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Ersatz für Ukraine-Lieferungen Ampel zapft doch Sondervermögen für Bundeswehr-Nachbestellungen an

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Die Panzerhaubitze 2000 ist neben Leopard-Panzern eine der wichtigsten schweren Waffen, die Deutschland der Ukraine aus Bundeswehrbeständen lieferte.

Die Panzerhaubitze 2000 ist neben Leopard-Panzern eine der wichtigsten schweren Waffen, die Deutschland der Ukraine aus Bundeswehrbeständen lieferte.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Mit dem Sondervermögen über 100 Milliarden Euro soll die Bundeswehr aufgerüstet und nicht der laufende Betrieb finanziert werden. Doch die Regierung bricht mit diesem Grundsatz. Auch Ersatz für Gerät, das in die Ukraine ging, soll aus dem Sondervermögen finanziert werden. Die CDU ist empört.

Die Bundesregierung will im kommenden Jahr Ersatz für Waffen, die an die Ukraine geliefert wurden, nun doch aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr finanzieren. Das geht aus einem Papier des Finanzministeriums hervor, das Eckpunkte des Haushaltes für das kommende Jahr auflistet. Darin heißt es, die Ausgaben für die "Wiederbeschaffung aus Ertüchtigung" würden künftig vom Sondervermögen Bundeswehr getragen. Dafür seien im kommenden Jahr 520 Millionen Euro vorgesehen. Die Entscheidung ist Teil der Haushaltseinigung, die Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch verkündeten.

Die Ampelkoalition hatte es aber zuvor anders versprochen. "Es hat immer geheißen: Was ihr an Waffensystemen abgebt, bekommt ihr wieder - und zwar nicht aus 'eigenem finanziellem Fleisch', sondern aus einem anderen Topf", teilte der CDU-Verteidigungspolitiker Ingo Gädechens mit. "Jetzt aber sollen alle Systeme aus dem ohnehin hoffnungslos überzeichneten Sondervermögen Bundeswehr finanziert werden." Damit habe die Ampel ein "zentrales Versprechen an die Bundeswehr gebrochen".

Gädechens hatte sich im Frühjahr von der Bundesregierung bestätigen lassen, dass die Ersatzbeschaffungen nicht aus dem Verteidigungsetat oder dem Sondervermögen bezahlt werden müssen. Schriftlich teilte ihm der parlamentarische Staatssekretär der Verteidigung, der SPD-Politiker Thomas Hitschler, Folgendes mit: "Die Finanzierung der Wiederbeschaffung des abgegebenen Materials erfolgt im Haushaltsjahr 2023 aus Mitteln des Einzelplans 60, dem sogenannten Ertüchtigungstitel". Dann der entscheidende Satz: "Eine Finanzierung aus dem Sondervermögen Bundeswehr oder dem Einzelplan 14 ist nicht vorgesehen."

Auch ursprünglicher Haushaltsplan sah es so vor

Einzelpläne sind Teil des Haushaltes und bezeichnen meist jeweils das Budget für ein Ministerium. Im Einzelplan 14 sind die Mittel für das Verteidigungsministerium und damit die Bundeswehr aufgeführt. Der Einzelplan 60 ist mit "Allgemeine Finanzverwaltung" überschrieben und dient als Sammeltopf, für alle Einnahmen und Ausgaben, "die nicht einem einzelnen Ressort zugeordnet werden können", wie es im mittlerweile überarbeiteten Haushaltsentwurf für das kommende Jahr hieß. Dazu zählen beispielsweise Corona-Unternehmenshilfen oder als größtem Posten ein Zuschuss an die Postbeamtenversorgungskasse mit knapp zehn Milliarden Euro. Aber eben auch Mittel zur "Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung" - so ein Partnerstaat ist vor allem die Ukraine. Vier Milliarden Euro waren dafür ursprünglich vorgesehen, diese Summe soll aber verdoppelt werden. Dadurch, dass der Ersatz für die Bundeswehr nicht mehr über diesen Topf finanziert wird, bleibt mehr Geld für die Ukraine übrig. Das könnte ein Grund für die Umschichtung sein.

Hitschler bezog sich in seiner Antwort an Gädechens zwar ausdrücklich auf das Jahr 2023, doch auch im ursprünglichen Entwurf für den Haushalt 2024 hieß es im Abschnitt zum Einzelplan 60 ebenfalls, dass Ersatzbeschaffungen daraus finanziert werden können. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte sich öffentlich in diese Richtung geäußert. Die Verteidigungsexpertin Jana Puglierin postete auf X einen Screenshot, wonach eine solche Aussage noch am 7. Dezember auf der Website des Verteidigungsministeriums zu lesen gewesen sei.

Sondervermögen eigentlich für Groß-Projekte gedacht

Die Entscheidung, das Geld für die Wiederbeschaffung aus dem Sondervermögen zu nehmen, geht zu Lasten der Bundeswehr. Die 100 Milliarden Euro waren eigentlich dafür vorgesehen, große, neue Rüstungsvorhaben wie die Beschaffung des Kampfjets F35 oder größerer Marineschiffe zu finanzieren. Wenn nun aber Mittel abfließen, um Ersatz zu beschaffen, wird das Geld an anderer Stelle fehlen.

Schon jetzt sei die Bundeswehr unterfinanziert, heißt es in Gädechens Mitteilung. So habe die Bundeswehr zwar einen leichten Kampfhubschrauber bestellt, aber keine Munition, weil das Geld dafür gefehlt habe. Auf X kommentierte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter: "Das Sondervermögen wird quasi geplündert. Das ist eine große Enttäuschung für unsere Bundeswehr. Zeitenwende-Ankündigung bleibt damit heiße Luft. Es ist so bitter."

Quelle: ntv.de

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