Politik

Futter für die Sozialdebatte Armut breitet sich aus

Während die Parteien über Konzepte diskutieren, legt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schon konkrete Ergebnisse vor: Über 11 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut bedroht. Über ein Viertel der jungen Erwachsenen lebt unter der Armutsgrenze, Eltern sind besonders gefährdet.

Laut DIW fehlt es an passenden Jobs.

Laut DIW fehlt es an passenden Jobs.

(Foto: picture alliance / dpa)

Immer mehr Kinder und junge Erwachsene in Deutschland leben unterhalb der Armutsschwelle. Das zeigt eine veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Rund 14 Prozent der Bevölkerung und damit rund 11,4 Millionen Menschen gelten zudem als gefährdet. Das sind rund ein Drittel mehr Menschen als noch vor zehn Jahren. "Vor allem junge Erwachsene und Haushalte mit Kindern sind betroffen", erklärte Markus Grabka, Mitautor der Studie.

Unter den 19- bis 25-Jährigen lebte 2008 demnach knapp ein Viertel unterhalb der Armutsschwelle. Die Forscher machen dafür vor allem drei Gründe aus: So hätten die Dauer der Ausbildung sowie der Anteil der Hochschulabsolventen zugenommen, was den Einstieg ins Berufsleben verzögert. Zudem würden viele Berufsanfänger über schlecht bezahlte Praktika und prekäre Arbeitsverhältnisse ins Arbeitsleben einsteigen, und es gebe den Trend, das Elternhaus früher zu verlassen. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.

DIW: Höhere Hartz-IV-Sätze nicht sinnvoll

Hunderte Suppenküchen und Tafeln in Deutschland helfen Betroffenen.

Hunderte Suppenküchen und Tafeln in Deutschland helfen Betroffenen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit Blick auf die Debatte um die finanzielle Unterstützung von Langzeitarbeitslosen hält das DIW höhere Hartz-IV-Sätze nicht für sinnvoll. Diese linderten zwar die Symptome, aber nicht die Ursachen von Armut. Sinnvoller seien "Investitionen in Betreuungseinrichtungen und in die Verbesserung der Erwerbschancen für Alleinerziehende und Eltern junger Kinder". Das gelte auch für die jüngste Anhebung des Kindergelds. "Hier mangelt es an Zielgenauigkeit", urteilte Grabka.

Das Armutsrisiko ist demnach für kinderreiche Familien und Alleinerziehende besonders hoch. "Gegenüber 1998 ist das Armutsrisiko kinderreicher Haushalte beträchtlich gestiegen und das, obwohl der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und das Elterngeld diese Entwicklung bereits entlastet haben", erklärte Joachim Frick, Co-Autor der Studie. Für Familien mit drei Kindern liege das Armutsrisiko bei knapp 22 Prozent, bei vier und mehr Kindern sogar bei 36 Prozent. Mit über 40 Prozent haben zudem Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern weit überdurchschnittliche Armutsraten.

Risiko im Alter unterdurchschnittlich

Witwen geraten im Alter häufiger in finanzielle Nöte.

Witwen geraten im Alter häufiger in finanzielle Nöte.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Altersarmut ist der Studie zufolge hingegen kein großes Problem. Menschen am Ende ihres Berufslebens oder zu Beginn des Ruhestands haben demnach ein unterdurchschnittliches Armutsrisiko. Erst nach dem 75. Lebensjahr steigt das Armutsrisiko wieder auf Durchschnitt, was die Forscher unter anderem auf den höheren Anteil von Witwen mit geringeren Alterseinkünften zurückführen. Knapp ein Fünftel der allein lebenden alten Frauen lebt derzeit unterhalb der Armutsschwelle.

Bei der Studie handelt es sich um eine seit 25 Jahren laufende Langzeitbefragung von mehr als 10.000 privaten Haushalten in Deutschland, die Auskunft über Faktoren wie Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit gibt.

Quelle: ntv.de, AFP

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