Sturmflut im Norden erwartet Weihnachtsfest in Gefahr - Sturm "Zoltan" sorgt für Bahnchaos
22.12.2023, 06:48 Uhr Artikel anhören
Die große Sturmflut soll am Vormittag die Küsten treffen. Die Einschränkungen durch Tief "Zoltan" sind aber bereits enorm. So werden viele Reisende vor dem Weihnachtsfest große Schwierigkeiten haben, zu ihren Liebsten zu kommen - der Bahnverkehr ist erheblich eingeschränkt.
Sturmtief "Zoltan" fegt mit kräftigen Böen und Schauern vor allem durch den Norden Deutschlands - und sorgt kurz vor Weihnachten für einige Ärgernisse. Für diesen Vormittag sagte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für die deutsche Nordseeküste sowie Hamburg eine schwere Sturmflut voraus. Auch die ostfriesische Küste sowie das Wesergebiet muss demnach mit schweren Sturmfluten rechnen. In der Nacht erreichten die Böen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 155 Kilometern pro Stunde auf der Ostseeinsel Hiddensee. In Schleswig-Holstein ist ein Mensch in Fahrdorf mit seinem Auto gegen einen auf der Fahrbahn liegenden Baum geprallt und schwer verletzt worden. Auf der B200 in Janneby ist ein LKW auf die Seite gekippt und in einen Graben geschleudert worden. Der Fahrer erlitt leichte Blessuren.
Die Deutsche Bahn rechnet mit weiteren Einschränkungen im Personenverkehr. Der Bahnverkehr war am Donnerstag heftig getroffen worden. Es gab in Regional- und Fernverkehr zahlreiche Ausfälle und Verspätungen aufgrund der Sturmschäden. "Teilweise können Beschädigungen erst bei Tageslicht abschließend beurteilt werden", hatte ein Bahn-Sprecher gesagt. Aktuell vermeldet die Bahn folgende Einschränkungen und Ausfälle:
- ICE-/IC-Züge Hamburg/Hannover - Kassel - Frankfurt/Stuttgart/Basel entfallen
- ICE-Züge Hamburg/Hannover - Kassel - Würzburg - München entfallen
- ICE-Züge Berlin/Leipzig/Erfurt - Frankfurt werden zwischen Erfurt und Frankfurt umgeleitet und verspäten sich um etwa eine Stunde. Vereinzelt kommt es darüber hinaus zu (Halt-) Ausfällen.
- ICE-/EC-Züge von und nach Kiel wenden vorzeitig in Hamburg. Die Halte in Neumünster und Kiel Hbf entfallen.
- EC-Züge von und nach Flensburg wenden vorzeitig in Hamburg. Die Halte in Neumünster, Rendsburg, Schleswig und Flensburg entfallen.
- EC-Züge Hamburg - Kopenhagen beginnen und enden in Padborg. Die Halte in Hamburg, Rendsburg und Schleswig entfallen.
- ICE-/IC-Züge von und nach Norddeich Mole wenden vorzeitig in Emden Hbf. Die Halte in Marienhafe, Norden, Norddeich und Norddeich Mole entfallen.
- ICE-/IC-Züge Köln - Hamm - Paderborn - Kassel - München/Gera entfallen zwischen Köln und Kassel.
- IC-Züge Münster (W) - Siegen - Frankfurt (M)/Stuttgart entfallen
Zudem gibt es aktuelle Hinweise auch auf dem X-Kanal der Bahn.
Vor allem in Norddeutschland, aber auch in Teilen Hessens, beschädigten umgestürzte Bäume Oberleitungen oder blockierten Strecken. "Die DB ist mit schwerem Gerät im Einsatz, um die Strecken schnellstmöglich wieder freizubekommen. Sämtliche Räumtrupps sind mit Reparaturfahrzeugen unterwegs, um etwa Bäume aus Gleisbereichen zu beseitigen und Oberleitungen zu reparieren", sagte eine Bahn-Sprecherin.
Am heutigen Freitag fallen nach ersten Angaben etwa Fernverkehrszüge zwischen Hamburg/Hannover, Kassel und Frankfurt/Stuttgart/Basel sowie Würzburg und München aus. Zwischen Berlin/Leipzig/Erfurt und Frankfurt komme es zu Verspätungen und vereinzelten Ausfällen. Auch ICE- und IC-Züge zwischen Köln und Kassel entfallen zunächst. In Marienhafe, Norden, Norddeich und Norddeich Mole halten den Angaben zufolge keine ICE- und IC-Züge. Betroffen sind auch die EC-Zugstrecken in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Alle Fahrgäste, die am Freitag ihre geplante Reise wegen des Sturmtiefs verschieben müssen, können ihr Ticket laut Bahn zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gelte für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden.
Auch im Regionalverkehr gab es schon am Donnerstag witterungsbedingte Verspätungen und Ausfälle, die in der Nacht anhielten. Bei Hamburg wurde der Verkehr auf einigen Strecken eingestellt. Die orkanartigen Böen ließen nicht nur Bäume auf Gleise stürzen, sondern auch etwa auf Straßen. Weihnachtsmärkte blieben geschlossen oder schlossen früher und Fähren fielen aus - wie etwa die Fahrten zwischen Rostock und Gedser in Dänemark. Darüber hinaus musste in Schleswig-Holstein die Fehmarnsundbrücke nach Polizeiangaben vollständig gesperrt werden.
Die Weserfähre zwischen Bremerhaven und Nordenham fällt wegen Hochwasser ebenfalls aus. Das teilte das Unternehmen mit. Am Morgen sollte die Fähre ursprünglich im Halbstundentakt verkehren. Wann die Schiffe wieder fahren können, ist noch nicht bekannt.
Hochwasserwarnung in ganz Niedersachsen
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sprach für das ganze Bundesland eine Hochwasserwarnung aus. Vielerorts würden erste Flüsse über die Ufer treten und forst- und landwirtschaftliche Flächen überschwemmen. Während es für eine schwere Sturmflut in der Nacht noch Entwarnung gab, sagte BSH für die deutsche Nordseeküste sowie Hamburg eine schwere Sturmflut für diesen Freitag voraus.
Im Hamburger Elbgebiet warnte die Polizei für den Vormittag vor Wasserständen von etwa 3 Metern über dem mittleren Hochwasser. Die schwere Sturmflut überspülte dabei den Hamburger Fischmarkt und die umliegenden Straßen komplett. Das Wasser stand dabei teils hüfthoch. Da nicht alle Autos rechtzeitig weggefahren wurden, wurden auch sie überspült. Das betroffene Gebiet sollte laut Polizei gemieden werden. Der Hochwasserscheitel wird den Angaben zufolge gegen 11 Uhr am Pegel St. Pauli mit einer Höhe von bis zu 3,05 Metern über dem mittleren Hochwasser erwartet.
Auch für die ostfriesische Küste sowie das Wesergebiet sagen die Experten vom BSH schwere Sturmfluten vorher. Dort sollen die Hochwasser am Vormittag und Mittag 2,5 bis 3 Meter über dem mittleren Wert liegen. An der nordfriesischen Küste werden Wasserstände von 2 Meter bis 2,5 Meter über dem mittleren Hochwasser erwartet.
Vielerorts sorgte "Zoltan" auch für Verkehrsunfälle, so etwa in Schleswig-Holstein: In Fahrdorf bei Flensburg prallte ein Mensch mit seinem Auto gegen einen auf der Fahrbahn liegenden Baum und wurde dabei schwer verletzt. Der Baum war am Donnerstagabend auf die Fahrbahn gestürzt, wie die Polizei mitteilte. Ein LKW wurde durch "Zoltan" auf der B200 in Janneby auf die Seite gekippt und in einen Graben geschleudert. Der Fahrer wurde bei dem Unfall am Donnerstagabend leicht verletzt.
Straßensperrungen im Harz
In Sachsen-Anhalt sind in der Nacht wegen des stürmischen Wetters zahlreiche Bäume umgestürzt und Äste sowie Verkehrsschilder abgebrochen. In Salzwedel und Gommern im Landkreis Jerichower Land wurden zwei Menschen leicht verletzt, wie die Polizei Stendal mitteilte. In Salzwedel war ein Transporter laut Polizei durch den starken Wind von der Straße abgekommen und in Gommern ein Baum auf ein Auto gestürzt. Im Harz ist zwischen Elend und Sorge laut Polizei die B242 wegen der Gefahr durch Sturmschäden bis zum 26. Dezember vorsorglich gesperrt.
Ein etwa fünf mal sechs Meter großes Dachstück aus Kupferblech ist durch starken Wind von einem Gebäude der Feuerwehr Plüderhausen in Baden-Württemberg gerissen worden. Die Feuerwehr habe das Dachstück mit einem Kran geborgen, sagte ein Sprecher der Polizei. Die betroffene Stelle an dem Haus sei wieder abgedeckt worden. Verletzt habe sich bei dem Vorfall niemand.
Auch in Sachsen rückten Feuerwehr und Polizei zu Dutzenden Einsätzen aus. Auf der Elbe in Dresden-Pieschen kenterte am Vortag ein Segelboot - ein Mann wird seitdem vermisst. Der 36-Jährige wurde per Hubschrauber und mit Booten gesucht. Nach Angaben einer Polizeisprecherin soll die Suche am Vormittag fortgesetzt werden.
Quelle: ntv.de, als/dpa