Verdächtiger ist Nationalgardist 21-Jähriger für Dokumenten-Leak festgenommen
13.04.2023, 20:21 Uhr Artikel anhören
Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Fort Bragg. Dort war auch der Verdächtige stationiert.
(Foto: AP)
Am Ende führen die Nachforschungen der US-Behörden nach US-Medienberichten schnell zu einem Ergebnis. Der 21-jährige Verdächtige, der die Dokumente der Geheimdienste geleakt haben soll, ist festgenommen worden. Seine eigenen Fotos wurden ihm dabei offenbar zum Verhängnis.
Bei den Ermittlungen zur Veröffentlichung brisanter US-Geheimdienstinformationen im Internet hat die Bundespolizei FBI einen Verdächtigen festgenommen. Der Mann sei in Verbindung mit der "unbefugten Entfernung, Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen" in Gewahrsam genommen worden, sagte US-Justizminister Merrick Garland in Washington. Er sei Angehöriger der Nationalgarde und heiße Jack T. Der Mann wurde am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) in North Dighton im US-Bundesstaat Massachusetts festgenommen. Der TV-Sender CNN zeigte Videoaufnahmen der Festnahme. Dort war zu sehen, wie Einsatzkräfte einen jungen Mann in T-Shirt und kurzer Hose abführten. US-Medien hatten zuvor erste Details über den mutmaßlichen Maulwurf in Umlauf gebracht.
Der Nationalgardist leitete die Thug Shaker Central, eine Online-Gruppe, in der etwa 20 bis 30 Personen ihre Vorliebe für Waffen, rassistische Memes und Videospiele teilten, wie die "New York Times" unter Berufung auf Interviews und von ihr geprüfte Dokumente berichtet.
Der "Washington Post" zufolge erhielt die Redaktion Hinweise auf den Verdächtigen von zwei Mitgliedern einer Gruppe auf der Online-Plattform Discord. Ihnen zufolge soll der junge Air Nationals Guard den zwei befragten Discord-Nutzern erzählt haben, er habe die Schriftstücke von seiner Arbeit auf dem Stützpunkt mit nach Hause genommen. Der Mann mit dem Spitznamen "OG" habe dann über Monate Hunderte Dokumente auf der Plattform veröffentlicht, die besonders für den Austausch über Videospiele genutzt wird.
Zwei Gruppenmitglieder enthüllen Identität
Die Discord-Gruppe, welcher der mutmaßliche Verbreiter der Geheiminformationen angehöre, umfasse auch Mitglieder aus Russland und der Ukraine, berichtete die "Washington Post" weiter. Was sie vereine, sei ihre "Liebe zu Waffen, militärischer Ausrüstung und Gott". Die Runde hat sich 2020 während der Corona-Pandemie gegründet. T. wurde dort angeblich von vielen Mitgliedern bewundert. "Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet. Er ist trainiert. So ziemlich alles, was man von einem verrückten Film erwarten kann", soll eines der Mitglieder über ihn gesagt haben.
Der "Washington Post" zufolge hat der Mann eine "schlechte Meinung von der Regierung" in Washington. Ein Gruppenmitglied sagte demnach, "OG" habe die Vereinigten Staaten und besonders die Strafverfolgungsbehörden und die Geheimdienste als "dunkle Macht" bezeichnet, die versuche, die Bürger zu unterdrücken und "im Dunkeln zu halten".
"OG" soll laut dem Zeitungsbericht Gruppenmitgliedern berichtet haben, dass er "stundenlang geschuftet" habe, um die vertraulichen Dokumente abzuschreiben, um sie dann mit der Discord-Gruppe zu teilen. Um sich die Arbeit zu erleichtern, sei er schließlich dazu übergegangen, die Dokumente zu fotografieren und anschließend zu posten. Ihm sei es wohl darum gegangen, "vor seinen Freunden zu prahlen", aber auch darum, sie zu informieren, sagte ein Mitglied der Gruppe.
Geheimdienstkoordinator nennt Verdächtigen "narzisstisch"
Die "Washington Post" schrieb, "OG" sei zwischenzeitlich frustriert gewesen, dass die anderen Mitglieder der Gruppe seinen Enthüllungen nicht genug Aufmerksamkeit schenkten. Ex-Geheimdienstkoordinator James Clapper sagte dem Sender CNN, für ihn klinge es so, als habe dieser "OG" ein gewisses "Maß an Narzissmus" gemeinsam mit anderen Whisteblowern vor ihm. "Es gibt ein Ego-Element, sich selbst wichtig zu fühlen, dadurch dass man Zugang zu solchem Material hat und es offenlegt."
Das Abfotografieren zu Hause wurde ihm offenbar auch zum Verhängnis: Im Hintergrund einiger der Fotos, die "OG" den anderen per Video zeigte, waren demnach Möbelstücke und Gegenstände zu sehen, die die Fahnder auf seine Spur bringen konnten - etwa eine Tube Klebstoff, Handbücher oder ein Nagelknipser. Außerdem könnten Ausdrucke von sensiblem Material in abgesicherten US-Einrichtungen teils nachverfolgt werden.
In den vergangenen Tagen waren zahlreiche geheime Dokumente auf Discord und anderen Plattformen wie Twitter und Telegram gesichtet worden. Möglicherweise zirkulierten sie dort schon monatelang, bevor Medien darauf aufmerksam wurden. Einige Informationen seien so sensibel gewesen, dass sie als "NOFORN" gekennzeichnet gewesen seien, schrieb die "Washington Post". Dies bedeutet, dass sie nicht unter Nicht-US-Bürgern verbreitet werden dürfen.
Die geheimen Dokumente von US-Stellen - angeblich vom Nachrichtendienst CIA und vom Pentagon - betreffen etwa den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Informationen zu Waffenlieferungen, Einschätzungen zum Kriegsgeschehen. Aber auch Details zu angeblichen Spähaktionen der USA gegen Partner. Unklar ist, was davon authentisch ist und was möglicherweise bearbeitet worden sein könnte.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP