Delegationen verlassen den Saal Ahmadinedschad sorgt für Eklat
24.09.2009, 06:48 UhrIrans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei der UN-Generaldebatte in New York erneut für einen Eklat gesorgt. Aus Protest gegen seine israelfeindliche Rede verließen mehrere Delegationen den Saal, unter anderem die USA und Deutschland. Russlands Staatschef Dmitri Medwedew warb derweil für einen europäischen Sicherheitspakt, um die Eskalation regionaler Konflikte wie im Kaukasus künftig zu vermeiden.
Ahmadinedschad griff in seiner Rede Israel scharf an, wobei er das Land nie beim Namen nannte, sondern nur vom "zionistischen Regime" sprach. Er warf Israel unter anderem "unmenschliche Politik" gegenüber den Palästinensern vor. Diese seien Opfer von "Völkermord". Den Juden warf der umstrittene iranische Präsident vor, "eine neue Form der Sklaverei" aufbauen zu wollen. Dabei würden sie versuchen, die USA und die Europäer für ihre Zwecke einzuspannen. Ganz offensichtlich mit Blick auf die USA prangerte Ahmadinedschad zudem jene an, "die mehrere tausend Kilometer vom Nahen Osten entfernt sind" und ihre Truppen in die Region sendeten, "um Krieg, Blutvergießen und Terror zu verbreiten".
Netanjahu will Bedrohung beweisen
Israel verurteilte die Äußerungen Ahmadinedschads als antisemitisch. Die israelische UN-Botschafterin Gabriela Schalev sagte dem israelischen Rundfunk, die Hassrede Ahmadinedschads beweise erneut die Gefahr, die von dem Iran ausgehe. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu werde bei seiner Ansprache vor den Vereinten Nationen die iranische Bedrohung belegen und beweisen, dass es keine Alternative für ein sofortiges und entschlossenes Vorgehen gebe.
Der israelische US-Botschafter Michael Oren beschrieb Ahmadinedschads Äußerungen als "klassischen Antisemitismus". Sie hätten jedem, der noch Zweifel gehabt habe, das wahre Wesen des iranischen Regimes aufgezeigt. Netanjahu sagte der Zeitung "Israel Hajom": "Ich werde der Welt sagen, was wir in der Iran-Frage spüren." Seine Äußerungen werden "scharf und klar" sein, kündigte er an. "Wir werden es einem gefährlichen Führer nicht erlauben, uns mit einem neuen Holocaust zu bedrohen."
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier distanzierte sich mit drastischen Worten von den Äußerungen Ahmadinedschads. "Äußerungen dieser Art sind nicht nur nicht hinnehmbar, sondern dieser Präsident ist eine Schande für sein Land", sagte Steinmeier in Berlin.
Erneute Holocaust-Leugnung
"Es ist enttäuschend, dass Herr Ahmadinedschad einmal mehr hasserfüllte, beleidigende und antisemitische Rhetorik gewählt hat", erklärte der Sprecher der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen, Mark Kornblau. Von europäischer Seite verließen nach Angaben aus Diplomatenkreisen neben Deutschland auch Großbritannien, Frankreich Italien, Dänemark und Ungarn den Saal. Auch die Delegationen aus Argentinien, Costa Rica, Australien und Neuseeland zogen sich zurück. Die israelische Delegation hatte die Rede Ahmadinedschad von vornherein boykottiert. Der iranische Präsident hatte erst in der vergangenen Woche für weltweite Empörung gesorgt, als er in einer Rede in Teheran erneut den Holocaust leugnete.
Medwedew fordert Sicherheitspakt
In seiner ersten Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen warb Medwedew derweil für einen europäischen Sicherheitspakt. Er verwies auf den bewaffneten Konflikt zwischen seinem Land und Georgien im August 2008, um die Dringlichkeit besserer Mechanismen zur Konfliktbewältigung aufzuzeigen. "Im August vergangenen Jahres waren wir sehr nah an der Situation, in der ein lokaler bewaffneter Konflikt zu einem Krieg großen Umfangs hätte werden können", sagte Medwedew.

Medwedew sprach erstmals vor der UN-Generalversammlung.
(Foto: dpa)
Der russische Präsident warf Georgien vor, mit dem Versuch, die abtrünnige Region Südossetien mit Gewalt wieder unter Kontrolle zu bringen, die Lage nur verschärft zu haben. Damit sich derartige Auseinandersetzungen nicht wiederholten, forderte er "konkrete, umsetzbare Mechanismen zur Umsetzung des Prinzips der Unteilbarkeit von Sicherheit". "Wir hoffen alle, dass der Kalte Krieg hinter uns liegt, aber die Welt ist nicht sicherer geworden", fügte er hinzu.
NATO prüft Vorschlag
Medwedew hatte bereits bei einem Besuch in Berlin im Juni vergangenen Jahres einen europäischen Sicherheitsvertrag vorgeschlagen. Die Reaktionen darauf waren verhalten. Zuletzt hatte aber der neue NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gesagt, das Bündnis werde Medwedews Vorschlag prüfen. Das Verhältnis zwischen Russland und der NATO ist gespannt. Moskau sieht es mit Argwohn, dass das Verteidigungsbündnis sich immer weiter auf Osteuropa ausdehnte und auch die früheren Sowjetrepubliken Georgien und die Ukraine nach einer Mitgliedschaft streben.
Als "konstruktiven Schritt in die richtige Richtung" lobte Medwedew die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama gegen die Errichtung eines Raketenschilds in Tschechien und Polen. Zugleich versicherte er, dass sein Land zu Sicherheits- und Abrüstungsabkommen mit Washington bereit sei und kontinuierlich auf die Verringerung seines Atomwaffenarsenals hinarbeite. Außer Russland und den USA sollten aber auch andere Staaten ihre Atomwaffenarsenale verkleinern.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa