Forscher dämpft Hoffnungen US-Küstenwache berichtet von weiteren Klopfgeräuschen
21.06.2023, 19:52 Uhr Artikel anhören
Sind die Insassen des Tauchboots "Titan" noch am Leben? Kürzlich registrierte Unterwassergeräusche geben den Suchtrupps Anlass zur Hoffnung. Ein Ozeanograf mahnt jedoch zur Vorsicht. Auch beim Unglücksflieger MH370 waren seinerzeit Geräusche zu hören - die Maschine ist bis heute verschollen.
Internationale Rettungskräfte suchen nach wie vor rund um die Uhr nach dem vermissten Tauchboot in der Nähe des "Titanic"-Wracks. Jamie Frederick von der US-Küstenwache sagte bei einer Pressekonferenz, dass es sich allerdings um eine sehr schwierige Suchmission handele. Das Suchgebiet sei flächenmäßig etwa zweimal so groß wie der US-Bundesstaat Connecticut.
Mögliche Lebenszeichen aus dem vermissten Tauchboot "Titan" hatten zuletzt Hoffnungen auf eine wundersame Rettung der fünfköpfigen Besatzung geschürt. Bei der intensiven Suche in der Nähe des "Titanic"-Wracks im Atlantik habe ein kanadisches Flugzeug "Unterwassergeräusche" registriert, teilte die US-Küstenwache in der Nacht zu Mittwoch mit. Sonargeräte registrierten demnach "heftige Klopfgeräusche" unter Wasser.
Wie Frederick bei der aktuellen Pressekonferenz sagte, wurden auch im Laufe des heutigen Tages erneut Geräusche in dem gleichen Gebiet registriert. Analysten werteten nun aus, welchen Ursprungs die Geräusche sein könnten. Neben menschengemachten kämen auch natürliche Quellen infrage. Zudem würden viele Schiffe durch den Atlantik fahren, die von Sensoren wahrgenommen werden.
Die Geräusche seien zwar als Klopfen beschrieben worden, sagte Carl Hartsfield vom Oceanographic Systems Laboratory bei der Pressekonferenz der US-Küstenwache. "Aus meiner Erfahrung mit der Akustik kann ich Ihnen sagen, dass es Geräusche von biologischen Stoffen gibt, die für das ungeübte Ohr von Menschen gemacht klingen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Leute, die diese Bänder abhören, geschult sind."
"Es stellte sich immer als etwas anderes heraus"
Für die Rettungskräfte ist es extrem schwierig, die vermisste "Titan" zu finden. Das Suchgebiet ist riesig, der Atlantik dort Tausende Meter tief, der Wasserdruck enorm und es dringt kaum Licht durch die Finsternis. Es gebe viele Unwägbarkeiten wie beispielsweise Unterwasserströmungen, sagte Frederick. Hinzu kommt, dass niemand genau weiß, was mit dem Tauchboot überhaupt passiert ist. Das beste Szenario sei, wenn sich die "Titan" im Wrack der "Titanic" verfangen hätte, sagte der Meeresforscher Tim Taylor dem US-Sender NBC News. Denn in diesem Falle wäre das Boot am einfachsten zu finden.
Die jetzt registrierten Unterwassergeräusche wecken bei dem amerikanischen Ozeanografen David Gallo indes düstere Erinnerungen: an die vergebliche Suche nach der verschwundenen Passagiermaschine auf Flug MH370. "Hier ist ein wenig Vorsicht geboten, denn wenn Sie sich an das Malaysia-Airlines-Flugzeug erinnern, gab es alle möglichen Knall-, Piep- und Klopfgeräusche zu hören", sagte Gallo dem US-Sender CNN. "Es stellte sich immer als etwas anderes heraus." Die Boeing 777 der Malaysian Airlines war am 8. März 2014 unterwegs von Kuala Lumpur nach Peking. Um 1.21 Uhr verschwand sie von den Radarschirmen. Bis heute ist das Verschwinden von Flug MH370 eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte.
Gallo sagte mit Blick auf die Geräusche im Wasser: "Das erste, was das mit einem macht, ist, dass die Hoffnungen in die Höhe schießen." Es lasse einen aber auch realisieren, dass die Zeit wirklich knapp sei und man so schnell wie möglich handeln müsse. Gallo ist nach eigenen Worten mit dem französischen Forscher Paul-Henri Nargeolet, einem der Insassen des Tauchboots, befreundet. Nargeolet wisse, was er tue. Vielleicht habe er sich gedacht, dass die Geräusche der beste Weg seien, um auf sich aufmerksam zu machen.
Wenn die Unterwassergeräusche tatsächlich von der "Titan" stammen, könnten die Insassen noch am Leben sein, wie der Meereskundler Simon Boxall von der Universität Southampton der BBC sagte. "Es gibt viele Geräuschquellen im Ozean, aber es macht Hoffnung. Ein Szenario, das jeder gefürchtet hat, war, dass das Tauchboot quasi implodiert ist. Es gibt also Anlass zur Hoffnung, dass es sich immer noch um eine Rettungsaktion und nicht nur um eine Bergungsaktion handelt."
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP