Bisher 17 Todesopfer "Zeynep" hinterlässt Schneise der Verwüstung
19.02.2022, 21:37 Uhr
Nachdem "Zeynep" sich immer mehr abschwächt, beginnen in den getroffenen Ländern die Aufräumarbeiten.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Nach dem Orkan "Zeynep" wird in Europa aufgeräumt und eine erste Bilanz gezogen: Neben Toten und Verletzten gibt es starke Zerstörungen der Infrastruktur. Die Arbeiten werden sich bis in die kommende Woche ziehen. Derweil kündigt sich Sturmtief "Antonia" an.
Der gewaltige Sturm "Zeynep" hat in weiten Teilen Europas große Verwüstungen angerichtet. Mindestens 17 Menschen starben und am Samstag waren noch mehr als eine Million Haushalte in mehreren Ländern ohne Strom. Hunderte Flüge, Züge und Fährverbindungen fielen wegen des Sturms mit seinen gebietsweise orkanartigen Böen aus.
Mindestens 3 Menschen kamen in Deutschland ums Leben, 14 weitere in Belgien, Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Polen. Häufig waren auf Fahrzeuge gestürzte Bäume oder vom Wind umhergewirbelte Objekte die Ursache. Viele weitere Menschen wurden verletzt.
Das jüngste Todesopfer ist offenbar ein 17-Jähriger, der im nordrhein-westfälischen Kreis Steinfurt ums Leben kam. Er war Beifahrer in einem Auto, das von einem Baum getroffen wurde. In der niedersächsischen Gemeinde Wurster Nordseeküste stürzte nach Angaben der Polizei Cuxhaven am Freitagabend ein 68-jähriger Mann vom Dach eines Stallgebäudes, auf das er trotz schwerer Sturmböen offenbar für Reparatur- oder Sicherungsarbeiten geklettert war, in den Tod. In der Nähe von Altenberge im nordrhein-westfälischen Landkreis Steinfurt wurde ein Pkw auf der Bundesstraße 54 von einem Baum getroffen, der durch den Sturm umstürzte. Der Fahrer starb noch am Unfallort.
Ursache einiger Todesfälle noch unklar
Bei einem weiteren tödlichen Unfall im nahegelegenen Saerbeck war die Ursache nicht ganz klar, ebenso bei weiteren Verkehrsunfällen an unterschiedlichen Orten. Meistens wurde aber von einem Zusammenhang mit dem Sturm ausgegangen. In Essen wurde laut Polizei ein Fußgänger von einem herabstürzenden Dachziegel getroffen und schwer verletzt. Rettungskräfte waren vielerorts im Großeinsatz.
Von der niedersächsischen Nordseeküste sowie aus Hamburg wurde eine schwere Sturmflut gemeldet. Wassermassen spülten Autos im Bereich der Hamburger Hafencity weg. Auf der ostfriesischen Insel Wangerooge wurde ein großer Teil des Strandes weggerissen.
Im Bahnverkehr gab es vor allem in Norddeutschland noch während des gesamten Samstags starke Behinderungen. Ein Sprecher der Deutschen Bahn teilte mit, es würde noch bis mindestens Montagnachmittag mit Einschränkungen im Fernverkehr gerechnet.
1000 Streckenkilometer der Bahn beschädigt
"Wir tun alles dafür, um den Zugverkehr so schnell wie möglich Schritt für Schritt wieder aufzunehmen", versicherte der Sprecher. Auf über 1000 Streckenkilometer gebe es Schäden an der Bahninfrastruktur, sagte Achim Stauß, Sprecher der Deutschen Bahn. 2000 Einsatzkräfte sowie Hubschrauber waren demnach unterwegs, um Strecken auf Schäden zu prüfen oder diese zu beheben. Die Deutsche Bahn forderte erneut alle Fahrgäste auf, geplante Reisen in die Unwetter-Regionen "wenn möglich zu verschieben". Auch im Flugverkehr gab es Behinderungen. Zeitweise gesperrt waren auch zahlreiche Straßen und Brücken.
Nach einer ersten Schätzung verursachte "Zeynep" versicherte Schäden von über 900 Millionen Euro. Der Sturm sei der intensivste seit "Kyrill" im Jahr 2007 gewesen, teilte die auf Versicherungsmathematik spezialisierte Unternehmensberatung Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) mit. Die versicherten Schäden des vorangegangenen Sturms "Ylenia" hatte das Unternehmen auf 500 Millionen Euro geschätzt. Die Gesamtschäden sind bei Stürmen in aller Regel höher, zum Teil ganz erheblich.
Europaweit die meisten Toten gab es in den Niederlanden und in Polen wo jeweils vier Menschen starben. In Großbritannien und Deutschland starben drei Menschen. In Belgien gab es zwei und in Irland ein Todesopfer.
Rekordgeschwindigkeit in Großbritannien
Der über Irland entstandene Sturm war am Freitag über Teile des Vereinigten Königreichs, dann über Nordfrankreich und die Benelux-Staaten gezogen, bevor er in der Nacht zum Samstag auf Dänemark, Deutschland und später Polen traf. Rekordwindgeschwindigkeiten - an die 200 Stundenkilometer in Großbritannien - und Starkregen entwurzelten Bäume, beschädigten Dächer und sorgten für Sturzfluten.
In Polen waren am Samstagnachmittag nach Behördenangaben 1,1 Millionen Menschen ohne Strom. In Großbritannien waren noch über 200.000 Haushalte betroffen, nachdem es zwischenzeitlich über 1,2 Millionen gewesen waren. Die Feuerwehren rückten seit der Nacht zu Samstag zu mehr als 23.000 Einsätzen aus. Nach ersten Schätzungen wurden mehr als 2200 Gebäude beschädigt.
Im benachbarten Tschechien waren rund 26.000 Haushalte von Stromausfällen betroffen. Am stärksten betroffen waren die westlichen Verwaltungsregionen um Pilsen (Plzen) und Karlsbad (Karlovy Vary). Die Feuerwehren waren kurz nach dem vorhergehenden Sturmtief "Ylenia" erneut im Dauereinsatz.
In Deutschland flaute der Sturm ab Samstagmorgen allmählich ab. Der Deutsche Wetterdienst hob seine Warnung vor schweren Orkanböen für ganz Deutschland auf, warnte aber weiter vor starkem Wind und Sturmböen. Während der Nacht waren zuvor Windstärken in Böen von mehr als 160 Stundenkilometern gemessen worden.
"Bereits ab Sonntag nimmt die Sturmserie mit Annäherung des nächsten Sturmtiefs 'Antonia' wieder deutlich an Fahrt auf", sagte Adrian Leyser von der Wettervorhersagezentrale des Deutschen Wetterdienstes. "Richtig turbulent und mitunter auch gefährlich könnte es dann in der Nacht zum Montag werden", sagte Leyser über "Antonia". Schwere Sturmböen oder sogar orkanartige Böen sind nicht ausgeschlossen.
Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa