"Racheaktion für Dreharbeiten" Angriff auf ZDF-Team war geplant
03.05.2020, 20:50 Uhr
Der Polizei liegen "Erkenntnisse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität links" vor.
(Foto: dpa)
Mehrere Mitglieder eines ZDF-Fernsehteams müssen ins Krankenhaus, weil Vermummte sie unter anderem mit "Totschlägern" attackieren. Zeugen des Vorfalls sehen die Täter mit Fahrrädern und Fahrzeugen flüchten. Die Polizei hat Hinweise auf einen politischen Hintergrund der Verdächtigen.
Der Angriff auf ein Team der ZDF-Satiresendung "heute-show" in Berlin lief nach Einschätzung der Polizei nicht spontan ab. Das gehe aus Schilderungen von Zeugen der Tat hervor, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. Die Zeugen hätten Beamte der Bundespolizei auf den Vorfall aufmerksam gemacht, so der Sprecher weiter. Als die Beamten eintrafen, waren die Täter seinen Angaben zufolge bereits geflüchtet.
Laut Zeugenaussagen seien sie mit Fahrrädern und einem Auto unterwegs gewesen, sagte der Sprecher. Die Bundespolizisten hätten sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und die Berliner Polizei informiert. Das Fahrzeug und seine Insassen seien später aufgefunden worden. Zum Hintergrund der Attacke und zur Identität der Tatverdächtigen konnte die Bundespolizei keine Angaben machen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller geht von einem vorsätzlichen Angriff aus. Laut Staatsanwaltschaft sind zunächst festgenommene Personen dem linken Spektrum zuzurechnen. Nähere Details dazu gab es jedoch nicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigte sich empört über den Angriff. "Die Freiheit der Presse ist eine Säule unserer Demokratie", sagte der CSU-Politiker.
Das siebenköpfige ZDF-Team hatte am Freitag bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln gefilmt, an der auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien teilnahmen. Nach dem Angriff mussten laut dem ZDF der Redakteur, Kameramann und Kameraassistent sowie drei Security-Mitarbeiter im Krankenhaus behandelt werden. Alle sechs konnten das Krankenhaus später wieder verlassen.
Müller hofft auf juristisches Nachspiel
Zunächst waren sechs Tatverdächtige festgenommen worden, die am Samstag jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Bei vier Personen habe sich der Tatverdacht nicht erhärten lassen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Bei zwei Personen gebe es Verdachtsmomente, es lägen aber keine Haftgründe vor. Weiter ermittelt werde auch zu bisher unbekannten Beteiligten. Auf Details zu Hintergründen der Verdächtigen wollte Steltner nicht eingehen. Es sei so, "dass die Personen, die festgestellt wurden, dem linken Spektrum zuzurechnen sind nach unseren Erkenntnissen". Dies sei alles Gegenstand der Ermittlungen.
Das Landeskriminalamt Berlin hat zu drei der sechs Festgenommenen Hinweise zu einem möglichen Hintergrund der Tat. Zu einem 24-Jährigen und zwei Männern im Alter von 25 Jahren lägen "Erkenntnisse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität links" vor, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes der dpa. Die Motivation für die Attacke auf das Fernsehteam sei derzeit aber noch unklar.
Berlins Regierender Bürgermeister Müller sagte im Deutschlandfunk unter Berufung auf Informationen von Innensenator Andreas Geisel: "Das sieht alles aus nach einer gezielten Aktion, einer - in Anführungszeichen - Racheaktion für diese Dreharbeiten." Näheres wisse er noch nicht. Er hoffe, der Angriff werde ein juristisches Nachspiel haben.
Der Angriff ging nach Einschätzung der Polizei von einer etwa 15-köpfigen Gruppe aus, die gemeinsam auf das Team losging. Das gehe aus Schilderungen von Zeugen der Tat hervor, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. Was vor dem Angriff vorgefallen sei, könne er nicht sagen. Nach der Attacke hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.
Die Vermummten seien mit "Totschlägern" auf das Team losgegangen, zitierte das ZDF Harald Ortmann, den Geschäftsführer der beteiligten Produktionsfirma. Für den Dreh seien vorab drei Sicherheitsleute engagiert worden, erklärte Ortmann demnach. Mittlerweile sei dies bei Filmdrehs bei Demonstrationen Standard.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa