Überlebt durch Kannibalismus "Wunder der Anden" jährt sich zum 50. Mal
13.10.2022, 16:48 Uhr
Ein Überlebender des Fluges 571 wird in einem Krankenhaus versorgt.
(Foto: picture alliance/AP Images)
Am 13. Oktober 1972 stürzt ein Flugzeug über den Anden ab, die Suche nach Überlebenden wird bald eingestellt. Doch dank einer haarsträubenden Entscheidung gelingt es einem Teil der Passagiere zu überleben. Das Unglücksdrama geht als "Wunder der Anden" in die Geschichte ein.
Als "Wunder der Anden" wurde diese wahre Geschichte bekannt. Doch vor dem glücklichen Ausgang mussten die Beteiligten Schreckliches durchleben. Vor 50 Jahren, am 13. Oktober 1972, stürzte ein Flugzeug mit dem Amateur-Rugby-Team Old Christian's Club aus Uruguay, den Verwandten der Spieler und Fans über den Anden ab.
Von den 45 Insassen gelang es 16 jungen Männern, 72 Tage bei Eiseskälte und mit minimalen Essensvorräten zu überleben - allerdings nur, weil sie Teile ihrer verstorbenen Kameraden aßen. Über die ergreifende Geschichte wurde der Bestseller "Überleben" geschrieben, der später verfilmt wurde.
Verletzungen, Unterernährung, Eiseskälte
Am Abend des 13. Oktober 1973 startet eine gecharterte chilenische Militärmaschine aus der argentinischen Stadt Mendoza, um das Rugby-Team und seine Begleiter nach Santiago de Chile zu bringen. In der Nähe der chilenischen Stadt Curico verschwindet die Maschine vom Radar. Flugzeuge aus Chile, Argentinien und Uruguay suchen nach dem verschwundenen Flugzeug, erkennen die weiße Maschine im Schnee der Anden allerdings nicht. Nach acht Tagen wird die Suche abgebrochen.
Ein auf den 23. Dezember datiertes Bild zeigt die Rettungsmission: ein Überlebender, Roberto Canessa, sitzt auf einem Pferd der Polizei.
(Foto: picture alliance/AP Images)
Zwei Monate nach dem Absturz erfährt die Welt mit Staunen, dass es Überlebende gibt. Zwei von ihnen, Nando Parrado und Roberto Canessa, haben sich zu Fuß durch die Berge geschlagen, um Hilfe zu holen. Als sie am zehnten Tag einem Flusslauf am Fuße der Berge folgen, sehen sie einen Maultiertreiber auf der anderen Flussseite. Mit letzter Kraft werfen sie einen Stein in Richtung des Mannes, an dem eine Botschaft auf einem Stück Papier befestigt ist.
Sie lautet: "Ich komme von einem Flugzeug, das in die Berge gestürzt ist. Ich bin Uruguayer. Wir sind zehn Tage lang gelaufen... In dem Flugzeug befinden sich 14 verletzte Menschen. Wir müssen hier schnell weg und wissen nicht wie. Wir haben gar nichts zu essen. Wir sind schwach. Wann werdet Ihr kommen und uns abholen? Bitte, wir können nicht einmal mehr laufen. Wo sind wir?"
Maultiertreiber leitet Rettung ein
Der Maultiertreiber schafft es, die Rettung der beiden geschwächten Männer in die Wege zu leiten. Auch ihren unterernährten Leidensgenossen am Flugzeugwrack kommen schnell Rettungskräfte zu Hilfe. Innerhalb von zwei Tagen werden sie mit Hubschraubern von der Absturzstelle fortgebracht.
Die Überlebenden werden von der Kirche von jeglicher Schuld freigesprochen.
(Foto: picture alliance/AP Images)
Die Überlebenden berichten, dass ihr Flugzeug in den Bergen von seiner Route abkam, einen Gebirgskamm streifte und einen Gletscher hinab auf eine Schneebank raste. Unmittelbar durch den Absturz starben ein Dutzend Menschen, darunter der Pilot und der Co-Pilot. Einige weitere erlitten schwere Verletzungen, denen sie später erlagen.
In einer Höhe von fast 4000 Metern suchen die übrigen in dem Flugzeugrumpf Schutz vor der Eiseskälte. Nachdem ihre spärlichen Lebensmittelvorräte aufgebraucht sind, suchen sie nach Wurzeln und einem "Eselsgras" genannten Kraut. Eine Lawine reißt noch mehrere weitere in den Tod. Am Ende überleben 16 der 45 Insassen, was wie ein Wunder aufgenommen wird: "Wir werden Zeuge eines Wunders, wie es die Welt noch nie erlebt hat", sagt Uruguays Geschäftsträger in Chile, César Charlone.
Kannibalismus als letzter Ausweg
Um den 24. Dezember kommen Gerüchte auf, dass die Männer durch Kannibalismus überlebten. Zwei Tage später wird dies durch den Leiter des chilenischen Rettungseinsatzes bestätigt. Die chilenische Zeitung "La Segunda" zitiert einen der Überlebenden anonym: "Wir haben die schreckliche Entscheidung getroffen: Um zu überleben, müssten wir alle Hürden überwinden, seien es religiöse oder biologische."
Am 29. Dezember veröffentlichen die Überlebenden in Montevideo eine gemeinsame Erklärung, in der sie schildern, dass sie nichts mehr zu essen hatten. "Wir sagten uns: Wenn Jesus beim letzten Abendmahl seinen Leib und sein Blut mit den Aposteln geteilt hat, sollten wir da nicht einsehen, dass wir dasselbe tun sollten?"
Die katholische Kirche in Uruguay und Papst Paul VI. sprechen die Überlebenden, die mittlerweile als Helden gefeiert werden, in dieser Sache von jeder Schuld frei. So können die gläubigen Katholiken beruhigt in ihr normales Leben zurückkehren.
Quelle: ntv.de, lar/AFP