Basteleien am Grundgesetz Auch CDU-Kritik an Schäuble
22.11.2008, 15:44 UhrDie Forderung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Abstimmungsregeln im Bundesrat zu ändern, trifft nun auch in der eigenen Partei auf Widerstand. "Ich kann aus Sicht von Bundesminister Schäuble den Ärger über die Situation beim BKA- Gesetz verstehen. Aber aktuelle Schwierigkeiten sollten nicht Grund sein, zu ändern, was sich über Jahrzehnte bewährt hat", sagte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) dem "Hamburger Abendblatts".
Schäuble machte dagegen eine "akute Krise" in der Führungsspitze des Koalitionspartners SPD für das sich abzeichnende Scheitern des Gesetzes zu den erweiterten Befugnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) verantwortlich. "Die Führung der Partei kann ihre Entscheidungen derzeit nicht durchsetzen", sagte er dem Magazin "Focus".
Kritik von SPD und FDP
Zuvor war heftige Kritik aus den Ländern an Schäubles Vorhaben laut geworden. "Es ist offensichtlich, dass nur deshalb ein System geändert werden soll, weil man für seine Politik keine Mehrheiten findet", sagte der niedersächsische FDP-Landes- und Fraktionschef Philipp Rösler der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" mit Blick auf den Konflikt um das BKA-Gesetz. Er habe es noch nie erlebt, dass man während eines Spiels, das man nicht mehr gewinnen kann, versucht, die Spielregeln zu ändern.
Ähnlich bewertete Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) das Vorhaben. Schäuble sei ein schlechter Verlierer, der "trickreich neue Spielregeln einführen will", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Schäubles Vorstoß sei "ein heftiger Anschlag auf parlamentarische, rechtsstaatliche Prinzipien, die sich seit knapp 60 Jahren bewährt haben". Der Vorstoß werde sich als Schuss in den Ofen erweisen. In der Föderalismus-Kommission werde das keine Rolle spielen, sagte Böhrnsen, der stellvertretender Vorsitzender des Gremiums ist.
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz kritisierte im Gespräch mit dem "Handelsblatt", es sei nicht besonders hilfreich, dass die Initiative Schäubles von SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper unterstützt werde. "Das ist leider innerhalb der SPD nicht abgestimmt." Gleichwohl hält Wiefelspütz eine Reform der Länderkammer für erwägenswert. Allerdings gibt er dem Vorhaben wenig Chancen. Da der Vorschlag vor dem Hintergrund des BKA-Streits unterbreitet worden sei, werde er nicht auf Zustimmung stoßen. "Schäubles Vorschlag wird wahrgenommen nach dem Motto: Wenn man politisch nicht weiter kommt, dann ändert man einfach das Verfahren. Das ist bestenfalls gut gemeint, aber schlecht gemacht und hat ein Geschmäckle."
Schäuble: Einfache Mehrheit soll reichen
Schäuble hatte gemeinsam mit Körper angeregt, dass künftig die einfache Mehrheit der Stimmen in der Länderkammer ausreichen sollte, um einen Beschluss durchzusetzen. Enthaltungen, die bisher Nein-Stimmen gleichkommen, sollten bei der Stimmzählung nicht mehr berücksichtigt werden. Das von der großen Koalition geplante BKA- Gesetz hat im Bundesrat keine Mehrheit, weil Länder mit Regierungsbeteiligung der FDP, aber auch der SPD sich der Stimme enthalten wollen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) kritisierte den Schäuble-Vorstoß ebenfalls: "Wir dürfen das Grundgesetz nicht nach Belieben passend machen", sagte er . Die FDP werde das nicht mittragen. Eine Verfassungsänderung braucht auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit - ohne die FDP ist diese derzeit nicht zu erreichen.
Quelle: ntv.de