das liege daran, dass es zunächst nicht genügend Daten zur Wirksamkeit des Impfstoffs in der Altersgruppe über 65 gebe. "Die Empfehlung wird im Lichte zusätzlicher Daten, die in naher Zukunft zur Verfügung stehen werden, insbesondere für Personen im Alter von 65 Jahren und älter, erneut überprüft werden", hieß es.

Der Impfstoff des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca unterscheide sich auch in seinen Lagerungsbedingungen von anderen verfügbaren Impfstoffen. Das sollte den Impfweg vereinfachen, so die Gesundheitsbehörde. Ein großer Vorteil bei Astrazeneca ist, dass man den Impfstoff bei Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad lagern kann. Daher sei empfohlen, dass auch geschulte Apothekerinnen und Apotheker oder Hebammen eine Impfung durchführen könnten. Wer aber etwa an Vorerkrankungen leide, solle die Impfung vorher mit seinem Arzt besprechen.

In Großbritannien wird das Präparat, das Astrazeneca gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hat, bereits seit Anfang Januar großflächig eingesetzt. Auch in Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission das Mittel nur für Erwachsene unter 65 Jahren. Zu diesem Schritt entschloss sich nun auch Schweden. Eine entsprechende Empfehlung veröffentlichte die staatliche Gesundheitsbehörde in Stockholm. Zuvor hatte die EU-Arzneimittelbehörde EMA die europaweite Zulassung des Impfstoffs empfohlen - und zwar für Erwachsene ab 18 Jahren ohne eine Altersbegrenzung.

EU-Staat Malta geht jetzt sogar noch einen Schritt weiter und will den Impfstoff nur an Erwachsene unter 55 Jahren verabreichen. Das teilte Gesundheitsminister Chris Fearne mit. Zur Begründung sagte auch er, es gebe nicht ausreichend Daten, die die Wirksamkeit bei älteren Menschen garantieren würden. Ältere sollen demnach die Vakzine von Pfizer-Biontech und Moderna erhalten. Das kleinste EU-Land mit rund 500.000 Einwohnern hatte insgesamt zwei Millionen Dosen bestellt. Das würde reichen, um die Bevölkerung doppelt zu impfen. Fearne fügte hinzu, dass Malta überschüssige Impfdosen an andere Länder spenden oder verkaufen wolle.

Deutsche Impfverordnung wird angepasst

Nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission in Deutschland hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn unterdessen die Impfverordnung überarbeitet. Ein Referentenentwurf sieht vor, dass das Vakzin von Astrazeneca an Menschen zwischen 18 und 64 Jahren vorrangig verimpft werden soll, wenn sie einer der Gruppen für die ersten Impfungen angehören. "Vor dem Hintergrund der vorliegenden Stiko-Empfehlungen werden impfstoffspezifische Priorisierungen vorgesehen, da für bestimmte vorliegende Impfstoffe bislang nur eine Schutzimpfung bei Personen bestimmten Alters empfohlen ist", heißt es in der Vorlage. Zudem solle eine Öffnungsklausel eingeführt werden, die Einzelfallentscheidungen ermöglicht.

Höchste Priorität haben der neuen Impfverordnung zufolge weiterhin Menschen ab 80 sowie Pflegekräfte und Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen ab 65 Jahren. Höchste Priorität bei der Vergabe des Astrazeneca-Präparats haben zudem Pflegekräfte und Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen "mit einem sehr hohen Expositionsrisiko", wenn sie zwischen 18 und 64 Jahre alt sind.

Zur zweiten Gruppen mit "hoher Priorität" gehören alle ab 70 - sowie Menschen, die an einer bestimmten Krankheit leiden. Dazu zählen unter anderem Demenz, Diabetes mellitus oder bestimmte Lungenerkrankungen. Wer unter einer dieser Krankheiten leidet und zwischen 18 und 64 Jahre alt ist, hat nur auf Astrazeneca Anspruch.

Anspruch haben in dieser Gruppe zudem auch Polizei- und Ordnungskräfte, die etwa bei Demonstrationen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Auch hier gilt: für die Jüngeren zwischen 18 und 64 ist Astrazeneca vorgesehen, sie haben keinen Anspruch auf ein anderes Präparat. In einer dritten Gruppe sind alle ab 60 und Menschen mit bestimmten Erkrankungen aufgeführt. Auch Mitarbeiter des Einzelhandels, Lehrer und Erzieher gehören dazu.

Spahn hatte die Überarbeitung der Impfverordnung bereits am Wochenende angekündigt. "Die Grundreihenfolge bleibt, aber wir gehen sie zusätzlich altersgestaffelt an", sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung mit Experten und Pflegekräften.

Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa

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