Drosten: Warnung für alle Sterberate in England schnellt nach oben
22.04.2020, 04:48 Uhr
Die offiziellen Todeszahlen in Großbritannien beinhalten nur die Sterbefälle in Kliniken.
(Foto: picture alliance/dpa)
England und Wales verzeichnen innerhalb einer Woche die höchste Zahl an Todesfällen seit 20 Jahren. In der britischen Wirtschaft kommt es unterdessen zu einer Pleitewelle.
In England und Wales sind Anfang April so viele Todesfälle innerhalb einer Woche registriert worden wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das geht aus Zahlen der britischen Statistikbehörde ONS hervor. Demnach wurden in der Woche bis zum 10. April 18.516 Sterbefälle verzeichnet. Das sind knapp 8000 Todesfälle mehr als im Durchschnitt des Vergleichszeitraums der vergangenen fünf Jahre. Etwa 6200 der Verstorbenen waren zuvor positiv auf das Coronavirus getestet worden.
"Für alle, die noch immer nicht daran glauben", kommentierte der Charité-Virologe Christian Drosten die Übersterblichkeit in den beiden britischen Landesteilen auf Twitter. Er mahnte: "Uns wurde dies vor allem durch frühe und breit eingesetzte Diagnostik erspart. Verspielen wir diesen Vorsprung nicht."
Knapp 130.000 bekannte Infektionen
Die Zahl der Corona-Todesfälle in britischen Krankenhäusern stieg indes auf mehr als 17.300. Im Vergleich zum Vortag habe es einen Anstieg um 828 Todesfälle gegeben, teilte das Gesundheitsministerium mit. Dabei nicht berücksichtigt sind Todesfälle in Pflegeheimen und in Privathaushalten. Die Zahl der Infektionsfälle lag den Angaben zufolge bei mehr als 129.000. Nicht auszuschließen ist auch, dass es weitere Todesfälle durch unerkannte Covid-19-Erkrankungen gab.
Das Vereinigte Königreich ist eines der am schwersten von der Coronavirus-Pandemie betroffenen Länder Europas. Mehr Corona-Todesfälle gibt es in Europa nur in Frankreich, Spanien und Italien. Am vergangenen Donnerstag verlängerte die Regierung in London die wegen der Pandemie verhängte Ausgangssperre um drei weitere Wochen.
70 Prozent mehr Insolvenzen
Inzwischen stieg die Zahl der Unternehmenspleiten wegen der Corona-Krise stark an. Zwischen Anfang März und Mitte April seien 21.200 Firmen mehr pleite gegangen als im Vorjahreszeitraum, heißt es in einer Studie des britischen Zentrums für Unternehmensforschung ERC. Dies entspreche einer Zunahme um 70 Prozent. Im selben Zeitraum sei die Zahl der Unternehmensgründungen im Vorjahresvergleich um 23 Prozent eingebrochen.
Am stärksten betroffen von der Pleitewelle ist der Untersuchung zufolge der Verkehrssektor. Zudem seien auch die Immobilienbranche sowie der Großhandel schwer getroffen. Die Autoren der Studie betonen, dass neben der Corona-Krise und den damit verbundenen Einschränkungen auch die anhaltenden Unsicherheiten über die künftigen Beziehungen des Vereinigten Königreichs mit der EU nach dem Brexit zu der gestiegenen Zahl an Pleiten beigetragen habe.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa/AFP