Umweltschützer befürchten Ölpest Untergang der "Costa" wäre fatal
19.01.2012, 11:00 Uhr
Die Suche nach Vermissten aus dem Wrack der "Costa Concordia" steht weiter im Vordergrund. Doch schlechteres Wetter und die instabile Lage des Havaristen schüren die Angst vor einer Umweltkatastrophe. Bis zu 2400 Tonnen Treibstoff sind noch an Bord. Nicht auszudenken, was passiert, wenn das Schiff in die Tiefe sinkt.
An der Stelle, an der das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" vor Italiens Küste havariert ist, steigt die Gefahr, dass sich das Unglück auch zu einer Umweltkatastrophe auswächst. Grund sind die großen Mengen Treibstoff auf dem Schiff. 2400 Tonnen kann das Schiff aufnehmen. Es war das vor dem Zusammenstoß mit einem Felsen erst kurze Zeit unterwegs. Die Unglücksstelle liegt mitten im Pelagos-Meeresschutzgebiet. Das ist das wichtigste Walschutzgebiet im Mittelmeer.
Nach Angaben der Reederei soll auch Schweröl an Bord sein, sagte eine Sprecherin des Havariekommandos in Cuxhaven. "Schweröl ist wie dicker, zähflüssiger Honig. Um es abzupumpen, muss es erst auf 45 bis 50 Grad erwärmt werden." Dabei ist gerade dieser Stoff besonders gefährlich. "Schweröl ist hochgradig toxisch, es enthält sogenannte PAKs - Polyaromatische Kohlenwasserstoffe - die Krebs erzeugen", sagte Greenpeace-Experte Kai Britt. Schweröl sei ein Rückstand aus Ölraffinerien und damit ein billiges Überbleibsel bei der Kraftstoffgewinnung. "Letztlich sind diese großen Schiffe nichts anderes als Müllverbrennungsanlagen auf See", so der Britt.
Sturm könnte Wrack in die Tiefe reißen
Die deutsche Niederlassung der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere kündigte jetzt an, das in wenigen Tagen mit der Bergung des Öls begonnen werden soll. Das niederländische Bergungsunternehmen Smit Salvage habe einen Plan ausgearbeitet, der mit den italienischen Behörden erörtert und "zur Umsetzung ab dem Ende dieser Woche" verabschiedet worden sei. Wann genau es mit dem Abpumpen losgehen soll, konnte ein Unternehmenssprecher nicht sagen.
Das Abpumpen des Öls aus den Tanks würde voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Doch so viel Zeit bleibt womöglich nicht. In den vergangenen Tagen ist das Wrack immer wieder ins Rutschen geraten. Erst am Mittwoch mussten daher die Rettungsarbeiten vor der Insel Giglio unterbrochen werden. Die Taucher sind nun zwar wieder in dem Wrack. Doch: "Das Schiff liegt weiterhin in unsicherer Lage in einer Untiefe", erklärte ein Sprecher der Suchmannschaften. Die Taucher müssten deshalb vorsichtig vorgehen. "Jede Verlagerung würde Gefahr bedeuten, und wir müssten die Operationen erneut einstellen."
Ein herannahendes Unwetter erschwert die Arbeiten zusätzlich. Durch hohen Wellengang könnte sich die ohnehin instabile Lage der "Costa Concordia" weiter verschlechtern. Italiens Umweltminister Corrado Clini befürchtet, dass die drohende Sturmflut das Schiff untergehen lassen könnte. Es gebe in der Nähe des Schiffes im Meer einen Abhang, der bis zur Tiefe von 50 bis 90 Metern führe, sagte Clini im Parlament. Wenn das Wrack diese Stufe herunterrutscht, ist der giftige Inhalt der Tanks wohl kaum mehr heraufzuholen. Mit schwimmenden Ölbarrieren an der Wasseroberfläche soll das Schlimmste verhindert werden. Doch was helfen diese, wenn die Tanks unter Wasser bersten?
Schon jetzt ist Umwelt beeinträchtigt
Die Folgen für die Küstenlandschaft wären gravierend. "Bei einem Austritt stellt das Öl eine tödliche Gefahr für zehntausende Meerestiere dar, die in dem 1996 gegründeten Nationalpark Toskanischer Archipel leben", so der Meeresschutzexperte Kim Detloff vom Naturschutzbund Deutschland. Der Umweltschutzbund WWF warnte: "Die Unglücksstelle liegt mitten im Pelagos-Meeresschutzgebiet. Das ist das wichtigste Walschutzgebiet im Mittelmeer. Da sind acht Walarten zu Hause, von Delfinen bis Pottwale oder Finnwale", sagte der WWF-Experte Jochen Lamp.
Zumal die Schäden schon jetzt erheblich sind. Der Umweltverband Legambiente sieht jetzt schon durch ins Meer gespülte Lösungsmittel, Schmieröle, Lacke und Reinigungsmittel von der "Costa Concordia" die Umwelt beeinträchtigt.
Hinzu kommt der wirtschaftliche Schaden der möglichen Umweltverschmutzung. In Versicherungskreisen wird laut "Financial Times Deutschland" davon ausgegangen, dass der Schaden insgesamt eine halbe Milliarde Euro leicht überschreiten könne. Die "Costa Concordia" war 2006 für 450 Millionen Euro gebaut worden.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts