Palästinenserstaat anerkennen Abbas appelliert an UN
17.05.2011, 16:02 UhrAlle geforderten Voraussetzungen für einen eigenen Staat seien erfüllt, meint Palästinenserpräsident Abbas. Also sei es an der UN, einen unabhängigen Staat für die Palästinenser anzuerkennen. Dagegen beharrt Israels Premier Netanjahu auf einem Friedensvertrag. Auch US-Präsident Obama fordert eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Vereinten Nationen um die Anerkennung eines unabhängigen Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 gebeten. Die Palästinenser verhandelten mit Israel seit 20 Jahren, ohne dass sie einem eigenen Staat nähergekommen seien, schrieb Abbas in der "New York Times". Zuvor hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erneut gefordert, dass ein Palästinenserstaat nur als Ergebnis eines Friedensvertrages mit Israel entstehen dürfe.
Alle international geforderten Voraussetzungen für einen eigenen Staat seien erfüllt, schreibt Abbas. "Wir können nicht ewig weiter warten, während Israel immer mehr Siedler in das besetzte Westjordanland schickt", heißt es weiter. "Weder politischer Druck der USA noch die Aussicht auf Belohnung haben Israels Siedlungsprogramm gestoppt."
Eine Anerkennung durch die UN hat aus Sicht von Abbas auch aus anderem Grund großen Wert. Die Palästinenser könnten ihre Ansprüche unter anderem in internationalen Gremien wie beispielsweise dem Internationalen Strafgerichtshof vorbringen.
US-Präsident Barack Obama hält eine Wiederaufnahme der Nahost-Friedensverhandlungen angesichts der jüngsten Umwälzungen in der Region für "wichtiger denn je". Israelis und Palästinenser müssten zurück an den Verhandlungstisch, sagte Obama beim Empfang des jordanischen Königs Abdullah II. im Weißen Haus. Er und sein Gast seien sich einig, dass dies "trotz der vielen Änderungen oder vielleicht wegen der Änderungen in der Region" unbedingt erforderlich sei. Am Ende des Verhandlungsprozesses sollte die Gründung zweier Staaten stehen, die "Seite an Seite in Frieden und Sicherheit miteinander leben".
UN-Mitglied statt bezwungener Verlierer
Im Falle einer Anerkennung würden die Palästinenser die Verhandlungen mit Israel fortsetzen, um alle Kernfragen des Konfliktes zu lösen, versprach Abbas. Sie würden dann aber nicht aus einer Position eines bezwungenen Verlierers verhandeln, sondern aus der Position eines Mitglieds der Vereinten Nationen, dessen Gebiet von einem anderen Staat militärisch besetzt sei.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Montag vor dem Parlament zwar seine Unterstützung für einen Palästinenserstaat signalisiert, aber eine Reihe von Bedingungen genannt. Die Palästinenserführung hatte diese aber bereits in der Vergangenheit abgelehnt.
Demnach soll beispielsweise Jerusalem die souveräne und vereinigte Hauptstadt Israels bleiben. Die Palästinenser wollen jedoch in dem von Israel besetzten arabischen Ostteil Jerusalems die Hauptstadt eines eigenen Staates ausrufen. Es erscheint deshalb völlig abwegig, dass ein Palästinenserführer die Ansprüche auf Ostjerusalem in einem Friedensabkommen aufgibt.
Netanjahu reist in die USA
Israelische Kommentatoren verwiesen darauf, dass sich Netanjahu in einem Punkt bewegt habe. Er bestehe nicht mehr auf einer Souveränität über das besetzte Jordan-Tal. Stattdessen verlange er eine langfristige Präsenz der israelischen Armee entlang der Grenze zu Jordanien. Auch das lehnen die Palästinenser ab.
Drei Monate vor der Tagung der UN-Vollversammlung scheint es kaum noch Spielraum zu geben, um die seit Ende September festgefahrenen Friedensverhandlungen fortzusetzen. Palästinenserpräsident Abbas ist dazu nur bereit, falls Israel die Siedlungsaktivitäten stoppt und die Verhandlungen auf Grundlage der Grenzen von 1967 - vor Beginn des Sechstagekrieges - führt. Beide Forderungen lehnt der israelische Regierungschef ab.
Netanjahu beginnt am Freitag einen mehrtägigen Besuch in den USA. Der 61-Jährige will unter anderem vor beiden Kammern des US-Kongresses sowie der größten pro-israelischen Lobby-Organisation Aipac über seine Sicht auf den Nahost-Konflikt sprechen.
"Prinzipien" für Einheitsregierung stehen
Vertreter der Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas haben sich unterdessen in Kairo auf "Prinzipien" für die Bildung einer Einheitsregierung verständigt. Das berichteten staatliche ägyptische Medien. Über die konkrete Zusammensetzung der geplanten Regierung verlautete zunächst nichts. Die beiden Fraktionen bekräftigten lediglich ihre Absicht, "alles umzusetzen, was vereinbart wurde", hieß es in einer knappen Erklärung, die nach den zweitägigen Verhandlungen in der ägyptischen Hauptstadt veröffentlicht wurde.
Die pro-westliche Fatah und die islamistische Hamas waren über Jahre miteinander verfeindet, hatten sich aber vor zwei Wochen unter ägyptischer Vermittlung ausgesöhnt. Teil des Versöhnungsabkommens ist die Bildung einer gemeinsamen Regierung, die aus Experten bestehen soll. Auch sollen Präsident und Parlament innerhalb eines Jahres neu gewählt werden.
Menschenrechtler warfen der Palästinenser-Regierung im Westjordanland und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen Folter und willkürliche Festnahmen vor. Die Palästinenser-Regierung dürfe nicht dieselben Fehler wie Regierungen in den arabischen Staaten machen, erklärte die Unabhängige Kommission für Menschenrechte. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit dürften nicht der Sicherheit geopfert werden. Auch seit dem Friedensabkommen habe sich nichts gebessert, erklärte ein Vertreter der Menschenrechtsgruppe.
Quelle: ntv.de, dpa/rts