Panorama

Leichte Entspannung in Türkei Starke Winde fachen Feuer in Griechenland an

Der Kampf gegen die Flammen ist in vielen Teilen Griechenlands aktuell aussichtslos. Starke Winde fachen die Feuer wohl immer wieder an.

Der Kampf gegen die Flammen ist in vielen Teilen Griechenlands aktuell aussichtslos. Starke Winde fachen die Feuer wohl immer wieder an.

(Foto: picture alliance/dpa/ilialive.gr/AP)

Vor allem an den Mittelmeerküsten bahnen sich die Flammen weiter ihren Weg. Während in der Türkei dank abflauenden Windes ein wenig Hoffnung aufkeimt, ist die Lage in Griechenland weiter extrem angespannt. In Teilen Athens fällt der Strom aus, Menschen leiden unter Atemwegsproblemen.

Bei den verheerenden Waldbränden in Griechenland und der Türkei spitzt sich die Lage zu - vor allem in der Nähe von Athen. Starke Westwinde fachten die zahlreichen Feuer erneut an. In der Türkei sind mindestens schon acht Menschen ums Leben gekommen, darunter ein deutsch-türkisches Ehepaar. Dort waren zwölf von ursprünglich mehr als 200 Bränden noch nicht unter Kontrolle. Die Küstenregionen Antalya, Marmaris und Milas sind besonders betroffen. Vor allem in Milas in der westtürkischen Provinz Mugla ist die Lage ernst. Dort wurden 19 Wohnviertel evakuiert, die Flammen rücken unvermindert vor. Eine Wetterbesserung oder gar Regen sind nicht in Sicht.

Wegen der unkontrollierten Waldbrände fiel in der griechischen Hauptstadt Athen zunehmend der Strom aus. Der staatliche Netzbetreiber kündigte an, einzelne Athener Stadtteile vorübergehend und planmäßig vom Netz zu nehmen, um die Versorgung insgesamt aufrecht erhalten zu können. Der griechische Zivilschutz-Chef Nikos Chardalias informierte über 56 aktive Brände im ganzen Land. Nördlich von Athen breitete sich das Feuer in Richtung der Gemeinde Marathon aus, die Evakuierung von weiteren 13 Siedlungen laufe. Selbst Dutzende Kilometer von den Bränden entfernt sahen die Menschen gewaltige gelbe Rauchwolken am Himmel, es roch verbrannt, Asche regnete vom Himmel. Viele Menschen litten an Atemwegsbeschwerden, sagte der Gesundheitsminister Wassilis Kikilias im griechischen Staatsfernsehen. Vor Gefahren wegen der Luftverschmutzung warnte die Chefin der Pneumologischen Klinik des Athener Krankenhauses Sotiria, Nina Gaga. "Gehen Sie nicht aus dem Haus", warnte sie. Normale Schutzmasken gegen Corona hülfen nicht. Wer ausgehe, müsse sich mit einer Maske vom Typ P95 und höher schützen, sagte die Ärztin.

Auch auf dem Peloponnes und der Insel Euböa wüten die Feuer teils unkontrolliert. Von deren Strand wurden seit gestern Abend nach Angaben der Küstenwache weit mehr als 600 Menschen in Sicherheit gebracht. Dabei wurden auch Touristenschiffe eingesetzt. Seit Dienstag hatten sich die Flammen durch ein großes Gebiet von Pinienwäldern gefressen und das Meer erreicht. Die örtlichen Behörden sprechen von der größten Katastrophe auf der - auch Evia genannten - Insel seit 50 Jahren. Hunderte von Häusern seien beschädigt, große Acker- und Waldflächen zerstört.

Am Morgen sei es zunächst nur darum gegangen, die Ausbreitung der Brände zu verhindern, berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA. Von einer Kontrolle der Flammen könne angesichts der starken Winde vorerst keine Rede sein. Regierungschef Mitsotakis warnte am Donnerstagabend vor einem "noch nie da gewesenen Zustand, weil die vergangenen Tage der Hitze und Trockenheit das Land in ein Pulverfass verwandelt haben". Bis mindestens Montag ist es untersagt, Wälder zu besuchen. Arbeiten , die Funken oder Flammen erzeugen könnten, sind verboten.

Zwei Großbrände in Antalya sind unter Kontrolle

In der Türkei wurden nach offiziellen Angaben seit Beginn der Brände vor etwa zehn Tagen mehr als 36.000 Menschen aus rund 12.000 Häusern in Sicherheit gebracht. In Antalya flaute der Wind unterdessen ab, und die Behörden hofften, die im Bezirk Manavgat lodernden Brände bald unter Kontrolle zu bringen. Die Zerstörungen in der Türkei sind schon jetzt immens. Schätzungen zufolge fielen mindestens 1000 Quadratkilometer Wald und Felder den Flammen zum Opfer - eine Fläche etwa doppelt so groß wie der Bodensee. Zwei Großbrände in der türkischen Urlaubsregion Antalya sind nach offiziellen Angaben mittlerweile unter Kontrolle. Man sei nun dabei, die Gegend abzukühlen, teilte Forstminister Bekir Pakdemirli auf Twitter mit. Er dankte den Rettungskräften für ihren Einsatz.

Kritiker bemängeln, die türkische Regierung habe zu langsam und unzulänglich auf die Bedrohung reagiert. Im Fokus steht der Mangel an Löschflugzeugen und -hubschraubern, weswegen die Türkei in erheblichem Umfang auf Maschinen aus anderen Ländern zurückgreift. Oppositionspolitiker verwiesen auf Zahlen der Forstbehörde, wonach im ersten Halbjahr nur zwei Prozent der für die Bekämpfung von Waldbränden vorgesehenen Gelder in Höhe von umgerechnet rund 20 Millionen Euro tatsächlich eingesetzt wurden. Die Regierung gibt die Vorwürfe weiter an die heimische Luftfahrtvereinigung, die die Löschflugzeug-Flotte trotz großzügiger Finanzausstattung nicht ausreichend gewartet habe.

Auch die Feuerwehr in Italien kämpft weiter gegen Brände. In den letzten zwölf Stunden seien die Helfer zu 395 Einsätzen ausgerückt, erklärte die Feuerwehr am Freitagvormittag. Die meisten Einsätze waren in Sizilien und Kalabrien. Derzeit seien acht Löschflugzeuge im Einsatz, darunter in den Provinzen Reggio Calabria, Cosenza und Matera. Für die nächsten Tage sagen Meteorologen wieder große Hitze für den Süden voraus. Die Temperaturen könnten von Sonntag an die 40 Grad erreichen und dann bis zu 45 Grad steigen, teilte der Wetterdienst meteo.it mit.

Zwei Menschen sind in Süditalien ums Leben gekommen. Die Leiche eines Mannes und einer Frau seien bei einem Bauernhof in San Lorenzo in der kalabrischen Provinz Reggio Calabria entdeckt worden, teilte die Feuerwehr auf Twitter mit. Das Feuer habe einen Stall und ein weiteres Gebäude erfasst. Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, die beiden hätten einen Olivenhain vor den Flammen bewahren wollen.

Brandstifter in Italien festgenommen

Der Boden staubtrocken, die Hitze groß: Immer wieder stecken Menschen in Italien absichtlich Felder und Wälder in Brand. Ein Schaf- und Ziegenzüchter wurde nun in Kampanien festgenommen. Der Mann habe in der Gemeinde Montesarchio mit einem Feuerzeug hantiert und sei erwischt worden, teilte die Polizei mit. Zwei Hektar Eichenwald, Weide- und Brachland brannten. Dem Mann drohen vier bis zehn Jahre Haft.

Deutschland hat bisher keine Hilfe in die von Waldbränden gebeutelten Länder geschickt - aktuell wird aber geprüft, ob ein Bundesland Einsatzkräfte der Feuerwehr nach Griechenland entsenden kann. Seit Beginn der Waldbrände in Südeuropa haben nach Angaben des Bundesinnenministeriums Griechenland, Albanien, Italien, Nordmazedonien und die Türkei über das EU-Verfahren zur Hilfe im Katastrophenschutz Unterstützung angefragt. Die Bundesregierung sei zudem direkt um Hilfe gebeten worden.

"Die genannten Staaten haben überwiegend um Unterstützung durch Löschflugzeuge gebeten, über die Deutschland nicht verfügt", teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Bisher können zur Brandbekämpfung aus der Luft in Deutschland Hubschrauber von Polizei und Bundeswehr eingesetzt werden, wobei die Hubschrauber der Polizei zum Teil nur eine relativ geringe Menge Wasser transportieren können. Gesteuert wird die Unterstützung über die EU in Brüssel. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen der EU arbeitet in diesen Tagen auf Hochtouren. Nach Angaben aus Brüssel waren in Griechenland zuletzt Löschflugzeuge aus Zypern, Schweden, Frankreich, Kroatien und Rumänien im Einsatz. Zudem unterstützen mehr als 200 von EU-Staaten gestellte Feuerwehrleute und Rettungskräfte die griechischen Einsatzkräfte. In der Türkei helfen drei Flugzeuge aus Kroatien und Spanien sowie ein Hubschrauber aus Polen bei der Brandbekämpfung.

"Das rund um die Uhr besetzte Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen steht in ständigem Kontakt mit den Katastrophenschutzbehörden der von den Bränden betroffenen Länder, um die Lage genau zu überwachen und die EU-Hilfe zielgerichtet zu verteilen", heißt es aus der EU-Kommission. Bei der Koordinierung der Notfalldienste kämen auch Satellitenbilder des europäischen Copernicus-Dienstes zum Einsatz. Neben der Türkei und Griechenland werden derzeit auch Italien, Nordmazedonien und Albanien von der EU bei der Bekämpfung verheerender Brände unterstützt.

Quelle: ntv.de, als/dpa/rts

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